Deutschlands Wirtschaftsstandort erhält von Volkswirten ein alarmierend schlechtes Zeugnis. Das Münchner Ifo-Institut berichtete am Freitag unter Berufung auf das neueste Ökonomenpanel, dass die durchschnittliche Bewertung bei nur 3,4 liegt. Dies sei ein "besorgniserregend schlechtes" Ergebnis für die Industrienation Deutschland, lautet das Urteil des Ifo-Instituts.
Laut der Umfrage bewerteten 38 Prozent der Befragten den Standort mit der Note Drei, 20 Prozent mit einer Zwei, 17 Prozent mit einer Vier und weitere 20 Prozent sogar mit einer Fünf. Die größten Schwachpunkte sind laut den Teilnehmern die Bürokratie (87 Prozent), hohe Energiepreise und die Verfügbarkeit von Rohstoffen (73 Prozent) sowie eine unzureichende Digitalisierung (67 Prozent).
Als Stärken des Standorts Deutschland hoben die Experten die politischen Institutionen (67 Prozent), das Bildungs- und Ausbildungsniveau der Beschäftigten (53 Prozent) sowie die Sicherheit und geringe geopolitische Risiken (43 Prozent) hervor.
Herausforderungen: Rezessionssignale und Streikwelle
Trotz der genannten Stärken deuten die jüngsten wirtschaftlichen Daten auf Herausforderungen hin. Laut dem Bundesamt für Statistik erlebte Deutschland im letzten Quartal 2023 einen Rückgang des Bruttoinlandsproduktion (BIP) um 0,3 Prozent, was eine technische Rezession signalisieren könnte. Die Bruttoanlageinvestitionen gingen im gleichen Zeitraum um 1,9 Prozent zurück, mit einem speziellen Rückgang bei Maschinen und Ausrüstungen um 3,5 Prozent sowie bei Bauinvestitionen um 1,7 Prozent.
Außerdem kam es zu vermehrten Streiks in mehreren Sektoren wie der Landwirtschaft und der Luftfahrt, die auf die Beendigung von Subventionen für landwirtschaftlichen Diesel und Unzufriedenheit in der Luftfahrtindustrie zurückzuführen sind. Lufthansa musste beispielsweise bis zu 80 Prozent ihrer Flüge wegen Streiks absagen.
Reformen seien dringend nötig, warnte das Ifo-Institut, insbesondere der Abbau von Bürokratie und die Anpassung des Renteneintrittsalters an die gestiegene Lebenserwartung. An der Befragung, die von Mitte bis Ende April durchgeführt wurde, nahmen 180 Professoren der Volkswirtschaftslehre teil.