Technologie

Luftfahrt: Klimaneutralität bis 2050 wohl unrealistisch

Der Luftverkehr gilt als ein starker Treiber zur Klimakrise. Mit technischen Lösungen klimaschonendes- oder gar klimaneutrales Fliegen zu ermöglichen, könnte laut einem neuen Bericht noch sehr lange dauern.
09.05.2024 13:22
Lesezeit: 2 min

Keine einzelne Technologie kann ausschlaggebend für eine klimaschonendere Luftfahrt sein - das geht aus einem Bericht des Büros für Technikfolgen-Abschätzung beim Deutschen Bundestag (TAB) hervor. Keine derzeit mögliche Strategie sei für sich genommen ausreichend, um die Emissionsziele zu erreichen, heißt es in einer am Mittwoch vorgestellten Analyse, in der innovative Antriebe für einen klima-verträglicheren Luftverkehr untersucht wurden. Nötig sei stattdessen ein Technologiemix, der die Potenziale unterschiedlicher Bereiche nutze.

Dazu zählen dem TAB zufolge elektrische Antriebe, nachhaltigere Kraftstoffe aus Abfall oder Biomasse, grüner Wasserstoff (H2), die Optimierung von Kraftstoffen, ein nachhaltigeres Flugzeugdesign sowie eine Emissionsreduktion durch Effizienzsteigerungen.

Klimaneutrale Luftfahrt bis 2050 wohl „unerreichbar“

Stefan Gössling von der Linnaeus University in Kalmar (Schweden) fehlt im Bericht eine klare Aussage als Fazit: „Das Ziel einer auch nur annähernd klimaneutralen Luftfahrt ist bis 2050 unerreichbar, sofern nicht deutlich drastischere Maßnahmen wie Besteuerung oder Einspeisequoten getroffen werden.“ Forschung- und Entwicklungsförderung könne die Probleme nicht lösen und mache außerdem den Staat mitverantwortlich für die Lösung. „Verantwortlich ist die Luftfahrt.“

Schnelle Lösungen seien weder bei Antrieben noch bei neuen Kraftstoffen zu erwarten, heißt es vom TAB. „Der Luftfahrtsektor ist geprägt von vergleichsweise langen Entwicklungs- und Zulassungszeiträumen für neue Technologien.“ Die Entwicklung und Zulassung neuer Flugzeugdesigns oder Triebwerke dauere schätzungsweise bis zu 15 Jahre, die Marktdurchdringung dann noch einmal bis zu 30 Jahre.

Global einheitliche Lösung nötig

Ein weiteres Problem ist, dass aufgrund der engen globalen Vernetzung des Luftverkehrs eine einheitliche Energieversorgung auf allen Flughäfen gewährleistet sein müsse, heißt es im TAB-Bericht weiter. Parallele Infrastrukturen wären mit zusätzlichen Kosten verbunden. „Auch aus diesem Grund ist ein Wechsel auf eine grundsätzlich andere Energieversorgung mittelfristig nicht zu erwarten.“

Eine wesentliche Rolle spiele zunächst die Optimierung des Flugbetriebs, heißt es vom TAB. Aerodynamische Verbesserungen wie besonders glatte Oberflächen oder gebogene Flügelspitzen verminderten den Kraftstoffverbrauch. Auch die Flugplanung auf Ebene der Fluggesellschaften und des Flugverkehrsmanagements habe Potenzial zur Senkung der Emissionen. Dabei geht es zum Beispiel um ein verbessertes Luftraummanagement zur Vermeidung von Umwegen, effiziente Flugverfahren wie einen langsameren Sinkflug, die klimaorientierte Optimierung von Geschwindigkeit und Flugprofilen sowie eine erhöhte Flugzeugauslastung. Gezielte Besteuerung sei eine Maßnahme, derlei Entwicklungen zu beschleunigen.

Ungeachtet der Klimakrise steigt die Zahl der Flugreisen weltweit an. Das hat Folgen: „2050 könnten bereits 60 Prozent mehr CO2-Emissionen entstehen als noch 2019“, wie es im TAB-Bericht heißt. In Deutschland stieg die Zahl beförderter Passagiere demnach von etwa 136 Millionen im Jahr 2004 auf rund 227 Millionen im Jahr 2019.

Stefan Gössling von der Linnaeus University in Kalmar (Schweden) sieht im TAB-Bericht den „wichtigsten Ansatz der Emissionseinschränkung“ kaum diskutiert: die Reduzierung der Nachfrage nach Flügen. Dabei gehe es etwa um die Besteuerung vor allem von Langstreckenflügen, die die größten Emissionsbeiträge verursachen. „Etwa 25 Prozent der Flüge mit den weitesten Strecken machen 70 Prozent der Emissionen aus.“

Die Klimawirkung des Luftverkehrs ist beachtlich. Die internationale Luftfahrt hat Schätzungen zufolge einen Anteil von rund 3,5 bis 5 Prozent an der menschengemachten Erwärmung, wie es im TAB-Bericht heißt.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Politik
Politik Gasfunde in der Schwarzmeerregion: Türkei meldet strategischen Energieerfolg – Erdgasvorkommen mit enormem Wert
19.05.2025

Die Türkei entdeckt im Schwarzen Meer neue Erdgasvorkommen von enormem Wert. Der Fund unterstreicht Ankaras anhaltenden Kurs in Richtung...

DWN
Panorama
Panorama Zwei Tote bei Unfall in New York: Segelschiff rammt Brooklyn Bridge – was wir wissen
19.05.2025

Dramatische Szenen am East River: Ein Segelschulschiff der mexikanischen Marine stößt mit der weltberühmten Brooklyn Bridge in New York...

DWN
Politik
Politik Russland-Sanktionen: Ukraine-Partner erhöhen den Druck auf Moskau
19.05.2025

Kurz vor einem geplanten Telefonat zwischen US-Präsident Donald Trump und Kremlchef Wladimir Putin haben Deutschland, die USA sowie...

DWN
Politik
Politik Pro-Europäischer Sieg bei Rumänien-Wahl: Nicusor Dan wird Präsident
19.05.2025

Erleichterung von Brüssel bis Kiew: Nach dem Triumph des pro-europäischen Kandidaten Nicusor Dan bei der Rumänien-Wahl äußerten sich...

DWN
Panorama
Panorama Auswandern in die Schweiz: Die Sehnsucht nach dem besseren Deutschland
19.05.2025

Immer mehr Deutsche denken daran, das Land zu verlassen – besonders oft AfD-Wähler. Das bevorzugte Ziel: die Schweiz. Was offenbart...

DWN
Panorama
Panorama Papst Leo XIV.: Kapitalismuskritik bei der Amtseinführung
19.05.2025

Papst Leo nutzt seine erste große Bühne für klare Worte. Zwischen Applaus und Kritik: Was bedeutet seine Kapitalismus-Kritik für die...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Berkshire Hathaway nach Buffett: Ein Imperium ohne seinen Architekten – droht der Zerfall oder folgt ein neuer Aufstieg?
19.05.2025

Mit dem Rückzug von Warren Buffett endet eine Ära – und möglicherweise beginnt eine neue. Doch die Märkte reagieren nervös: Wie viel...

DWN
Politik
Politik Wahlen in Polen: Enges Rennen bei der Präsidentschaftswahl in Polen - es kommt zur Stichwahl
18.05.2025

Bei den Wahlen in Polen liefern sich der liberale Rafal Trzaskowski und der konservative Karol Nawrocki laut aktuellen Prognosen ein...