Finanzen

„600 Milliarden Euro Mehrbedarf“: Infrastrukturen brauchen massive Investitionen

Laut einer neuen Studie bedarf Deutschland zusätzliche Investitionen in Höhe von 600 Milliarden Euro, um Infrastruktur und Klimaschutz voranzutreiben. Experten empfehlen schnelles Handeln.
14.05.2024 11:30
Aktualisiert: 14.05.2024 14:00
Lesezeit: 2 min
„600 Milliarden Euro Mehrbedarf“: Infrastrukturen brauchen massive Investitionen
Deutschland braucht renovierte Infrastrukturen und moderne Klimaschutztechnologien zur Stärkung der Zukunftsfähigkeit seiner Wirtschaft (Foto: dpa). Foto: Arne Dedert

Mangelhafte Bildungsinfrastruktur, bröckelnde Straßen und veraltete Gebäude: Der Investitionsbedarf in Deutschland steigt. Das zeigt eine neue Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) in Köln und des Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) in Düsseldorf auf. 600 Milliarden Euro seien über die nächsten zehn Jahre nötig, um die Zukunftsfähigkeit der Wirtschaft zu stärken.

„Die deutsche Wirtschaft steht vor gigantischen Herausforderungen“, sagte IW-Direktor Michael Hüther. „Wir brauchen jetzt Mut, um uns vom Stückwerk zu verabschieden und das Land zukunftsfähig zu machen.“ Laut der Studie, die das IW gemeinsam mit dem IMK der Hans-Böckler-Stiftung erstellt hat, könnte diese Summe das Bildungssystem verbessern, den Investitionsstau in den Kommunen beseitigen und die Dekarbonisierung ermöglichen.

Rund ein Drittel der Summe, 177 Milliarden Euro, wird benötigt, um den Sanierungsstau bei Städten und Gemeinden aufzuholen. Weitere 13 Milliarden Euro sollen helfen, sich vor extremem Wetter zu schützen. „Wenn wir erfolgreich Tempo machen, ist der Umbau schneller geschafft. Davon profitieren auch Wirtschaft und Beschäftigte – und natürlich auch die nächste Generation“, sagte IMK-Direktor Sebastian Dullien.

Auch Klimaschutz braucht massive Investitionen

Die Wissenschaftler veranschlagen 200 Milliarden Euro für öffentliche Investitionen in den Klimaschutz, wobei der größte Einzelposten die energetische Gebäudesanierung ist. „Rund 127 Milliarden Euro sind für Verkehrswege und ÖPNV vorgesehen: Mit knapp 60 Milliarden Euro lässt sich das Schienennetz modernisieren und erweitern“, so die Studie. Weitere 42 Milliarden Euro sind für die Bildungsinfrastruktur veranschlagt, davon sollen sieben Milliarden in den Ausbau von Ganztagsschulen fließen.

Schließlich sehen IMK und IW Investitionsbedarf, um den Wohnungsmangel in vielen deutschen Großstädten zu mildern. Über zehn Jahre sollen daher zusätzlich knapp 37 Milliarden Euro in den sozialen Wohnungsbau fließen. Finanziert werden könnte dieser Bedarf mit einem Infrastrukturfonds, der wie ein Sondervermögen von der Schuldenbremse ausgenommen wäre. Alternativ wäre eine „Goldene Regel“ denkbar, die dem Staat erlaubt, Kredite im Umfang der Investitionen aufzunehmen.

„Wir müssen jetzt handeln, um Deutschland zukunftsfähig zu machen“, betonte Hüther. Trotz des hohen finanziellen Aufwands betonen die Autoren der Studie, dass die deutsche Schuldenquote weiterhin sinken wird, auch wenn die Investitionen größtenteils über neue Kredite finanziert werden sollten.

Die Ergebnisse der Studie dürften die politische Diskussion über die finanzielle Ausrichtung und Prioritätensetzung Deutschlands in den kommenden Jahren beeinflussen.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

avtor1
Farhad Salmanian

Zum Autor:

Farhad Salmanian arbeitet bei den DWN als Online-Redakteur. Er widmet sich den Ressorts Politik und Wirtschaft Deutschlands sowie der EU. Er war bereits unter anderem für die Sender BBC und Radio Free Europe tätig und bringt mehrsprachige Rundfunkexpertise sowie vertiefte Kenntnisse in Analyse, Medienbeobachtung und Recherche mit.

DWN
Panorama
Panorama Auswandern in die Schweiz: Die Sehnsucht nach dem besseren Deutschland
19.05.2025

Immer mehr Deutsche denken daran, das Land zu verlassen – besonders oft AfD-Wähler. Das bevorzugte Ziel: die Schweiz. Was offenbart...

DWN
Panorama
Panorama Papst Leo XIV.: Kapitalismuskritik bei der Amtseinführung
19.05.2025

Papst Leo nutzt seine erste große Bühne für klare Worte. Zwischen Applaus und Kritik: Was bedeutet seine Kapitalismus-Kritik für die...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Berkshire Hathaway nach Buffett: Ein Imperium ohne seinen Architekten – droht der Zerfall oder folgt ein neuer Aufstieg?
19.05.2025

Mit dem Rückzug von Warren Buffett endet eine Ära – und möglicherweise beginnt eine neue. Doch die Märkte reagieren nervös: Wie viel...

DWN
Politik
Politik Wahlen in Polen: Enges Rennen bei der Präsidentschaftswahl in Polen - es kommt zur Stichwahl
18.05.2025

Bei den Wahlen in Polen liefern sich der liberale Rafal Trzaskowski und der konservative Karol Nawrocki laut aktuellen Prognosen ein...

DWN
Politik
Politik „Trump ist nur eine Episode“: Boltons Abrechnung mit dem Mann im Weißen Haus
18.05.2025

Während Europa nervös auf jeden Tweet aus Washington reagiert, warnt Ex-Sicherheitsberater John Bolton: Nicht Trump sprengt die NATO –...

DWN
Technologie
Technologie Cyberkriminalität: Nur ein Klick von der Katastrophe entfernt
18.05.2025

Cyberkriminalität ist zur globalen Supermacht aufgestiegen – mit höherem Schaden als die Volkswirtschaften Deutschlands und Japans...

DWN
Panorama
Panorama Whisky – die stets liquide Luxus-Geldanlage
18.05.2025

Wein, Uhren, Schmuck, Handtaschen, Kunst, Oldtimer – es gibt viele Möglichkeiten, in alternative Geldanlagen zu investieren. Die meisten...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Marokko als chinesisches Tor zur EU – doch Handelskrieg könnte Riegel vorschieben
18.05.2025

Peking investiert Milliarden in Marokkos Industrie – doch geopolitische Spannungen und der drohende Protektionismus eines möglichen...