Weltwirtschaft

Im Sog der Krise: Chinas Immobilienbranche unter Druck

Lesezeit: 2 min
19.05.2024 16:51  Aktualisiert: 19.05.2024 18:00
Seit einigen Jahren belastet die Immobilienkrise China und beeinträchtigt das wirtschaftliche Wachstum. Die Geduld vieler Gläubiger schwindet, was dazu führt, dass nicht nur Country Garden, sondern auch andere Bauträger vor Gericht kämpfen.
Im Sog der Krise: Chinas Immobilienbranche unter Druck
Das Logo des Bauträgers Country Garden (unten) ist in der Nähe des im Bau befindlichen Projekts. (Foto: dpa)
Foto: Ng Han Guan

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  

Chinas hoch verschuldeter Immobilienkonzern Country Garden hat eine mögliche Auflösung durch ein Hongkonger Gericht vorerst abgewendet. Wie die Hongkonger Zeitung „South China Morning Post“ am Freitag berichtete, vertagte das Gericht den Fall nach der ersten Anhörung auf den 11. Juni. Country Garden bestätigte den neuen Termin später per Mitteilung an der Hongkonger Börse. Damit hat das Unternehmen mehr Zeit, seine Finanzen zu ordnen.

Country Garden, einer der größten chinesischen Immobilienkonzerne, muss sich vor dem Gericht verantworten, weil ein Gläubiger die Auflösung des Unternehmens beantragt hatte. Laut „South China Morning Post“ hatte der Konzern bis zum vergangenen Sommer Schulden in Höhe von insgesamt 1,36 Billionen Yuan (189 Milliarden US-Dollar) angehäuft. Der Konzern konnte außerdem seinen Finanzbericht für 2023 nicht fristgerecht vorlegen, weshalb die Hongkonger Börse den Handel mit Aktien des Unternehmens Anfang April stoppte.

Country Garden nicht allein

Country Garden ist nicht der einzige Immobilienentwickler, der durch die seit Jahren anhaltende Immobilienkrise in der zweitgrößten Volkswirtschaft der Welt in Bedrängnis geraten ist. Ende Januar hatte ein Gericht in Hongkong die Zerschlagung des Immobilienriesen China Evergrande angeordnet. Auch in diesem Fall hatten ausländische Gläubiger ihr Geld zurückgefordert. Vor Gericht konnten sich der mit umgerechnet mehr als 300 Milliarden US-Dollar verschuldete Konzern und die Gegenseite nicht einigen.

Der Boom in Chinas Immobilienbranche begann in den Nullerjahren. Die Konzerne kamen leicht an Kredite und steckten ihre Einnahmen direkt in neue Projekte. Etwa ein Fünftel trug der Sektor zur chinesischen Wirtschaftsleistung bislang bei. Doch die Regierung unter Staats- und Parteichef Xi Jinping wollte der Immobilienspekulation auf dem heiß gelaufenen Markt entgegenwirken und sorgte dafür, dass die Konzerne nicht mehr so einfach an frisches Geld gelangten. Die Nachfrage sank, die Wohnungen wurden weniger wert und die Konzerne gerieten in die Schuldenfalle, was dazu führte, dass sie zum Frust ihrer Kunden bereits verkaufte Wohnungen teils nicht mehr fertig bauen konnten.

Chinas Regierung steuert gegen

Just am Freitag leitete Peking weitere Maßnahmen ein, um dem angeschlagenen Immobilienmarkt unter die Arme zu greifen. Unter anderem wurde ein landesweiter Mindesthypothekenzins abgeschafft, wie aus einer Mitteilung der chinesischen Notenbank hervorgeht. Außerdem wurde die Mindestanzahlung für Wohnungskäufe gesenkt.

Die staatliche Nachrichtenagentur Xinhua berichtete zudem, dass die Kommunalverwaltungen des Landes aufgefordert werden, Gewerbeimmobilien zu angemessenen Preisen zu kaufen und in bezahlbaren Wohnraum umzuwandeln. Über einen ähnlichen Schritt war vorher bereits spekuliert worden.

Peking hat das Problem zwar seit Längerem im Blick, doch die Krise bremst die Konjunktur immer noch. In einigen größeren Städten wurden die Beschränkungen für Wohnungskäufe zuvor bereits gelockert, um die Nachfrage anzukurbeln. Zu demselben Zweck gibt es Förderungen für Menschen, eine alte Wohnung zu verkaufen und dafür eine neue zu erwerben. Außerdem liegen den Banken offizielle Listen mit Immobilienentwicklern vor, in deren Projekte investiert werden darf.

Ob die Gläubiger durch ihre Klagen gegen Country Garden und andere Immobilienentwickler am Ende erfolgreich sein werden, bleibt abzuwarten. Hongkong als ehemalige britische Kronkolonie hat ein anderes Rechtssystem als Festlandchina, wo die Konzerne ihr Kapital und ihre Hauptsitze haben. Urteile aus Hongkong müssen in China erst anerkannt werden, bevor sie dort Wirkung zeigen können. Dass die Gläubiger in Hongkong vor Gericht ziehen, hängt meist mit der Listung der Firmen an der dortigen Börse zusammen.


Mehr zum Thema:  

DWN
Unternehmen
Unternehmen Neue Verträge: Nach dem KaDeWe sind auch Oberpollinger und Alsterhaus gerettet
26.07.2024

Die berühmten Flaggschiffe der deutschen Warenhäuser scheinen nach der Pleite des Immobilien-Hasardeurs René Benko endlich gerettet zu...

DWN
Politik
Politik Ukraine-Hilfsgelder von Russland: EU gibt Erträge aus dem eingefrorenen Vermögen frei
26.07.2024

Die Europäische Union hat jetzt die ersten Zinserträge aus dem im Westen eingefrorenem russischen Staatsvermögen freigegeben. Die...

DWN
Politik
Politik Der Chefredakteur kommentiert: Islamisches Zentrum Hamburg - ein längst überfälliges Verbot, Frau Faeser!
26.07.2024

Liebe Leserinnen und Leser, jede Woche gibt es ein Thema, das uns in der DWN-Redaktion besonders beschäftigt und das wir oft auch...

DWN
Politik
Politik Bundeskanzler Scholz zu irregulärer Migration: „Die Zahlen müssen runter“
26.07.2024

Erwerbsmigration nach Deutschland sei erwünscht, meint der Kanzler. Problematisch findet er unerlaubte Einreisen. Eine Innenexpertin der...

DWN
Panorama
Panorama ADAC warnt: Es droht schlimmstes Stau-Wochenende der Saison
26.07.2024

Wer nun in den Urlaub fährt, sollte etwas mehr Zeit einplanen und mitunter starke Nerven haben. Der ADAC rechnet mit vielen Staus. Lassen...

DWN
Politik
Politik Außenministerin Baerbock: Seegerichtshof in Hamburg wird an Bedeutung gewinnen
26.07.2024

In Hamburg informiert sich die Außenministerin bei ihrer Sommerreise über die Arbeit des Internationalen Seegerichtshofs. Anschließend...

DWN
Finanzen
Finanzen EZB nach Stresstest: Banken haben Verbesserungsbedarf bei Cyber-Angriffen
26.07.2024

Seit der Finanzkrise 2008 wird genauer hingeschaut bei den Banken. Im Euroraum müssen sich die Institute nach Einschätzung der...

DWN
Politik
Politik Verfassungsschutz weist auf russische Sabotageversuche hin
26.07.2024

Der deutsche Inlandsgeheimdienst beobachtet schon länger verstärkte russische Geheimdienstaktivitäten. Neue Hinweise veranlassen ihn...