Politik

Aufnahme von Geflüchteten: Lage hat sich in einigen Kommunen entspannt

Viele Kommunen wissen nicht, wie sie die vielen Asylbewerber und Ukraine-Flüchtlinge unterbringen sollen. Doch ganz so dramatisch wie im Herbst ist die Lage nicht mehr, wie eine Umfrage zeigt.
01.06.2024 11:16
Lesezeit: 2 min
Inhalt wird nicht angezeigt, da Sie keine externen Cookies akzeptiert haben. Ändern..
Aufnahme von Geflüchteten: Lage hat sich in einigen Kommunen entspannt
Kundgebung gegen die Unterbringungsbedingungen von Geflüchteten: So war es in Hamburg auf dem Höhepunkt der Flüchtlingskrise 2020. (Foto: dpa) Foto: Daniel Bockwoldt

Für die meisten Kommunen in Deutschland ist die Unterbringung von Asylbewerbern und Kriegsflüchtlingen aus der Ukraine weiterhin eine große Herausforderung. Bei einer Umfrage des Mediendienstes Integration und der Universität Hildesheim gaben knapp 23 Prozent der 773 teilnehmenden Kommunen an, sie seien bei der Unterbringung aktuell überlastet beziehungsweise im „Notfallmodus“. Rund 71 Prozent der Kommunen nannten die Lage „herausfordernd, aber (noch) machbar“. Mit knapp sechs Prozent ist der Anteil der Kommunen, die angaben, die Lage „ohne größere Schwierigkeiten“ bewältigen zu können, sehr gering. Wie die Autoren der am Mittwoch vorgestellten Studie berichteten, beurteilten Landräte, Bürgermeisterinnen und andere politische Verantwortliche tendenziell etwas kritischer als die ihnen zuarbeitenden Fachleute.

Im Oktober 2023 hatten auf die gleiche Frage 40,4 Prozent der teilnehmenden Kommunen erklärt, sie befänden sich im „Notfallmodus“. Ein direkter Vergleich der Werte ist allerdings nicht möglich, da nicht alle Kommunen an beiden Befragungen teilnahmen. Eine Tendenz lässt sich gleichwohl aus den Ergebnissen ablesen. Denn laut Mediendienst bezeichneten 207 der 313 Kommunen, die an beiden Umfragen teilnahmen, die Situation als unverändert. In 74 der Kommunen, die an beiden Erhebungen teilnahmen, habe sich die Lage verbessert, in 32 Kommunen sei es schlechter geworden.

Viele (oft unfreiwillig) länger in Sammelunterkünften

Nach den Faktoren gefragt, die aktuell die Unterbringung vor Ort erschweren, nannten 86,7 Prozent der Kommunen, die sich an der aktuellen Umfrage beteiligten, den längeren Verbleib von Auszugsberechtigten in der staatlichen Unterbringung. Wenn sich Vermieter aufgrund der hohen Nachfrage in vielen Regionen Mieter aussuchen könnten, hätten Menschen mit brüchigem Deutsch und geringem Einkommen schlechte Karten, berichteten einzelne Vertreter von Kommunen und Verbänden.

Gut 79 Prozent der Kommunen, die zwischen dem 20. April und dem 10. Mai an der Umfrage teilnahmen, nannten den Angaben zufolge einen Mangel an verfügbaren Gebäuden als erschwerenden Faktor. Aus 68 Kommunen hieß es, der Mangel an verfügbaren Grundstücken sei ein Problem. Fast genauso häufig (66,9 Prozent) wurde eine nicht ausreichende Finanzierung durch das Land als Antwortvariante gewählt. Fehlende Akzeptanz oder Widerstände in der Bevölkerung benannten 53,2 Prozent als Belastungsfaktor.

Auf Sporthallen greifen den Angaben zufolge aktuell knapp sieben Prozent der befragten Kommunen zurück. 66 Prozent von ihnen nutzen kommunale Wohnungen zur Unterbringung. In rund 80 Prozent der Kommunen, die an der Umfrage teilnahmen, werden Schutzsuchende in privat angemieteten Wohnungen untergebracht. Knapp 41 Prozent der befragten Kommunen nutzen demnach eigene Gebäude oder Modulbauten als Sammelunterkünfte. Etwa jede vierte Kommune gab an, Container langfristig zu nutzen. Etwas mehr als jede fünfte Kommune greift demnach auf Container als Unterbringungsform für die Notaufnahme zurück. In 2,2 Prozent der befragten Kommunen werden auch Zelte genutzt.

Jenseits der Unterbringung sehen die Kommunen laut Umfrage die größte Überlastung bei den Ausländerbehörden. Auch die Kinderbetreuung wird als Problemfeld benannt.

Zuletzt kamen etwas weniger neue Asylbewerber

Die Zahl der Asylsuchenden war in den vergangenen Monaten leicht zurückgegangen. In den ersten vier Monaten des Jahres 2023 stellten laut Bundesamt für Migration und Flüchtlinge 101.981 Menschen in Deutschland erstmals einen Antrag auf Schutz. Von Anfang Januar bis Ende April dieses Jahres zählte das Amt 84.984 Asylerstanträge - ein Rückgang von 16,7 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum. Mitte Oktober 2023 hatte Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) Kontrollen an den Grenzen zu Polen, Tschechien und der Schweiz angeordnet. Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine müssen keinen Asylantrag stellen. Sie werden in der EU über die sogenannte Massenzustrom-Richtlinie aufgenommen. Von den 4,2 Millionen ukrainischen Flüchtlingen in der Europäischen Union sind 1,2 Millionen nach Deutschland geflohen.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Wirtschaft
Wirtschaft EU reagiert auf Chinas wirtschaftliche Neuausrichtung und dessen Auswirkungen auf globale Lieferketten
09.10.2025

Globale Handelsbeziehungen stehen unter Druck, da wirtschaftliche und politische Faktoren die Strategien von Unternehmen und Staaten...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Elektromobilität stärken: Bundesregierung plant Verlängerung der Steuerbefreiung für Elektrofahrzeuge
08.10.2025

Die deutsche Automobilindustrie steht vor einem tiefgreifenden Wandel. Steigende Anforderungen an Klimaschutz, die Transformation hin zur...

DWN
Politik
Politik Von der Leyen wirft Russland hybriden Krieg gegen EU vor
08.10.2025

Plant Russland einen Angriff auf die EU? Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen sieht schon jetzt Zeichen für einen Krieg – und...

DWN
Politik
Politik Kranken- und Rentenversicherung wird für Gutverdiener teurer
08.10.2025

Erwerbstätige mit höheren Einkommen müssen sich darauf einstellen, im kommenden Jahr mehr für die Renten- und Krankenversicherung zu...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Deutsche Industrieproduktion sinkt erneut deutlich - Einbruch in der Autobranche
08.10.2025

Die deutschen Unternehmen drosseln ihre Produktion stärker als erwartet. Vor allem eine Branche verbucht ein sattes Minus. Hat das...

DWN
Panorama
Panorama Deutschlandticket: Boom vorbei - weniger Fahrgäste im Nahverkehr als vor Corona
08.10.2025

Das Deutschlandticket hat viele in Busse und Bahnen gelockt, doch der Boom ist vorbei. Fahrgastverbände und Verbraucherschützer...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Vom Pflichttermin zum Strategiewerkzeug: Jahresgespräche im Wandel
08.10.2025

Was lange als lästige Pflicht galt, entwickelt sich zum strategischen Machtfaktor: Jahresgespräche sollen nicht mehr nur Protokoll...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft EU kämpft mit Umweltabgaben und Wettbewerbsdruck in der Düngemittelindustrie
08.10.2025

Die europäische Düngemittelindustrie steht unter erheblichem Druck. Hohe Produktionskosten, steigende Emissionsabgaben und der wachsende...