Weltwirtschaft

Niederländischer Energiekonzern darf Gasförderprojekt im Wattenmeer fortsetzen

Lesezeit: 2 min
29.05.2024 16:14
Ein gerichtlich verhängter Baustopp hatte die geplante Erdgasförderung vor den Nordseeinseln Borkum und Schiermonnikoog ausgebremst - bis jetzt. Eine neue Entscheidung bringt Bewegung in das Vorhaben. Ein niederländischer Energiekonzern steht dabei deutschen Umweltschutz-Organisationen gegenüber.
Niederländischer Energiekonzern darf Gasförderprojekt im Wattenmeer fortsetzen
Spaziergänger beobachten die Vögel im Wattenmeer - vor den Inseln Borkum und Schiermonnikoog hat ein niederländischer Konzern ein Gasförderprojekt geplant. (Foto: dpa)
Foto: Sina Schuldt

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  

Das niederländische Wirtschaftsministerium hat den Weg für die umstrittene Erdgasförderung in der Nordsee nahe der Wattenmeerinseln Borkum und Schiermonnikoog freigemacht. Die Umweltgenehmigung für Bauarbeiten wurde entsprechend eines Gerichtsbeschlusses verändert, teilte ein Sprecher des Ministeriums der Deutschen Presse-Agentur am Mittwoch in Den Haag mit.

Die vom Den Haager Verwaltungsgericht im April festgestellten Mängel seien behoben worden. Damit könnte das niederländische Energieunternehmen One-Dyas ab dem 31. Mai die geplanten Bauarbeiten für die Errichtung einer Bohrplattform fortsetzen. Zuvor hatten die Deutsche Umwelthilfe (DUH), weitere Umweltorganisationen und die Insel Borkum gegen die Baupläne geklagt.

Ein Konsortium um One-Dyas plant, aus einem Feld vor den beiden Nordseeinseln Erdgas zu fördern. Dazu soll eine Förderplattform auf niederländischem Hoheitsgebiet rund 23 Kilometer nordwestlich der Insel Borkum errichtet werden. Gefördert werden soll den Plänen zufolge sowohl in niederländischen als auch in deutschen Hoheitsgebieten, nahe dem niedersächsischen Nationalpark Wattenmeer. Umweltschützer und Insulaner hatten wiederholt gegen das Erdgasförderprojekt demonstriert.

Förderstart noch in diesem Jahr geplant

One-Dyas teilte am Mittwoch mit, das Unternehmen halte weiter an dem Ziel fest, noch in diesem Jahr erstes Erdgas fördern zu wollen. „Die Veröffentlichung des Wiederherstellungsbeschlusses ist der Startschuss für One-Dyas, sofort mit der Offshore-Arbeit zu beginnen, um sicherzustellen, dass das erste Erdgas im Dezember 2024 verfügbar ist“, sagte One-Dyas-Chef Chris de Ruyter van Steveninck in einer Mitteilung. Die Arbeiten in der Nordsee sollten „so bald wie möglich“ aufgenommen werden.

Die Niederlande hatten die Genehmigung zur Gasförderung bereits im Sommer 2022 erteilt. Dagegen hatten deutsche Umweltorganisationen sowie Borkum geklagt. Im April hatte das Verwaltungsgericht den Klägern teilweise recht gegeben und entschieden, dass die Genehmigung des Ministeriums unzureichend sei. Die Lizenz zur Gasgewinnung war dem Urteil zufolge aber rechtmäßig. Das Gericht bemängelte aber, dass die möglichen schädlichen Folgen der Bauarbeiten für Natur und Tiere nicht ausreichend untersucht worden seien. Außerdem könnten die geplanten Bauarbeiten zu erhöhtem Stickstoff-Ausstoß führen - mit möglichen schädlichen Folgen für ein Naturschutzgebiet auf Schiermonnikoog.

Für die Bohrungen sind Genehmigungen beider Länder erforderlich. Auf deutscher Seite läuft noch ein Genehmigungsverfahren. Die Deutsche Umwelthilfe kündigte an, auf die Entscheidung zu reagieren. „Die Entscheidung überrascht uns jetzt. Wir werden so schnell wie möglich einstweiligen Rechtsschutz beantragen“, sagte DUH-Energieexperte Constantin Zerger auf Anfrage. Ziel sei es, einen erneuten Baustopp zu erreichen. Denn in den angepassten Unterlagen sei der Stickstoff-Ausstoß nicht ausreichend geregelt. Außerdem habe die Umwelthilfe ohnehin vorgehabt, gegen das Gerichtsurteil vom 18. April Berufung einzulegen - vor allem zu den Punkten Klimaschutz und Riffschutz, sagte Zerger.

Ölförderung im Wattenmeer soll 2041 enden

Vor kurzem wurde bekannt, dass im Jahr 2041 soll das letzte Öl aus dem Boden des schleswig-holsteinischen Wattenmeers geholt werden soll. Darauf hätten sich das Umweltministerium und der Betreiber des größten deutschen Ölfelds, der deutsche Gas- und Ölproduzent Wintershall Dea, geeinigt. Für die Erschließung neuer Ölfelder würden danach keine Genehmigungen mehr erteilt, Betreiber Wintershall Dea habe anhängige Anträge zurückgezogen.

Die bestehende gültige Lizenz für die Bohr- und Förderinsel Mittelplate läuft aus. Der Rückbau der Bohrinsel soll in den 2030er Jahren vorbereitet werden, so das Ministerium. Genehmigungen für die Erschließung neuer Ölfelder in dem Gebiet soll es nicht geben.

Von Mittelplate aus wird seit 1987 störungsfrei Öl in der Nordsee gefördert. Mit den Vorbereitungen für den Rückbau der Mittelplate soll in den 2030er Jahren begonnen werden. Das deutsch-dänisch-niederländische Wattenmeer ist aufgrund seiner Einzigartigkeit von der Unesco als Weltnaturerbe anerkannt.


Mehr zum Thema:  

DWN
Unternehmen
Unternehmen Neue Verträge: Nach dem KaDeWe sind auch Oberpollinger und Alsterhaus gerettet
26.07.2024

Die berühmten Flaggschiffe der deutschen Warenhäuser scheinen nach der Pleite des Immobilien-Hasardeurs René Benko endlich gerettet zu...

DWN
Politik
Politik Ukraine-Hilfsgelder von Russland: EU gibt Erträge aus dem eingefrorenen Vermögen frei
26.07.2024

Die Europäische Union hat jetzt die ersten Zinserträge aus dem im Westen eingefrorenem russischen Staatsvermögen freigegeben. Die...

DWN
Politik
Politik Der Chefredakteur kommentiert: Islamisches Zentrum Hamburg - ein längst überfälliges Verbot, Frau Faeser!
26.07.2024

Liebe Leserinnen und Leser, jede Woche gibt es ein Thema, das uns in der DWN-Redaktion besonders beschäftigt und das wir oft auch...

DWN
Politik
Politik Bundeskanzler Scholz zu irregulärer Migration: „Die Zahlen müssen runter“
26.07.2024

Erwerbsmigration nach Deutschland sei erwünscht, meint der Kanzler. Problematisch findet er unerlaubte Einreisen. Eine Innenexpertin der...

DWN
Panorama
Panorama ADAC warnt: Es droht schlimmstes Stau-Wochenende der Saison
26.07.2024

Wer nun in den Urlaub fährt, sollte etwas mehr Zeit einplanen und mitunter starke Nerven haben. Der ADAC rechnet mit vielen Staus. Lassen...

DWN
Politik
Politik Außenministerin Baerbock: Seegerichtshof in Hamburg wird an Bedeutung gewinnen
26.07.2024

In Hamburg informiert sich die Außenministerin bei ihrer Sommerreise über die Arbeit des Internationalen Seegerichtshofs. Anschließend...

DWN
Finanzen
Finanzen EZB nach Stresstest: Banken haben Verbesserungsbedarf bei Cyber-Angriffen
26.07.2024

Seit der Finanzkrise 2008 wird genauer hingeschaut bei den Banken. Im Euroraum müssen sich die Institute nach Einschätzung der...

DWN
Politik
Politik Verfassungsschutz weist auf russische Sabotageversuche hin
26.07.2024

Der deutsche Inlandsgeheimdienst beobachtet schon länger verstärkte russische Geheimdienstaktivitäten. Neue Hinweise veranlassen ihn...