Politik

Nach der Europawahl: Kampf um Spitzenpositionen beginnt

Lesezeit: 2 min
10.06.2024 14:13
Nach der Europawahl hat das Tauziehen um die Besetzung der EU-Spitzenposten begonnen. Das Mitte-Rechts-Bündnis EVP forderte am Montag Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und Frankreichs Präsident Emmanuel Macron auf, die Wiederwahl von Ursula von der Leyen als EU-Kommissionspräsidentin zu unterstützen. Als Gegenleistung wird eine Zusammenarbeit im Europäischen Parlament angeboten.
Nach der Europawahl: Kampf um Spitzenpositionen beginnt
Ursula von der Leyen, Spitzenkandidatin der CDU für die Europawahl sowie Präsidentin der Europäischen Kommission (Foto: dpa).
Foto: Sebastian Gollnow

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  
Wahlen  
Europa  

"Wir bieten jetzt Sozialdemokraten und Liberalen die ausgestreckte Hand an und ich warte auf Rückmeldung", sagte EVP-Chef Manfred Weber (CSU) im Deutschlandfunk.

Angesichts des klaren Wahlsiegs des Mitte-Rechts-Bündnisses EVP ist es wahrscheinlich, dass die CDU-Politikerin von der Leyen eine zweite Amtszeit als Präsidentin der Europäischen Kommission bekommt. Für die notwendige Wahl im Europäischen Parlament benötigt sie jedoch die Unterstützung anderer Parteienfamilien wie den Sozialdemokraten und Liberalen, die im Gegenzug andere Spitzenposten besetzen wollen.

Wer besetzt die Spitzenposten?

Im Fokus stehen insbesondere die Ämter des EU-Ratspräsidenten und des EU-Außenbeauftragten. Derzeit leitet der belgische Liberale Charles Michel als EU-Ratspräsident die Gipfeltreffen der Staats- und Regierungschefs, und EU-Chefdiplomat war in den letzten fünf Jahren der spanische Sozialdemokrat Josep Borrell. António Costa, der frühere portugiesische Regierungschef, gilt als möglicher Kandidat für den Ratschef-Posten, während Kaja Kallas, die estnische Regierungschefin, als Kandidatin für das Amt des Außenbeauftragten gehandelt wird. Costa ist Sozialist, Kallas Liberale.

FDP-Chef Christian Lindner machte am Montag jedoch deutlich, dass es nicht nur um Personalien geht. "Ursula von der Leyen ist in der Pole-Position, sie ist aber nicht am Ziel. Für uns Freie Demokraten ist es essenziell, dass die Politik der vergangenen fünf Jahre nicht fortgesetzt wird", sagte er in Berlin. Es gebe "inhaltliche Bedingungen". Er nannte als Beispiele einen Verzicht auf neue europäische Gemeinschaftsschulden und eine Regelung für die Zukunft des Verbrennungsmotors.

Vorschlag der Staats- und Regierungschefs erforderlich

Damit von der Leyen eine zweite Amtszeit antreten kann, muss der Europäische Rat - das Gremium der Staats- und Regierungschefs - sie mit qualifizierter Mehrheit dem Europaparlament als Kandidatin vorschlagen. Das bedeutet: Neben den 13 Staats- und Regierungschefs, die der gleichen Parteienfamilie angehören wie sie, müssen mindestens drei weitere Chefs von großen Mitgliedstaaten für sie stimmen. Danach folgt die offizielle Wahl im Europäischen Parlament.

Im Parlament wird das Mitte-Rechts-Bündnis EVP mit den deutschen Parteien CDU und CSU nach vorläufigen Wahlergebnissen auf 185 Sitze (zuletzt 176 von 705) kommen und damit mehr als ein Viertel der nun 720 Sitze stellen. Zweitstärkstes Lager bleiben die Sozialdemokraten mit 137 Mandaten (zuletzt 139). Die Liberalen rutschen auf 79 Sitze ab (zuletzt 102), während die zwei bisherigen rechtspopulistischen Parteienbündnisse EKR und ID deutlich gewinnen: EKR kommt auf 73 (zuletzt 69) Sitze, ID auf 58 (zuletzt 49).

AfD sucht Anschluss

Die AfD-Abgeordneten sind nicht mitgerechnet. Die AfD wird zu den fraktionslosen Parteien gezählt, da sie kurz vor der Europawahl aus der ID-Fraktion ausgeschlossen wurde. Grund waren umstrittene Äußerungen des AfD-Spitzenkandidaten Maximilian Krah zur SS und eine China-Spionageaffäre. Am Montag beschlossen die anderen neu gewählten AfD-Abgeordneten, Krah nicht in die neue Delegation aufzunehmen. Dies könnte den Weg für eine Zusammenarbeit mit anderen Rechtsaußen-Parteien freimachen.

Mögliche Partner sind die Fratelli d'Italia von Italiens Ministerpräsidentin Giorgia Meloni und die französische Partei Rassemblement National von Marine Le Pen. Beide gewannen in ihren Ländern die Europawahl.

Ein großer Verlierer der ersten Europawahl nach der Corona-Pandemie und dem russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine sind die Grünen. Sie kommen auf 52 Sitze (zuletzt 71). Die Linken bleiben nahezu unverändert bei 36 Sitzen (zuletzt 37).


Mehr zum Thema:  

Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Zu Weihnachten Zukunft schenken

Gerade zu Weihnachten wünschen sich viele Menschen, etwas von ihrem Glück zu teilen und sich für diejenigen zu engagieren, die es nicht...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Credit Suisse-Debakel: Ausschuss sieht Schuld bei Bank
22.12.2024

Die Nervosität an den Finanzmärkten war im Frühjahr 2023 groß - drohte eine internationale Bankenkrise? Für den Schweizer...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Der Volkswagen-Deal: Worauf sich VW und die IG Metall geeinigt haben
22.12.2024

Stellenabbau ja, Werksschließungen nein: Mehr als 70 Stunden lang stritten Volkswagen und die IG Metall um die Sparmaßnahmen des...

DWN
Technologie
Technologie Webasto-Geschäftsführung: „Der Einsatz von KI ist eine strategische Notwendigkeit“
22.12.2024

Angesichts des wachsenden Drucks durch die Transformation hin zur Elektromobilität und steigender Kosten in der Branche sprechen Markus...

DWN
Panorama
Panorama Vollgas in die Hölle: Arzt gab sich als Islamkritiker und Musk-Fan - wirr, widersprüchlich!
21.12.2024

Er galt bei den Behörden nicht als Islamist, präsentierte sich als scharfer Kritiker des Islams. Er kämpfte für Frauenrechte und...

DWN
Panorama
Panorama Magdeburg: Anschlag auf Weihnachtsmarkt - fünf Tote, 200 Verletzte - Verdächtiger ist verwirrter Islam-Gegner
21.12.2024

Einen Tag nach der tödlichen Attacke auf dem Weihnachtsmarkt in Magdeburg sitzt der Schock tief. Erste Details zum Tatverdächtigen werden...

DWN
Immobilien
Immobilien Grundsteuer 2025: Alles rund um die Neuerung
21.12.2024

Ab Januar 2025 kommt die neue Grundsteuer in Deutschland zum Einsatz. Viele Hausbesitzer und künftige Käufer sind besorgt. Und das...

DWN
Immobilien
Immobilien Förderung jetzt auch für Kauf denkmalgeschützter Häuser
21.12.2024

Wer ein altes Haus kauft und klimafreundlich saniert, bekommt oft Hilfe vom Staat. Das gilt künftig auch für Denkmäler.

DWN
Politik
Politik So wollen die Schweiz und die EU enger zusammenarbeiten
21.12.2024

Die Schweiz ist nicht in der EU, aber es gibt etliche Abkommen. Doch die sind teils veraltet. Das soll sich nun ändern. Was bedeutet das...