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Konjunktur: Ostdeutscher Wirtschaftsmotor brummt - Kleines oder großes Wunder?

Lesezeit: 3 min
27.06.2024 15:30  Aktualisiert: 27.06.2030 12:00
Aufschwung Ost: Die Wirtschaft wächst in den ostdeutschen Bundesländern doppelt so schnell als im Rest des Landes, wie das Institut für Wirtschaftsforschung Halle (IWH) prognostiziert. Und das, obwohl Deutschlands Regierende und führende Unternehmen davor warnen, dass ein Erstarken der AfD negative Auswirkungen auf den Standort haben. Wie kann das sein? Warum investieren ausländische Unternehmen im „Osten“, trotz der stabilen Umfragewerte der Alternative für Deutschland?
Konjunktur: Ostdeutscher Wirtschaftsmotor brummt - Kleines oder großes Wunder?
In Ostdeutschland wächst die Wirtschaft doppelt so schnell wie im Rest des Landes. (Foto: dpa)
Foto: Sebastian Kahnert

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„Die Ideen von Populisten sind reines Gift für die Wirtschaft“, warnte vor kurzem Deutsche-Bank-Chef Christian Sewing. Das Geldhaus ist Mitglied der Initiative Wirtschaftsallianz „Wir stehen für Werte“, in der sich 30 Top-Unternehmen inhaltlich gegen den politischen Rechtsruck positionieren. So betonte auch Siemens-Chef Roland Busch im Vorfeld der Europawahl: „Extremisten und Rassisten spalten unsere Gesellschaft, spalten unser Land, gefährden unseren Wohlstand“.

Die ostdeutschen Bundesländer galten lange Zeit als wirtschaftlich abgehängte Regionen. Doch inzwischen sorgt die ostdeutsche Wirtschaft immer wieder für positive Schlagzeilen: Im Jahr 2022 hat der Elektroautobauer Tesla in Brandenburg seine Gigafactory eröffnet. Der US-Konzern Intel wird in Magdeburg ein Werk für Computerchips bauen und der taiwanesische Chipkonzern TSMC investiert in eine neue Fabrik in Dresden. Das „Sorgenkind“ Ostdeutschland erlebt derzeit durch ausländische Investoren einen beeindruckenden Aufschwung.

Ostdeutschlands Wirtschaft: überraschender Aufschwung

Die deutsche Wirtschaft kämpft sich aus der Krise, und der Osten des Landes spielt dabei eine Schlüsselrolle. Das Institut für Wirtschaftsforschung Halle (IWH) prognostiziert laut Business Insider, dass die Wirtschaft in den ostdeutschen Bundesländern 2024 doppelt so stark wachsen wird wie im Rest der Republik.

2023 war insgesamt ein schwieriges Jahr für Deutschland: Das Bruttoinlandsprodukt schrumpfte um 0,3 Prozent. Während westdeutsche Unternehmer mit den Folgen der Rezession kämpften, zog die ostdeutsche Wirtschaft deutlich an. „Es ist jetzt mal etwas passiert, was sich pauschal keiner vorstellen kann: Wir sind besser“, so die Reaktion vom Ostbeauftragten der Bundesregierung, Carsten Schneider.

Und das nicht zum ersten Mal, denn seit Jahren weist Ostdeutschland höhere Wachstumsraten auf als der Rest der Republik. Nicht Bayern oder Baden-Württemberg führen die Rangliste der dynamischsten Bundesländer an, sondern Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern. Das ist neu. Während in vielen Regionen Deutschlands von einer sichtbare Deindustrialisierung geprägt sind, wächst die Industrie im Osten teilweise mit zweistelligen Raten.

Tesla und Intel: Mehr als nur große Namen

Ostdeutschlands Aufschwung wird oft mit den Ansiedlungen von Tesla und Intel in Verbindung gebracht. Doch während Tesla in Brandenburg für Schlagzeilen sorgt, wächst die Industrie in anderen Regionen mit zweistelligen Raten. Bemerkenswert ist, dass ein erheblicher Teil des Wachstums aus dem verarbeitenden Gewerbe stammt: Das verarbeitende Gewerbe in Mecklenburg-Vorpommern wuchs 2023 um 19 Prozent.

So entstehen in den ostdeutschen Bundesländern zunehmend Zentren für gewerbliche Dienstleistungen wie Lager und Logistik. Erfolgreiche Unternehmen ziehen Zulieferer an, die wiederum wachsen. Der Pool gut ausgebildeter Fachkräfte nimmt zu, ebenso wie die Kooperationen mit Hochschulen. Diese Clusterbildung macht Standorte für Firmen aus verwandten Branchen attraktiver.

Berlin treibende Kraft im Osten

Eine weitere treibende Kraft hinter dem Aufschwung ist Berlin. Die Hauptstadt sorgt nicht nur für steigende Einkommen und Aufträge in den umliegenden Regionen, sondern steht auch beispielgebend für den Aufholbedarf im Osten. Die Gehälter sind im Vergleich zu anderen europäischen Metropolen in Berlin immer noch gering, was jedoch auch Potenzial für weiteres Wachstum bietet.

Positive Prognosen trotz Herausforderungen

Die Wirtschaftsforschungsinstitute haben ihre Prognosen für die deutsche Konjunktur insgesamt nach oben korrigiert. Für 2024 erwarten sie ein Wachstum von 0,3 Prozent für Deutschland insgesamt, während das IWH für den Osten 0,6 Prozent prognostiziert. „Doppelt so viel, ist natürlich relativ“, meint IWH-Ökonom Axel Lindner. Doch in den vergangenen zehn Jahren war das Wachstum im Osten immer höher.

Risiko: Demografie des Ostens

Ein großes Risiko für den Osten ist die Demografie. Zwar sind die Metropolen Berlin, Leipzig und Dresden attraktiv für junge Menschen, aber insgesamt altert die Bevölkerung schneller als im Westen. Dies könnte in Zukunft zu einem Mangel an Arbeitskräften führen, was das Wachstum bremsen könnte. Um den Wohlstand zu sichern, bedarf es einer hohen Zuwanderung in den Arbeitsmarkt. Besonders in einer Region, in der die Skepsis gegenüber Zuwanderung hoch ist, stellt dies eine Herausforderung dar.

Ein Blick in die Zukunft: Landtagswahlen im Herbst

Die ostdeutschen Bundesländer bieten großes Potenzial für weiteres Wachstum, insbesondere durch die Nähe zu wachstumsstarken Ländern wie Polen und Tschechien. Ob der wirtschaftliche Aufschwung weitergeht, werden die Landtagswahlen in Thüringen, Sachsen und Brandenburg zeigen.

Die Wirtschaftsweisen Ulrike Malmendier und Veronika Grimm sehen bereits schwerwiegende Folgen für den ostdeutschen Wirtschaftsstandort, sollte sich der Aufschwung der AfD fortsetzen: „Die Anwerbung von Arbeitskräften aus dem Ausland wird nicht in ausreichendem Umfang gelingen, wenn eine Abschottungspartei wie die AfD immer größeren Zuspruch findet und Polarisierung in den Vordergrund rückt“, sagte Frau Malmendier den Zeitungen der Funke Mediengruppe.

Momentan erhält die AfD laut aktueller Umfragen in allen dreien Bundesländern die meisten Stimmen, dicht gefolgt von der CDU und in Thüringen auch vom Bündnis Sahra Wagenknecht.

 

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Mirell Bellmann schreibt als Redakteurin bei den DWN über Politik, Wirtschaft und Gesellschaft. Zuvor arbeitete sie für Servus TV und den Deutschen Bundestag.



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