Unternehmen

Standort Deutschland: Stellenabbau und Schließungen fast täglich

Lesezeit: 3 min
05.07.2024 11:00  Aktualisiert: 05.07.2030 11:00
Sparprogramme, Übernahmepoker, Firmenpleiten, Insolvenzen und massiver Stellenabbau - die deutsche Wirtschaft baut ab. Neue Horrornachrichten gibt es fast täglich: Chemiekonzert Covestro plant Stellenabbau in Leverkusen, VW plant weitere Entlassungen in Zwickau. Jetzt schätzt eine Erhebung, dass fast 50.000 Stellen vom Abbau betroffen sein könnten! Ist das nur die Spitze des Eisbergs? Und wird „Massenarbeitslosigkeit“ ungewollt das Instrument gegen den Fachkräftemangel?

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Gerade hat VW den Abbau von weiteren Stellen in Deutschland angekündigt. Die Verträge der Beschäftigten im Volkswagenwerk in Zwickau waren bis 2025 befristet. Diese sollen nun vorerst nicht verlängert werden.

Abstieg eines Industrielandes

Bereits im vergangenen Jahr mussten 270 Beschäftigte das Unternehmen verlassen. In diesem Jahr wurden weitere 500 Stellen abgebaut. Schuld daran sind nach Ansicht des Wirtschaftswissenschaftlers und „Autopapstes“ Ferdinand Dudenhöfer Robert Habeck und die Politik insgesamt. „Die 1200 Mitarbeiter in Zwickau können sich bei Herrn Habeck von den Grünen bedanken. Der hat zum Jahresende 2023 die E-Autoprämie von heute auf morgen eingestellt und den Markt damit erledigt“, zitiert Bild den deutschen „Autopapst“.

Die Situation bei VW spiegelt die Herausforderungen, denen die gesamte Automobilindustrie ausgesetzt ist. Doch die geopolitischen Veränderungen und die Energiewende verändern inzwischen fast jeden Wirtschaftszweig. Die Marktunsicherheiten sind besonders in Deutschland groß.

INSM-Erhebung: Abbau von fast 50.000 Stellen möglich

Nach Erhebungen der Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft (INSM) sehen sich führende Unternehmen gezwungen, drastisch Personal abzubauen, um ihre langfristige Wettbewerbsfähigkeit zu sichern.

Das INSM-Tracking hat die bekanntgegebenen Standortschließungen und den Stellenabbau in verschiedenen deutschen Unternehmen zusammengetragen und zeigt ein alarmierendes Bild. Fast 50.000 Stellen könnten abgebaut werden. Die Zahlen deuten darauf hin, dass die deutsche Wirtschaft nicht nur Arbeitsplätze, sondern auch Innovationen und Wettbewerbsfähigkeit verliert.

Deutsche Top-Firmen betroffen

Bayer, das weltweit führende Unternehmen im Bereich Chemie und Pharma mit Hauptsitz in Leverkusen, hat angekündigt, dass die Kosten des Konzerns reduziert werden müssen, was zu Stellenstreichungen in noch unbekannter Höhe führen wird. Es wird befürchtet, dass weltweit mehrere Tausend Jobs wegfallen könnten.

Ebenfalls betroffen ist Continental, ein renommierter Autozulieferer mit Sitz in Hannover. Der Aufsichtsrat wurde mit einer überdimensionalen „Karte des Kahlschlags“ konfrontiert, auf der alle Standorte in Deutschland verzeichnet sind, an denen die Jobs von bundesweit 13.000 Beschäftigten bedroht sind.

ZF, ein weiterer bedeutender Autozulieferer mit Sitz in Friedrichshafen, plant ebenfalls einen massiven Stellenabbau. Der Vorstand will in den nächsten sechs Jahren 12.000 Stellen in Deutschland streichen.

Tesla, der aufstrebende Autohersteller mit einer Fabrik in Grünheide, wird weltweit 14.000 Arbeitsplätze abbauen, wobei etwa 3000 der insgesamt 12.500 Beschäftigten in der Fabrik in Grünheide betroffen sein sollen.

Die IT-Riesen SAP aus Walldorf streichen 4000 Stellen, während Bosch in Stuttgart bis zu 3760 Stellen in Deutschland abbauen will.

Vodafone Deutschland plant den Abbau von 2000 Stellen, während Webasto, ein Autozulieferer aus Stockdorf, mindestens 1600 Stellen streichen will.

Auch diese Firmen haben Stellenstreichungen angekündigt: Evonik, DPD Deutschland, Getir/Gorillas, Michelin, Miele, Kuka, Meyer Burger, Lanxess, BSH, Venator, New Work, Landliebe, E.G.O., Vaillant, Bizerba, C.H. Müller, Solarwatt, Outokumpu, Rauch, Fysam, Leipa, Rosenthal, Curt Bauer und Knorr.

Zukunft des Arbeitsmarktes

Die zunehmende Zahl von Entlassungen in verschiedenen Branchen wirft wichtige Fragen über die Zukunft der Arbeit in Deutschland auf und unterstreicht die dringende Notwendigkeit für umfassende Maßnahmen, um die Arbeitsplätze und das soziale Gefüge zu schützen.

INSM-Geschäftsführer Thorsten Alsleben spricht von einer „Ankündigung des Abstiegs“, die sich hier manifestiere. „Der Fachkräftemangel, der Deutschland geißelt, ist dann gar nicht mehr so schlimm. Aber nicht, weil das Land Fachkräfte anlockt, sondern weil gar keine mehr gebraucht werden. Die Arbeitsplätze sind verfallen – Wir werden vom Industrieland zum Industriemuseum.“

Im Juni 2.727.000 Arbeitslose

Die Zahl der Arbeitslosen hat sich im Juni weiter erhöht, obwohl zu dieser Jahreszeit normalerweise die saisonübliche Frühjahrsbe­lebung noch für sinkende Zahlen sorgt. Wie der vorgestellte neue Monatsbericht der Bundesagentur für Arbeit (BA) ausweist, waren im Juni 2,727 Millionen Menschen als arbeitslos regis­triert. Das sind 4000 mehr als im Mai und 172.000 mehr als vor einem Jahr.

Diese Zusammenfassung zeigt, wie dringlich es ist, Maßnahmen zur Stabilisierung der deutschen Wirtschaft und des Arbeitsmarktes zu ergreifen. Eine nachhaltige Strategie ist erforderlich, um die Arbeitsplätze zu sichern und die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen zu gewährleisten. Nur so kann Deutschland seinen Status als führende Industrienation bewahren und die sozialen Strukturen erhalten.

 

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Mirell Bellmann schreibt als Redakteurin bei den DWN über Politik, Wirtschaft und Gesellschaft. Zuvor arbeitete sie für Servus TV und den Deutschen Bundestag.



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