Nach starken Gewinnen im Vorjahr und einem tollen Jahresstart hat die Deutsche Bank im zweiten Quartal einen Dämpfer erlitten. Eine milliardenschwere Rückstellung für einen Rechtsstreit um die 2010 abgeschlossene Postbank-Übernahme sorgte im zweiten Quartal unter dem Strich für einen deutlich verminderten Netto-Gewinn von 52 Millionen Euro. Der Vorsteuergewinn (EBIT), der für internationale Vergleiche besser geeignet ist, belief sich laut offiziellem Quartalsbericht auf 411 Millionen Euro.
Die Zahlen fielen aber zumindest besser aus als von Analysten im Voraus erwartet. Im Vorjahresquartal hatte das Institut noch 940 Millionen Euro und im ersten Quartal 2024 sogar 1,45 Milliarden Euro an Nettogewinn erzielt.
In den Medien kursieren teilweise Meldungen von einem Quartalsverlust, was aber so nicht ganz stimmt. Negativ ist lediglich das den „Aktionären zurechenbare Konzernergebnis“ mit minus 143 Millionen Euro. Dabei handelt es sich um das Ergebnis nach Berücksichtigung von Dividendenzahlungen an Minderheits-Anteilseigner (DWS-Aktionäre), das sozusagen theoretisch den normalen Aktionären zusteht und für den ausgewiesenen Gewinn je Aktie relevant ist. Ebenfalls inkludiert sind hier Zinszahlungen für AT1-Nachranganleihen, welche bei Eintreten von bestimmten Extremereignissen automatisch in Aktienanteile umgewandelt werden können und von der Deutschen Bank als Gewinnverwendung interpretiert werden. Klammert man nur diese aus, bleibt ein Gewinn von 8 Millionen Euro übrig – Analysten hatten hier mit einem Minus von 114 Millionen Euro gerechnet.
Postbank-Übernahme hat wahrscheinlich ein teures Nachspiel
Der Finanzkonzern hatte bereits Ende April mitgeteilt, dass die Mehrheitsübernahme der Postbank im Jahr 2010 teure Folgen haben könnte. In einem seit Jahren laufenden Rechtsstreit mit ehemaligen Postbank-Aktionären deutete das Oberlandesgericht (OLG) Köln an, dass es zugunsten der Kläger entscheiden könnte, denen zufolge der damals bezahlte Preis zu niedrig war. Die Deutsche Bank legte daher vorsorglich 1,3 Milliarden Euro zurück.
Die Postbank hatte in der Vergangenheit bereits mehrfach negative Schlagzeilen verursacht. Im Zuge der Fusionierung der IT-Systeme häufen sich hier technische Probleme, die zeitweise so gravierend waren, dass die Finanzaufsicht Bafin einen Sonderbeauftragten schickte.
Finanzchef Moltke erklärte, es sei unwahrscheinlich, dass die Bank in diesem Jahr einen zweites Aktienrückkaufprogramm durchführe, was die Kurse belastete. Im vorbörslichen Handel bei Lang & Schwarz fiel Aktie um 1,5 Prozent und zu Beginn des Handelstages summierte sich das Minus auf rund sechs Prozent. Ein Händler bezeichnete die Zahlen als gemischt.
Investmentbanking überzeugt, Kredit-Erträge rückläufig
Im Tagesgeschäft lief es dagegen ordentlich. Ohne Berücksichtigung des Postbank-Sondereffekts von 1,3 Milliarden Euro summierte sich der Vorsteuergewinn auf 1,7 Milliarden Euro, verglichen mit 1,4 Milliarden Euro im Vorjahresquartal, wie der deutsche Branchenprimus am Mittwoch mitteilte.
Der Quartalsertrag wuchs binnen Jahresfrist um zwei Prozent auf 7,6 Milliarden Euro. Die Ertragssteigerung basiert auf guten Geschäften im Investmentbanking, wo doppelt so hohe Einnahmen mit Beratungsleistungen und der Begleitung von Wertpapier-Emissionen erzielt werden konnten und der Gesamtertrag auf 2,6 Milliarden Euro anschwoll.
In der Unternehmensbank stagnierten die Erträge mit 1,9 Milliarden Euro. „Der Zinsüberschuss ging im gleichen Zeitraum um 2% auf 1,3 Mrd. Euro zurück, was die erwartete Normalisierung der Erträge im Einlagengeschäft widerspiegelt“, wird in der offiziellen Pressemitteilung verkündet. In der Privatkundensparte sanken die Erträge sogar um drei Prozent auf 2,3 Milliarden Euro.
Im zweiten Quartal wurde zudem die Risikovorsorge im Kreditgeschäft auf 476 Millionen Euro erhöht – im Vorjahresquartal waren es noch 401 Millionen Euro gewesen. Der Konzern passte auch die Prognose für mögliche Kreditverluste fürs Gesamtjahr nach oben an. „Für das Jahr 2024 geht die Bank nun davon aus, dass die Risikovorsorge leicht über 30 Basispunkten des durchschnittlichen Kreditbuchs und damit über der bisherigen Erwartung liegen wird“, heißt es im Quartalsbericht.
Angesichts der mauen deutschen Wirtschaftslage ist in diesem Segment eher nicht mit einer schnellen Besserung zu rechnen, aber das Vorjahr lief eben auch extrem gut. Der globale Bankensektor erwirtschaftete 2023 Jahr Rekordgewinne.
Sewing: Keine Sorgen ums operative Geschäft
Führungskräfte der Deutschen Bank betonten, dass das Quartal eine Abweichung war und dass die Bank ihre Ziele weiterhin erreichen sollte. Die massive Gewinnminderung sei „ausschließlich auf die gesetzliche Rückstellung zurückzuführen“, schrieb der Vorstandsvorsitzende Christian Sewing in einer Mitteilung an die Mitarbeiter. Die operative Stärke sei „offensichtlich“ und die Bank werde bis Jahresende ihre Finanzziele erreichen. In der „Globale Hausbank“-Strategie sieht sich der Konzern weiterhin auf Kurs.
Auf die strategischen Pläne oder Finanzziele habe die Postbank-Rückstellung keine Auswirkung, wie die Großbank verlautbarte. Die Deutsche Bank bestätigte ihre Ziele für das laufende und kommende Jahr. „Wir liegen auf Kurs, um wie geplant im Gesamtjahr rund 30 Milliarden Euro an Erträgen zu erreichen“, schrieb Sewing. Auch die Ziele für Ende 2025 bleiben demnach intakt – insbesondere eine Eigenkapital-Rendite von mehr als 10 Prozent.
Der seit 2015 verantwortliche Bankchef hatte in den letzten Jahren mehrmals Kostensenkungen durchgesetzt. Dieser Sparkurs bleibt. „Wir sehen zudem Spielraum für weitere Einsparungen bei den bereinigten Kosten, da unser operatives Effizienzprogramm vorankommt“, so Moltke. Jeder weitere Schritt, mit dem das Institut effizienter werde, gebe zusätzlichen Spielraum für Investitionen, ergänzte Sewing in der internen Mitteilung. Die „Optimierung des Filialnetzes in Deutschland sowie der Stellenabbau insbesondere in kundenfernen Bereichen“ wird nach Angaben der Bank weiter vorangetrieben.
Durch Kostendisziplin konnten die bereinigten Kosten im zweiten Quartal auf etwas mehr als 5 Milliarden Euro begrenzt werden. Die zinsunabhängigen Aufwendungen betrugen 6,7 Milliarden. Für die Aufwands-Ertrags-Relation ergibt sich somit ein Wert von 88,3 Prozent.
Erfolgstrend der Deutschen Bank unterbrochen
Zuletzt lief es für Deutschlands größtes Finanzinstitut lange Zeit sehr gut. Nach einigen schweren Jahren mit hohen Milliardenverlusten wurden seit Anfang 2020 und damit 15 Quartale in Serie nur Gewinne ausgewiesen, die sich tendenziell von Jahr zu Jahr steigerten. Der aktuelle Gewinneinbruch passt nicht in diesen Trend.
Die 2019 angeschobene Sanierungsstrategie, die den Fokus weg vom volatilen Investmentbanking hin zum nachhaltigeren Geschäft mit Unternehmens- und Immobilien-Krediten verlagerte, wird indes durch die einmalige Postbank-Rückstellung nicht zunichte gemacht. Nun bleibt abzuwarten, wie sich das Neukreditgeschäft und die Zinsmarge entwickeln wird.
Als die Zinsen auf einmal wieder stark stiegen und damit die Zinsmarge der Finanzintermediäre in die Höhe schoss, wirkte es so, als hätte sich die Deutsche Bank gerade zum rechten Zeitpunkt neu positioniert. 2023 wurde ein Vorsteuergewinn von 5,7 Milliarden Euro erwirtschaftet, wovon drei Milliarden auf die Unternehmenssparte mit dem rund 120 Milliarden Euro schweren Kreditbuch und Einlagen von 270 Milliarden entfielen. Nur 1,8 Milliarden Euro stammten aus dem Investmentbanking, grob eine Milliarde aus dem Privatkundengeschäft und 400 Millionen von der Vermögensverwaltung mit der bekannten Fondsgesellschaft DWS.