Immobilien

Das Klimaanpassungsgesetz: Das bedeutet es für den Immobilienmarkt

Seit dem 01.07.24 gilt das Klimaanpassungsgesetz (KAnG) in Deutschland. Das neue Gesetz soll die Anforderungen des Klimawandels und damit verbundene extreme Wetterbedingungen abfangen. Hitzewellen, Starkregen und Überflutungen sind in Deutschland keine Einzelphänomene mehr, sondern werden über die Jahre hinweg zur neuen Normalität. Darauf muss jeder Sektor reagieren – auch der Immobilienmarkt. Was das bedeutet, gibt es hier.
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08.08.2024 15:01
Aktualisiert: 09.08.2024 08:01
Lesezeit: 4 min
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Das Klimaanpassungsgesetz per Definition

Kaum jemand ist in den letzten Jahren von den extremen Wetterveränderungen in Deutschland, Europa und der Welt verschont geblieben. Das Hochwasser im Ahrtal 2021, das die gesamte Gegend verwüstet und zig Immobilien zerstört hat, war für viele ein Weckruf: Der Klimawandel ist längst in Deutschland angekommen und lässt sich nicht (mehr) ignorieren. Der Trend zieht sich weiter: 2023 bot den heißesten Sommer seit Aufzeichnungsbeginn, 2024 machte dagegen mit enormen Regenfällen und Stürmen Schlagzeilen.

All das passiert nicht in einem Vakuum: Die Folgen dieser Wetterveränderungen ziehen sich wie rote Fäden durch alle Bereiche der Gesellschaft; allem voran Landwirtschaft, Gesundheit und auch Wohnen. Das Klimaanpassungsgesetz ist eine Reaktion auf die neue Normalität und soll in Gegenwart und Zukunft strategisch dagegen ankämpfen. Das Gesetz wurde im Dezember 2023 im Bundesgesetzblatt angekündigt und ist im Juli 2024 in Kraft getreten.

Mit dem Klimaanpassungsgesetz, so Bundesumweltministerin Steffi Lemke, „nimmt sich der Bund selbst in die Pflicht“. Der Bund verpflichtet sich, eine „vorsorgende Klimaanpassungsstrategie mit messbaren Zielen vorzulegen“. Ziel soll sein, dass zukünftig Tragödien wie jene im Ahrtal verhindert werden; nicht nur durch Alarmsysteme, sondern auch durch die vorsorgliche Aushebelung der Gefahr. Der Bund sagt den Bundesländern umfassende Unterstützung in den Bereichen Beratung und Finanzierung zu. Das Bundesumweltministerium (BMUV) hat seit 2021 das Zentrum für KlimaAnpassung (ZKA) mit der Beratung und Vernetzung von Gemeinden hinblicklich Klimaanpassung beauftragt. Die Bundesregierung drückt aus, dass „Unsicherheit kein Grund für Nichtstun“ ist. Niemand kann die Zukunft perfekt voraussagen. Noch vor wenigen Jahren wären Überflutungen wie jene 2021 unvorstellbar gewesen. Doch das Klimaanpassungsgesetz soll Risiken ausloten, bevor sie am Horizont sichtbar werden, um ebendiese Unsicherheiten zu beruhigen. Das Gesetz geht Hand in Hand mit bestehenden und zukünftigen Maßnahmen rund um den Klimaschutz und soll die Bürger vor den bereits eingetretenen Konsequenzen des Klimawandels schützen.

Maßnahmen zur Klimaanpassung

Das Klimaanpassungsgesetz fordert maßgeschneiderte Lösungen für Gemeinden, deswegen wird hierbei auch die Beratung durch Fachleute groß geschrieben. Je nach Hauptproblematik, die sich stellt, werden Lösungen angeboten. Ist eine Kommune zum Beispiel regelmäßig mit heftigen Hitzeperioden konfrontiert, unterstützt der Bund bei der Bepflanzung von Grünflächen – eine notwendige Abkühlungsmaßnahme, vor allem für kleine Kinder, alte Menschen und Menschen mit Vorerkrankungen – und umfangreichen Hitzeschutzmaßnahmen von Kindergärten, Seniorenheimen, Krankenhäusern und naheliegenden Gebäuden. Der 2020 veröffentlichte Synthesebericht des Weltklimarats zeigte deutlich: vulnerable Personen in sozialen Einrichtungen wie Krankenhäusern, Pflege- und Altenheimen und Kitas leiden besonders stark unter extremen Wetterbedingungen. Deswegen hat die BMVU-Förderrichtlinie „Klimaanpassung in sozialen Einrichtungen“ ebendiese Einrichtungen dabei unterstützt, sich gegen Extremsituationen rund um Hitze, Starkregen und Hochwasser zu schützen. Zu diesem Zweck hat der Bund zwischen 2020 und 2023 Förderungen in Höhe von 150 Mio. EUR zur Verfügung gestellt, welche auch nach 2023 fortgesetzt werden. Gefördert werden Modelle, die soziale Einrichtungen klimaresilient gestalten und als Beispiele fungieren, um über alle Sektoren in Deutschland hinweg nachgeahmt werden können.

Auch nach dem Hochwasser im Ahrtal 2011 wurde ein Sofortprogramm zur Verfügung gestellt, mit dem mehr als 100 lokale Klimaanpassungsmanager eingestellt werden konnten um vor Ort Konzepte zur Klimaanpassung zu erstellen. So wird ein Schritt nach dem anderen in Richtung Klimaresilienz gegangen.

Klimaanpassung und Immobilien

Das Klimaanpassungsgesetz richtet sich vor allem an Träger öffentlicher Aufgaben, unter anderem Behörden und Institutionen rund um Straßenbau, Forst, Vermessung, Wasser und Bodenschutz. Das heißt aber nicht, dass andere Sektoren davon unbehelligt bleiben. In den Handlungsfeldern des Gesetzes sind Gebäude und Stadtentwicklung direkt benannt. „Die Wohnungsunternehmen sind nicht direkt vom Gesetz betroffen, setzten sich aber selbst bereits mit Fragen der Klimaanpassung auseinander“, so Dr. Ingrid Vogler, Leiterin Energie und Technik beim GdW. Wie man im Ahrtal erschreckend gesehen hat, sind viele, wenn nicht sogar die allermeisten Immobilien in Deutschland den extremen Wetterbedingungen nicht gewachsen. Bei den Überschwemmungen wurden mehr als 4000 Häuser beschädigt, viele von ihnen unrettbar. Jene, die sich retten lassen, sind von enormen Renovierungs- und Sanierungsmaßnahmen betroffen. Darüber hinaus hat das Hochwasser viele Infrastrukturen und Geschäfte in der Gegend zerstört, darunter auch Kitas, Schulen, Sportvereine und Einkaufsmöglichkeiten. Das wirkt sich natürlich auch auf den Immobilienmarkt aus – und motiviert den Markt, zu handeln, um zukünftig solche Situationen zu verhindern. Der Immobilienmarkt und Wohnungsunternehmen stellen sich neue Fragen: Wie können Gebäude so gebaut und abgesichert werden, dass extreme Wetterbedingungen sie nicht auslöschen? Welche Baumaterialien und -maßnahmen schützen vor extremer Hitze und Starkregen? Wie macht man (Wohn)Gebäude wetteresilient ohne die Preise in die Höhe zu treiben, Materialkosten zu explodieren und Bauzeiträume ins Unendliche zu ziehen?

Die Problematik kommt zu einem denkbar ungünstigen Zeitpunkt; unabhängig von sonstigen Faktoren kämpft der Immobilienmarkt aktuell stark mit hohen Materialkosten, fehlenden Fachkräften und einer unsicheren Geschäftslage. Zwischen Januar und März 2024 gingen 17% mehr Bauträger pleite als im Vorjahr. Der Wohnbau muss enorm zulegen, um die für 2024 gesetzten Ziele zu erfüllen, nachdem 2023 nur knapp die Hälfte aller Wohnungen gebaut wurden, die geplant waren. Und doch kann man dem Klimaanpassungsgesetz und dem, vor dem es schützen will, nicht aus dem Weg gehen. Von jetzt an wird das Wetter nur noch unvorhersehbarer werden – und dagegen muss sich jeder Sektor, auch Wohnbau, dringend wappnen.

Klimaanpassung an Immobilien: Das wird kommen

Noch hat die Bundesregierung keine exakten Maßnahmen definiert, um das Gesetz umzusetzen. Die Klimaanpassung sei sehr individuell und müsse daher per Kommune mit den entsprechenden Fachleuten bearbeitet und umgesetzt werden. Mögliche Maßnahmen im Bereich Wohnen könnten sein: die Begrünung von Dachflächen und Fassaden sowie eine Verbesserung von Gebäudestandards, um zum Beispiel hitzebeständige Bausubstanzen als Norm einzuführen. Nur etwa 3% der Haushalte in Deutschland haben Klimaanlagen, öffentliche Gebäude und Büros sind ebenfalls nur selten damit ausgestattet im Vergleich zu den „tropischeren“ Nachbarn; das könnte sich in Zukunft ändern. Auch die Art, wie Städte gebaut und Gebäude darin integriert werden, kann und wird sich in der Zukunft verändern, um extreme Wetterbedingungen abzufedern. Es bleibt abzuwarten, welche konkrete Maßnahmen zur Klimaanpassung fällig werden – und wer dafür bezahlt.

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