Von teurer Schokolade bis Olivenöl: Der bittere Geschmack des Klimawandels
Viele Verbraucher wundern sich über sprunghaft angestiegene Preise von sonst eher moderaten Lebensmitteln. Schokolade ist solch ein Beispiel. In Zukunft werden wir uns daran gewöhnen müssen, dass das eine oder andere Produkt plötzlich nicht mehr bezahlbar wird. Die neue Währung könnte in ein paar Jahren Öl, Mehl oder Zucker lauten. Geschuldet sind die gestiegenen Preise unter anderem dem Klima. Die Kapriolen des Wetters schaden den Bauern und ihrer Ernte und das immer häufiger, immer extremer. Allein der Preis für Rohkakao, um beim Beispiel zu bleiben, hat sich seit Jahresbeginn zeitweise verdreifacht und lang in der Spitze bei 11.000 Dollar je Tonne, so teuer wie seit 20 Jahren nicht mehr und zugleich teurer als Kupfer. Die Einfuhrpreise erhöhten sich im Januar 2024 gegenüber dem Vorjahresmonat um über 73 Prozent. 2023 wurden aufgrund der Knappheit auf dem Weltmarkt 8 Prozent weniger Kakaobohnen nach Deutschland importiert. Auch Kakaobutter, eine Zutat, die für die Herstellung von Kakao gebraucht wird, ist bereits von starken Preissteigerungen von knapp 50 Prozent in diesem Jahr betroffen. Der beliebte Schweizer Chocolatier Lindt & Sprüngli rechnet für das laufende Jahr mit weiter steigenden Preisen für Schokolade und auch für das kommende Jahr 2025.
Ähnlich sieht es beim Olivenöl aus. Jose Angel Molina hat eine Olivenplantage in Sevilla, im Süden Spaniens. Seine teils 300 Jahre alten Olivenhaine produzieren eines der besten Olivenöl im Land, ökologisch und naturbelassen. Doch auch hier macht sich die Dürre der vergangenen Jahre bemerkbar. Die Ernte fiel deutlich geringer aus. Auch er musste seine Preise in den vergangenen zwei Jahren deutlich erhöhen. Zu der schlechten Ernte kamen hohe Energiekosten, Lieferkettenprobleme und hohe Transportkosten hinzu. Gutes Olivenöl wird langsam, aber sicher zum Luxusgut. Denn während früher die Einkäufer auf andere Produzenten ausweichen konnten, weitet sich die Krise flächendeckend aus, so dass es kaum Alternativen gibt. Die Aussichten für den Olivenölmarkt in Spanien bleiben weiter düster. Zwar gelingt es den Marktteilnehmern trotz der schlechten Ernten Monat für Monat, die Absatzmöglichkeiten für das "flüssige Gold" (sowohl auf dem nationalen als auch auf dem internationalen Markt) zu erhöhen, doch leiden die Verbraucher unter der Preisexplosion.
Das Instituto Nacional de Estadística (INE) hat seine neuesten Daten zur Inflation veröffentlicht, aus denen hervorgeht, dass der Preis für Olivenöl im Jahresvergleich (Januar 2024 gegenüber demselben Monat im Jahr 2023) am stärksten gestiegen ist: +62,9 %, was einem Anstieg von 176,5 % seit Januar 2021 entspricht. Normalerweise folgt auf eine gute Ernte eine schlechte wissen die Experten. Doch jetzt sind es bereits mehrere in Folge. Seit 2021 haben sich die Preise für Olivenöl in Spanien ungefähr verdreifacht. Hoffnung auf eine bessere Ernte im Herbst machen allein die Regenfälle, die es auch in Spanien im Mai gab.
Qualitäts- und Nährstoffverluste durch den Klimawandel
Auch Obst- und Gemüse sind davon betroffen. Schädlingsbefall und Hitze führen auch zu Ernteausfällen bei Tomaten oder Orangen. Der Rohstoffpreis für Orangesaft hat sich bereits verdreifacht. War früher der Liter durchschnittlich für ein Euro erhältlich, so kostet er jetzt im Schnitt drei Euro.
Die Erderwärmung wird immer mehr zum Preistreiber der Lebensmittel, das zeigt auch eine Studie des Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung und der Europäischen Zentralbank. Wenn die Temperaturen wie prognostiziert weiter steigen, könnte sich die Lebensmittelinflation in Europa in den kommenden 10 Jahren jeweils um 3 Prozent erhöhen. Was bleibt? Eine Anpassung der Landwirtschaft. Ein Weg könnten Agroforstsysteme sein. Sie fristen bislang noch ein Nischendasein in Deutschland, könnten aber in Sachen Dürre-Vorsorge in Zukunft mehr Bedeutung bekommen. Agroforstsysteme können länger anhaltende Trockenperiode besser überstehen als normale Ackerbausysteme. Weitere Maßnahmen wären die Vermeidung von Bodenverdichtungen, um Bodenwasser zu schonen und Erosion vorzubeugen.
Der Klimawandel verändert auch die Qualität und den Geschmack des Öls. Das bereitet auch Molina Sorgen. Denn die ölverwöhnten Südspanier, die bestes Olivenöl zum Frühstück auf Baguette konsumieren wie in Deutschland die Marmelade, fällt der veränderte Geschmack mittlerweile auf. Immer öfter muss er seine Kundschaft daher aufklären. Denn Klimawandel bedeutet neben anderen mehr Regen und längere Trockenzeiten. Aromen und die Zusammensetzung von Früchten und Gemüse reagiert darauf. Auch die steigende CO2-Konzentrationen in der Atmosphäre kann den Nährstoffgehalt von Pflanzen beeinflussen. Je mehr CO2 in der Luft ist, desto schwieriger ist es für die Pflanzen, Stickstoff aufzunehmen. Dieser wird aber benötigt, um Proteine produzieren zu können. Das führt dazu, dass wichtige Nutzpflanzen wie Reis, Getreide und Kartoffeln zunehmend an Nährwert verlieren. Das ist ein Problem, weil ein Großteil des weltweiten menschlichen Protein-, Zink- und Eisenbedarfs durch Pflanzen gedeckt wird. Schon heute leiden etwa zwei Milliarden Menschen an Zink- oder Eisenmangel. Schätzungen zufolge werden 2050 175 Millionen Menschen zusätzlich unter Zinkmangel leiden und 122 Millionen unter Eisenmangel.
Klimaveränderung bedroht ganze Küstenstädte
Der Klimawandel verschlechtert nicht nur die Lebensbedingungen der Menschen, sondern fordert auch Landmassen ein. Der Zwischenstaatliche Ausschuss für Klimaänderungen (IPCC) prognostiziert, dass der Meeresspiegel bis zum Jahr 2100 um bis zu 1,1 Meter höher liegen könnte als heute, und keine noch so große Emissionssenkung kann die kurz- und mittelfristigen Auswirkungen dieses Phänomens aufhalten. Nach den Prognosen zum Anstieg des Meeresspiegels werden bis Mitte des Jahrhunderts fast eine Milliarde Menschen einem wesentlich höheren Überschwemmungsrisiko ausgesetzt sein. Es gibt 10 Städte in der Welt, die am stärksten von den Auswirkungen des Meeresspiegelanstiegs bedroht sind, gemäß dem 2050 Climate Change City Index. Laut Prognosen zum Anstieg des Meeresspiegels ist Thailands Hauptstadt die am stärksten gefährdete Stadt der Welt. Die niedrig gelegene Stadt - mit einer durchschnittlichen Höhe von 1,5 Metern über dem Meeresspiegel - zahlt bereits den Preis für dieses durch den Klimawandel verursachte Phänomen. Nach den tödlichen Überschwemmungen von 2011, die Hunderten von Menschen das Leben kosteten, stand Berichten zufolge ein Fünftel der Stadt unter Wasser. Es wird erwartet, dass sich die Situation noch verschlimmert. Amsterdam, Dubai, London und Hamburg sind weitere Städte, die von Überschwemmungen höchstwahrscheinlich betroffen sein werden. Das letzte rekordverdächtige Hochwasser in Hamburg war 2017. Die Elbe stieg um 2,76 Meter an und überflutete den berühmten Fischmarkt. Als Reaktion darauf wurden die Deiche von fünf Metern auf 7,5 bis 9,25 Metern erhöht.
Auch Shenzhen in China gehört zu den bedrohten Städten. Um den Anstieg des Meeresspiegels und die starken Stürme abzumildern und sich daran anzupassen, hat China die so genannte "Schwammstadt"-Initiative ins Leben gerufen, wobei Shenzhen zu den ersten Anwendern dieses Konzepts gehört. Die Stadt hat das Projekt in die regionalen Stadtentwicklungspläne integriert, indem sie bei neuen Bauprojekten die Versickerung, Rückhaltung und Speicherung von Niederschlagswasser einführt, um städtische Flächen in die Lage zu versetzen, das von Stürmen und Überschwemmungen kommende Wasser aufzunehmen und wiederzuverwenden.