Wirtschaft

Hohe Energiepreise in Deutschland treiben Unternehmen ins Ausland

Eine DIHK-Umfrage zeigt die wachsende Besorgnis der deutschen Industrie über hohe Energiepreise und bürokratische Hürden. Diese Faktoren drohen, den Standort Deutschland unattraktiver zu machen und führen zunehmend zur Verlagerung von Produktion ins Ausland.
03.08.2024 13:23
Lesezeit: 2 min
Hohe Energiepreise in Deutschland treiben Unternehmen ins Ausland
Dercks: Politik hat Unternehmen keine Perspektive für zuverlässige und bezahlbare Energieversorgung geboten. (Foto: dpa) Foto: Carsten Koall

Hohe Preise und bürokratische Hürden bei der Energiewende drohen zunehmend negative Folgen für den Industrie-Standort Deutschland zu haben. Der Abwanderungstrend vor allem bei Industrieunternehmen verfestige sich, teilte die Deutsche Industrie- und Handelskammer (DIHK) unter Berufung auf eine Umfrage unter Unternehmen mit.

Jürgen Kerner, Zweiter Vorsitzender der IG Metall, sagte der Deutschen Presse-Agentur: „Die DIHK-Untersuchung zeigt erneut, was längst auf der Hand liegt: Die Strompreise in Deutschland sind ein Problem für die Arbeitsplätze in der Industrie.“

Laut DIHK-Umfrage erwägen aktuell vier von zehn Industriebetrieben, ihre Produktion am Standort Deutschland wegen der Energiesituation einzuschränken oder ins Ausland zu verlagern. Bei den größeren Industrieunternehmen mit mehr als 500 Beschäftigten denken inzwischen sogar mehr als die Hälfte darüber nach. An der Umfrage haben laut DIHK rund 3.300 Unternehmen teilgenommen.

Unternehmen bemängeln Perspektive

Der Politik sei es bisher nicht gelungen, den Unternehmen eine Perspektive für eine zuverlässige und bezahlbare Energieversorgung aufzuzeigen, sagte der stellvertretende DIHK-Hauptgeschäftsführer Achim Dercks. „Während in den Jahren vor 2023 viele Unternehmen auch Chancen in der Energiewende für den eigenen Betrieb sahen, überwiegen zuletzt aus ihrer Sicht deutlich die Risiken.“ Hohe Energiepreise würden zunehmend zu einem Produktions- und Investitionshemmnis.

Die zunehmenden Pläne zur Produktionseinschränkung und -verlagerung und die tatsächlichen Verlagerungen zeigten, dass die energiepolitischen Standortbedingungen für alle Unternehmen in Deutschland inzwischen ein klarer Wettbewerbsnachteil seien, so die DIHK. Dies gelte besonders für die Industrie, für Industriebetriebe mit hohen Stromkosten und für die großen Unternehmen zum Beispiel im Maschinenbau und bei der Produktion von Industriegütern. Unternehmen verlagerten Produktion nach Frankreich und andere europäische Länder sowie in die USA und China, so

.

Hohe Preise und bürokratische Hürden

Dercks sagte, die Strompreise seien deutlich höher als vor Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine, auch die Gaspreise seien deutlich höher als etwa in den USA. Noch entscheidender sei der Blick nach vorne. Es fehle die Perspektive. Für die Unternehmen sei kein klares Konzept ersichtlich, das sei die entscheidende Frage: „Schaffe ich Vertrauen und Zuversicht, was dann zu Investitionen führt?“ Bei den Unternehmen komme an: mehr Bürokratie, mehr Berichtspflichten, komplizierte Genehmigungsverfahren.

Forderung nach Staatshilfen

Die DIHK forderte, Steuern und Abgaben auf Strom zu senken. Umlagen sollten aus dem Bundeshaushalt finanziert werden. Die im Wachstumspaket vorgesehene dauerhafte Absenkung der Stromsteuer für das produzierende Gewerbe sollte auf alle Branchen ausgeweitet werden.

Die Bundesregierung hatte aus Spargründen einen Bundeszuschuss für die Stromnetze von rund 5 Milliarden Euro gestrichen. Dercks sagte, dies sei viel Geld. Falls aber die Industrie rausgehe aus Deutschland, habe man ein ganz anderes Problem, denn das koste Wachstum.

IG Metall warnt vor Abwanderung

Kerner sagte: „Die Maßnahmen, die die Bundesregierung bisher ergriffen hat, sind richtig, reichen aber bei weitem nicht aus. Wettbewerbsfähigkeit ist unter diesen Bedingungen längst nicht mehr gegeben.“ Es sei dringend ein subventionierter Industriestrompreis für die energieintensive Industrie notwendig, so wie es in anderen europäischen Ländern längst Praxis sei. „Es wäre fatal, wenn in einigen Jahren – nach erfolgtem Ausbau der Erneuerbaren und der dafür benötigten Netze – zwar genügend günstiger Strom zur Verfügung steht, wichtige Unternehmen und Arbeitsplätze aber ins Ausland abgewandert oder gar nicht erst hier entstanden sind.“

Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen MTS Money Transfer System – Sicherheit beginnt mit Eigentum.

In Zeiten wachsender Unsicherheit und wirtschaftlicher Instabilität werden glaubwürdige Werte wieder zum entscheidenden Erfolgsfaktor....

DWN
Politik
Politik Pistorius will mehr Mut und neue Führungskultur in der Bundeswehr
07.11.2025

Angesichts russischer Bedrohungen und interner Bürokratie fordert Verteidigungsminister Boris Pistorius tiefgreifende Reformen in der...

DWN
Panorama
Panorama Mehr Mobbing in Schule, Beruf und Netz – Studie warnt vor zunehmender Schikane
07.11.2025

Mobbing ist längst kein Problem von gestern: Eine aktuelle Studie zeigt, dass immer mehr Menschen sowohl am Arbeitsplatz als auch online...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Rheinmetall startet Satellitenproduktion – Rüstung geht jetzt ins All
07.11.2025

Rheinmetall, bisher vor allem bekannt für Panzer, Haubitzen und Drohnen, wagt den Schritt ins Weltall. Der deutsche Rüstungskonzern hat...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Sichtbar mit KI: Wie KMU auf ChatGPT und Gemini gefunden werden
07.11.2025

Nach der Einführung von Googles KI-Übersicht ist der Website-Traffic im Schnitt um sieben Prozent gesunken. Klassisches SEO verliert an...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Teure Naschzeit: Preise für Schoko-Weihnachtsmänner steigen deutlich
07.11.2025

Süße Klassiker wie Schoko-Weihnachtsmänner, Dominosteine und Lebkuchen gehören für viele zur Adventszeit dazu – doch in diesem Jahr...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Krieg entzieht der russischen Wirtschaft die Kraft
07.11.2025

Die russische Wirtschaft gerät unter Druck: hohe Inflation, sinkendes Wachstum, militärische Überlastung und neue US-Sanktionen gegen...

DWN
Politik
Politik Merz am Amazonas – Kanzler setzt Zeichen für internationalen Klimaschutz
07.11.2025

Rund 20 Stunden Flug für gut 21 Stunden Aufenthalt: Bundeskanzler Friedrich Merz reist nach Brasilien, um am Amazonas Präsenz zu zeigen....

DWN
Finanzen
Finanzen Altersvorsorge: Politik riskiert Rentenkollaps – ist Investieren in Aktien die Lösung?
07.11.2025

Das deutsche Altersvorsorgesystem steht kurz vor dem finanziellen Kollaps: Eine exklusive Forsa-Umfrage im Auftrag der Initiative...