Wirtschaft

Habeck lobt die Wärmepumpe als „Superprodukt Made in Germany“ - die Realität sieht anders aus

Lesezeit: 3 min
13.08.2024 10:16  Aktualisiert: 13.08.2024 10:16
Stiebel Eltron stellt eines der Vorzeigeprodukte von Robert Habeck her: Wärmepumpen. Doch bei seinem Besuch im Unternehmen trifft der Wirtschaftsminister auf eine Branche, die nicht im Boom ist. Dies möchte er ändern. Dummerweise entscheiden sich die deutschen Verbraucher immer mehr für andere Heizungssysteme.
Habeck lobt die Wärmepumpe als „Superprodukt Made in Germany“ - die Realität sieht anders aus
Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne, rechts) besucht die Firma Stiebel Eltron und spricht mit Demonstranten vor dem Werksgelände (Foto: dpa).
Foto: Swen Pförtner

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Robert Habeck begeistert sich für Wärmepumpen, und das in einem nahezu erstaunlichen Ausmaß. "Ein Superprodukt Made in Germany, das sich in jeder Hinsicht rechnet", nennt er die Geräte, die Wärme aus der Luft, dem Grundwasser oder dem Erdreich gewinnen. Dabei hat ihm das langwierige Ringen um das Heizungsgesetz im letzten Jahr erheblich geschadet.

Ein Jahr später tritt Habeck gut gelaunt und braun gebrannt in die Offensive. Drei Tage lang ist er auf Wärmepumpen-Tour durch Norddeutschland. Den Auftakt macht er beim Besuch des Wärmepumpen-Spezialisten in Holzminden: "Die Wärmepumpe sorgt dafür, dass der Wert von Immobilien steigt. Eine Wärmepumpe spart zudem Geld."

Wärmepumpen-Verkauf bricht stark ein

Solche Unterstützung könnte die Branche dringend gebrauchen, wenn sie denn auch Wirkung zeigt. Denn der Absatz der Geräte ist zuletzt stark zurückgegangen. Das Ziel der Bundesregierung, ab 2024 jährlich 500.000 Wärmepumpen zu installieren, scheint schon im ersten Jahr nicht erreichbar.

Im ersten Halbjahr wurden laut Zahlen des Bundesverbands der Deutschen Heizungsindustrie (BDH) nur 90.000 Wärmepumpen verkauft. Das ist ein Rückgang von 54 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Bis Jahresende rechnet der BDH mit maximal 200.000 verkauften Wärmepumpen.

Auch Stiebel Eltron ist davon betroffen. Bei Habecks Besuch versammelten sich etwa 25 Vertreter von IG Metall und Betriebsrat, die um ihre Arbeitsplätze bangen. "Wir wollen nur, dass die Politik ihre Versprechen hält", sagt die Holzmindener Betriebsratsvorsitzende Elke Grimme. Sie kritisiert die jüngste Kürzung der Förderung für Energieberatungen und die hohen Strompreise als unberechenbar. Habeck diskutiert mit Grimme und ihren Kollegen auf dem Vorplatz.

Stellenabbau bei Stiebel Eltron möglich

Einen Stellenabbau wird das Unternehmen wohl nicht vermeiden können, räumt der Aufsichtsratsvorsitzende Ulrich Stiebel ein, wenn auch nicht in dem Ausmaß von 1.000 Stellen, wie das "Handelsblatt" berichtete. Seit März ist ein Teil der Belegschaft in Kurzarbeit. Stiebel Eltron beschäftigt an seinen deutschen Standorten nach Angaben von Unternehmenssprecher Henning Schulz etwa 2.600 bis 2.700 Mitarbeiter, weltweit etwa 5.500.

Der Kuchen sei kleiner geworden, doch Stiebel Eltron halte nun ein größeres Stück davon, sagt Schulz. Das Unternehmen musste in den letzten Jahren erheblich Personal aufbauen, da die Wärmepumpen sehr gefragt waren. Ohne diesen Ausbau hätte man Marktanteile verloren.

Der aktuelle Rückgang folgt auf ein Rekordjahr: 2023 wurden 356.000 Wärmepumpen verkauft. Auch der Absatz von Gasheizungen ist betroffen, hier sank der Absatz im ersten Halbjahr um 42 Prozent auf 223.000 Geräte. Die steigenden Gaspreise und Unsicherheiten über das damals diskutierte Heizungsgesetz könnten hierfür verantwortlich sein.

Das neue Heizungsgesetz sieht vor, dass ab 2024 jede neue Heizung zu 65 Prozent mit erneuerbaren Energien betrieben werden muss. Diese Regelung gilt zunächst für Neubauten in Neubaugebieten. Bestehende Heizungen können weiterhin genutzt werden. In vielen Kommunen ist noch unklar, ob Fernwärme eine Alternative für Betroffene darstellt.

Branche in Sorge

Die Heizungsindustrie ist in Sorge. "Die aktuelle Marktsituation ist eine Herausforderung", erklärt Markus Staudt, Hauptgeschäftsführer des BDH, auf Anfrage der dpa. Viele Unternehmen haben in den letzten zwei Jahren umfangreich in die Erweiterung ihrer Produktionskapazitäten investiert, in der Erwartung einer politisch gewollten Entwicklung.

Wie stark der Markteinbruch die Unternehmen trifft, hängt von deren Spezialisierung und Strategie ab. "Dies hat zu weitreichenden Maßnahmen wie Kurzarbeit und weiteren Einsparungen geführt."

Wie stark diese Maßnahmen ausgeweitet werden müssen, hängt von der weiteren Marktentwicklung und den Strategien der Unternehmen ab. Der BDH bleibt vorsichtig optimistisch: "Wir erwarten eine Marktstabilisierung, sehen aber noch keine Anzeichen für eine signifikante Besserung." Ein Anstieg der genehmigten Förderanträge im Juni gibt jedoch Anlass zur Hoffnung.

Rückgang nicht nur bei Stiebel Eltron

Nicht nur Stiebel Eltron kämpft mit Problemen. Auch die Klimatechnik-Tochter von Bosch verzeichnete zuletzt einen deutlichen Rückgang bei den Wärmepumpen-Bestellungen. Die Nachfrage brach Ende 2023 und Anfang dieses Jahres stark ein, was auf die unklare Heizungsförderung und die Krise im Bausektor zurückzuführen ist. Dennoch zeigte sich Spartenchef Jan Brockmann für die zweite Jahreshälfte vorsichtig optimistisch.

Zu Jahresbeginn kritisierte Bosch-Chef Stefan Hartung die wechselhafte Politik bei Wärmepumpen als "Gift für langfristige Kaufentscheidungen". Bosch erwartet jedoch, dass das Heizungsgesetz ab der zweiten Hälfte des Jahrzehnts zu einem nachhaltigen Schub für die Elektrifizierung im Heizungsmarkt führen wird. Verkaufszahlen nennt die Bosch Home Comfort Group, ehemals Bosch Thermotechnik, allerdings nicht.

Bosch setzt auf Expansion

Bis Ende des Jahrzehnts plant Bosch, über eine Milliarde Euro in die Wärmepumpen-Produktion in Europa zu investieren. So wird etwa ein Standort in Portugal ausgebaut, und in Polen entsteht bis 2027 eine neue Fabrik. Stellenstreichungen wie in anderen Bosch-Bereichen in Deutschland waren hier bisher kein Thema.

Im Gegenteil: Ende Juli verkündete Bosch im Bereich Heizung, Lüftung und Klimatisierung den größten Zukauf in der Unternehmensgeschichte. Für 7,4 Milliarden Euro übernimmt Bosch Teile des irischen Gebäudetechnik-Konzerns Johnson Controls, um sich global besser aufzustellen. Das Unternehmen erwartet, dass der weltweite Markt für diese Produkte bis 2030 um 40 Prozent wachsen wird.

Kurzarbeit bei Vaillant

Auch der Heiztechnik-Hersteller Vaillant spürt die Absatzflaute. Bereits Mitte Mai kündigte das Familienunternehmen an, weltweit rund 700 Stellen in der Verwaltung abzubauen, davon 300 in Deutschland. Grund dafür sei die Anpassung an die neue Nachfragesituation und die künftigen Markt- und Kundenanforderungen.

Die schwache Nachfrage wirkt sich auch auf die Produktion bei Vaillant aus: Im Juli sagte der Geschäftsführer von Vaillant Deutschland, Tillmann von Schroeter, dem Medienhaus Ippen, dass man mit rund 100 Personen in der Produktion noch in Kurzarbeit sei – von insgesamt 5.000 Beschäftigten in Deutschland. "Mittelfristig erwarten wir, dass das Geschäft mit Wärmepumpen wieder anziehen wird", so von Schroeter weiter.


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