Weltwirtschaft

Frostschäden und zu viel Hitze: Geringe Apfelernte treibt Preise für Lebensmittel

Lesezeit: 3 min
15.08.2024 14:42  Aktualisiert: 15.08.2024 15:02
Die Apfelernte fällt in diesem Jahr mau aus. Auch andere Obstsorten sind knapp. Für die Verbraucher dürfte das höhere Preise bedeuten - und nicht nur bei Tafeläpfeln.
Frostschäden und zu viel Hitze: Geringe Apfelernte treibt Preise für Lebensmittel
Äpfel der Sorte Sissyred liegen in der Kisten. Mit den Sommeräpfeln hat die diesjährige Ernte begonnen. Allerdings soll sie geringer ausfallen als im Jahr zuvor. (Foto: dpa)
Foto: Klaus-Dietmar Gabbert

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Wegen des ungünstigen Wetters und schlechter Ernten müssen Verbraucher in Deutschland mit steigenden Preisen für Äpfel und entsprechend verarbeitete Produkte rechnen. Die Apfelernte in Deutschland wird in diesem Jahr so gering ausfallen wie seit sieben Jahren nicht mehr, berichtet das Statistische Bundesamt. Auch andere Obstsorten sind in diesem Jahr rar.

Die Obstbaubetriebe erwarten eine weit unterdurchschnittliche Menge von 734.000 Tonnen, berichtet die Statistikbehörde auf der Grundlage einer Schätzung aus dem Juli. Das wären rund 22 Prozent weniger als im Vorjahr und läge 26,3 Prozent unter dem Durchschnitt der vergangenen zehn Jahre. Die Agrar-Informations-Gesellschaft AMI geht von einer etwas größeren Menge von um die 800.000 Tonnen aus.

Ernteausfälle bis zu 90 Prozent

Vor allem in den südöstlichen Bundesländern wie Thüringen und Sachsen haben Spätfröste dafür gesorgt, dass die Blüten erfrieren, Hagel zerstörte viele Fruchtansätze. Starke Niederschläge und die häufig feuchtkühle Witterung hemmten im weiteren Jahresverlauf die Entwicklung der Früchte. Die Ernteausfälle betragen bis zu 90 Prozent. In Nordrhein-Westfalen halbierte sich die Apfelernte im Vergleich zum Vorjahr. 2024 kommen daher voraussichtlich drei Viertel der deutschen Apfelernte aus den großen Anbaugebieten in Baden-Württemberg (Bodensee) und Niedersachsen (Altes Land). Die beiden Länder vereinen gut 60 Prozent der gesamtdeutschen Anbaufläche für Äpfel auf sich.

Im nahen Ausland sieht es etwas besser aus: Die diesjährige Apfelproduktion in Europa ist der AMI-Prognose zufolge nur elf Prozent geringer als im Vorjahr. Die Apfelernte begann im August. Wegen der Schätzung weiß die Branche nach eigenen Angaben vorher ziemlich genau, wie viel Obst auf den Markt kommt. Auch bei vielen anderen Früchten wie Kirschen, Birnen, Zwetschgen und Mirabellen sind demnach unterdurchschnittliche Ernten zu erwarten.

Äpfel sind laut AMI-Marktexperte Helwig Schwartau die beliebteste Obstsorte in Deutschland. Für Verbraucher werde zwar ein ausreichendes Angebot zur Verfügung stehen, es müssen jedoch etwa 100.000 Tonnen mehr importiert werden als bisher. Der durchschnittliche Ladenverkaufspreis dürfte um rund zehn Prozent zulegen und in der Regel die Marke von zwei Euro pro Kilo überschreiten, schätzt Schwartau. Für im Mittelmeerraum produzierte Sorten wie Golden Delicious oder Gala werden stabile Mengen erwartet, ein Defizit soll es bei aus dem Norden stammenden Sorten wie Jonagored (sic!)oder Elstar geben.

„Wasser ist der entscheidende Faktor“

„Wegen des Klimawandels müssen wir uns darauf einstellen, dass in den kommenden Jahren in Europa weniger Obst produziert wird“, sagt Schwartau. Um die Schwankungen bei Hitze und Frost auszugleichen, benötigten die Obstbauern Bewässerungsanlagen. „Wasser ist der entscheidende Faktor. Aber nicht in allen Regionen gibt es die nötigen Vorkommen.“

Auswirkungen haben die mageren Erträge auch auf verarbeitete Produkte wie Fruchtsäfte und Smoothies. Wie stark die Preissteigerungen beim Apfelsaft ausfallen, lasse sich bislang nicht sagen, teilt der Verband der deutschen Fruchtsaft-Industrie (VdF) mit. Die Verbraucher haben hierzulande schon 2023 weniger Fruchtsaft und -nektar getrunken. Grund dafür waren laut VdF die gestiegenen Preise. Der Preis für Apfelsaft liegt nach Angaben des Statistischen Bundesamtes aktuell 33 Prozent höher als 2020, der für Orangensaft sogar 57 Prozent.

Höhere Preise schwer durchsetzbar

Vor ähnlichen Problemen stehen die Apfelwein-Keltereien rund um Frankfurt, die ohnehin schon unter höheren Energiekosten leiden. „Für die Produktion ist es schwierig, die Äpfel zusammenzubekommen, die man für ein Jahr braucht", sagt Ralf Walther vom Verband der Hessischen Apfelwein- und Fruchtsaft-Keltereien. Die Früchte müssten dann aus anderen Regionen bezogen werden. „Das heißt, wir müssen tiefer in die Tasche greifen.“ Zugleich fehle den Kunden oftmals die Bereitschaft, mehr Geld auszugeben. „Sie wollen Gold haben, aber nur Blei bezahlen.“

Betroffen sind auch Hersteller von Apfelmus und Apfelmark, von Konfitüre, Marmeladen, Obstkonserven und fruchthaltigen Brotaufstrichen. Die Unternehmen müssten sich mit höheren Preisforderungen an den Handel wenden, wenn sie keine roten Zahlen schreiben wollen, sagte der Geschäftsführer des Bundesverbandes der Obst-, Gemüse- und Kartoffel-verarbeitenden Industrie (BOGK), Christoph Freitag.

Wie hoch die Preiserhöhungen für Verbraucher ausfallen, ließe sich bisher nicht sagen. Bei Kuchen und Gebäck mit Obst hält der Verband der Großbäckereien Preissteigerungen von bis zu fünf Prozent für möglich. Dies hänge jedoch auch von der Preisentwicklung bei anderen Zutaten wie Mehl und Zucker ab, sagt Geschäftsführer Tobias Schuhmacher.

Kleinere Pfirsiche und Aprikosen

Der BOGK beschreibt die Lage als „drastisch“. In Polen, dem wichtigsten Lieferland für Erdbeeren, wurde nur die Hälfte der sonst üblichen Menge geerntet. In anderen Ländern sei es ähnlich. Ein Ausweichen auf andere Obstsorten sei in diesem Jahr nicht möglich, weil diese ebenfalls knapp sind. So sind auch andere rote Beerenfrüchte betroffen, bei Pfirsichen und Aprikosen sind kleinere Früchte und Qualitätsprobleme die Folge der kühleren Witterung.

Weil so wenig Rohware verfügbar sei, könnten die üblichen Produktionsmengen nicht erreicht werden. Wegen der knappen Mengen sind die erhältlichen Früchte zudem deutlich teurer, sagt Verbandsgeschäftsführer Freitag. Daneben seien auch auf Kosten für die Produktion gestiegen – zum Beispiel für Energie, Personal und Logistik.


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