Unternehmen

Geschäftsklimaindex wieder trübe: Ifo sieht Stimmung deutscher Unternehmen "im Sinkflug"

Lesezeit: 3 min
26.08.2024 16:44  Aktualisiert: 01.01.2030 09:00
Die Wirtschaft befindet sich in der Dauerkrise: Deutsche Unternehmen sehen sich derzeit in einer schlechteren Lage als noch vor einem Monat – und das zum dritten Mal in Folge! Zukunftsaussichten? Pessimistisch! Das zeigt die Umfrage des ifo-Instituts im August. In einem Bereich ist die Stimmung besonders getrübt.
Geschäftsklimaindex wieder trübe: Ifo sieht Stimmung deutscher Unternehmen "im Sinkflug"
ifo-Geschäftsklimaindex für August gesunken – merklich im Verarbeitenden Gewerbe. Die Erwartungen der Unternehmen fielen auf den niedrigsten Wert seit Februar (Foto: dpa).
Foto: Bernd Weißbrod

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  

Die deutsche Wirtschaft ist wieder so schlecht gestimmt wie zuletzt im Februar. Die Stimmung der Unternehmen in Deutschland ist laut Umfrage des Münchner Ifo-Instituts auch im August weiter gefallen. Der Ifo-Geschäftsklimaindex sank auf 86,6 Punkte, nach 87,0 Punkten im Juli, wie das Institut mitteilte. Es ist bereits der dritte Rückgang des wichtigsten deutschen Konjunkturbarometers in Folge und der tiefste Stand seit Februar.

Prognose: Wirtschaft bleibt schwach

Die befragten rund 9.000 Führungskräfte beurteilten ihre aktuelle Geschäftslage schlechter und auch die Aussichten für die kommenden Monate pessimistischer als zuletzt. „Die Stimmung der Unternehmen ist im Sinkflug“, kommentierte ifo-Präsident Clemens Fuest die Daten. Die Unternehmen hätten erneut über rückläufige Auftragsbestände geklagt. Insbesondere die Investitionsgüterhersteller seien in einer schwierigen Lage. „Die deutsche Wirtschaft gerät zunehmend in die Krise“, sagte Fuest.

„Auftragslage mau, Nachfrage gering“

Im Verarbeitenden Gewerbe fiel der Index laut Ifo merklich: Die Unternehmen waren deutlich unzufriedener mit den laufenden Geschäften, ihre Erwartungen fielen auf den niedrigsten Wert seit Februar. Die Betriebe klagten erneut über rückläufige Auftragsbestände, wie das Ifo mitteilte. Insbesondere die Investitionsgüterhersteller sind in einer schwierigen Lage.

Auch im Dienstleistungssektor fiel das Geschäftsklima – vor allem wegen skeptischer Erwartungen. Die Beurteilung der aktuellen Lage verschlechterte sich laut Ifo leicht. Im Handel dagegen stieg das Geschäftsklima nach zwei Rückgängen in Folge wieder etwas an. Grund dafür waren die etwas weniger pessimistischen Erwartungen der Unternehmen.

Im Bauhauptgewerbe blieb der Geschäftsklimaindex unverändert. Auf der einen Seite waren die Unternehmen etwas weniger unzufrieden mit der aktuellen Lage. Auf der anderen Seite trübten sich ihre Erwartungen leicht ein, erläuterte das Institut.

„Kaum Lichtblicke“

Den erneuten Rückgang führte ifo-Ökonom Klaus Wohlrabe zum einen auf die Konsumzurückhaltung der Verbraucher zurück. „Der Konsum kommt nicht in die Gänge“, sagte der Leiter der ifo-Umfragen. „Die Verbraucher trauen dem Rückgang der Inflation noch nicht so richtig.“

Auch die Unternehmen hielten sich mit Ausgaben zurück. „Wir sehen eine Investitionsschwäche“, sagte der Experte. „Die ist getrieben durch wirtschaftspolitische Unsicherheit.“ Viele Unternehmen klagten zudem noch immer über einen Auftragsmangel, und zwar quer durch alle Branchen. Da auch die Exporterwartungen im August gesunken seien, dürfte die Auslandsnachfrage vorerst nicht zum Rettungsanker werden – trotz der robusten Weltkonjunktur. „Es gibt kaum Lichtblicke“, fasste Wohlrabe zusammen.

Verhindert der Konsum die Rezession?

Zuletzt hatte bereits der Einkaufsmanagerindex für die hiesige Privatwirtschaft enttäuscht: Das Barometer rutschte im August noch tiefer unter die Wachstumsschwelle von 50 Punkten, wie S&P Global jüngst mitteilte. Das deutsche Bruttoinlandsprodukt (BIP) ist nach einem Anstieg von 0,2 Prozent zu Jahresbeginn von April bis Juni um 0,1 Prozent zum Vorquartal geschrumpft. Die Bundesbank erwartet allerdings bisher keine Rezession, sondern im laufenden Sommerquartal ein leichtes Plus beim Bruttoinlandsprodukt.

„Das Geschäftsklima ist und bleibt viel trüber als in früheren Phasen, in denen das BIP stagnierte“, kommentierte KfW-Chefvolkswirtin Fritzi Köhler-Geib. „Meines Erachtens ist das zurzeit außergewöhnlich tiefe Klimaniveau vor allem eine Folge der großen Verunsicherung in den Unternehmen, die mit einer Vielzahl transformativer Herausforderungen und hartnäckiger globaler Krisen konfrontiert sind. Rein konjunkturell ist mit der wieder steigenden Kaufkraft zumindest eine moderate, zunächst vor allem vom Konsum gestützte Erholung angelegt.“

Ausblick

Michael Geiger, CEO von Libertex (Online-Broker): „Die deutsche Wirtschaft steht unter Druck, nachdem das Bruttoinlandsprodukt im zweiten Quartal um 0,1 Prozent schrumpfte. Auch das dritte Quartal beginnt nicht besser: Der Ifo-Geschäftsklimaindex fiel im Juli zum dritten Mal in Folge, und die Prognosen für August sind düster. Hohe Energiepreise und die angespannte Weltwirtschaft belasten die exportorientierte deutsche Wirtschaft – eine Rezession wird immer wahrscheinlicher. Um dies zu verhindern, sind Investitionen in Zukunftstechnologien und Infrastruktur, Bürokratieabbau, Erleichterungen bei der Fachkräftezuwanderung und Maßnahmen zur Stabilisierung der Energiepreise nötig. Diese Themen werden auch den Bundestagswahlkampf 2025 prägen.“

Der Ifo-Index basiert auf etwa 9000 monatlichen Meldungen von Unternehmen des Verarbeitenden Gewerbes, des Dienstleistungssektors, des Handels und des Bauhauptgewerbes. Die Unternehmen werden gebeten, ihre gegenwärtige Geschäftslage zu beurteilen und ihre Erwartungen für die nächsten sechs Monate mitzuteilen.

 

                                                                            ***

Mirell Bellmann schreibt als Redakteurin bei den DWN über Politik, Wirtschaft und Gesellschaft. Zuvor arbeitete sie für Servus TV und den Deutschen Bundestag.


Mehr zum Thema:  

 

DWN
Politik
Politik SPD-Kanzlerkandidat steht fest: Pistorius zieht zurück und ebnet Weg für Scholz
21.11.2024

Nach intensiven Diskussionen innerhalb der SPD hat Verteidigungsminister Boris Pistorius Olaf Scholz den Weg für die erneute...

DWN
Finanzen
Finanzen Bitcoin-Prognose: Kryptowährung mit Rekordhoch kurz vor 100.000 Dollar - wie geht's weiter?
21.11.2024

Neues Bitcoin-Rekordhoch am Mittwoch - und am Donnerstag hat die wichtigste Kryptowährung direkt nachgelegt. Seit dem Sieg von Donald...

DWN
Panorama
Panorama Merkel-Buch „Freiheit“: Wie die Ex-Kanzlerin ihre politischen Memoiren schönschreibt
21.11.2024

Biden geht, Trump kommt! Wer auf Scholz folgt, ist zwar noch unklar. Dafür steht das Polit-Comeback des Jahres auf der Tagesordnung: Ab...

DWN
Politik
Politik Solidaritätszuschlag: Kippt das Bundesverfassungsgericht die „Reichensteuer“? Unternehmen könnten Milliarden sparen!
21.11.2024

Den umstrittenen Solidaritätszuschlag müssen seit 2021 immer noch Besserverdiener und Unternehmen zahlen. Ob das verfassungswidrig ist,...

DWN
Finanzen
Finanzen Bundesbank: Konjunkturflaute, Handelskonflikte, leere Büroimmobilien - Banken stehen vor akuten Herausforderungen
21.11.2024

Eigentlich stehen Deutschlands Finanzinstitute in Summe noch ganz gut da – so das Fazit der Bundesbank. Doch der Blick nach vorn ist...

DWN
Finanzen
Finanzen Von Dividenden leben? So erzielen Sie ein passives Einkommen an der Börse
21.11.2024

Dividenden-ETFs schütten jedes Jahr drei bis vier Prozent der angelegten Summe aus. Wäre das auch was für Ihre Anlagestrategie?...

DWN
Politik
Politik Weltstrafgericht erlässt auch Haftbefehle gegen Netanjahu und Galant - wegen Kriegsverbrechen im Gaza-Streifen
21.11.2024

Der Internationale Strafgerichtshof hat Haftbefehle gegen Israels Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu, den früheren...

DWN
Politik
Politik US-Staatsapparat: Tech-Milliardär Elon Musk setzt auf Technologie statt Personal - Unterstützung bekommt er von Trump
21.11.2024

Elon Musk soll dem künftigen US-Präsidenten Trump dabei helfen, Behördenausgaben zu kürzen und Bürokratie abzubauen. Er gibt einen...