Politik

Ost-Wahlen: Baerbocks Wahlkampf mit Merkels Worten „Wir schaffen das“

Lesezeit: 3 min
30.08.2024 11:02  Aktualisiert: 01.01.2030 09:00
Wahlkampfendspurt: Annalena Baerbock beendete ihre Rede in Chemnitz ausgerechnet mit den Merkel-Worten „Wir schaffen das“ und rief zu Zuversicht im Ost-Wahlkampf auf – trotz katastrophaler Umfragewerte der Grünen in Sachsen und Thüringen. Ist das als Anbiederung an Sachsens Ministerpräsident Kretschmer zu verstehen? Zugleich warnte die Grünenpolitikerin wieder, es würde auf „jede Stimme ankommen“, um den Einfluss vermeintlich extremistischer Parteien zu begrenzen.
Ost-Wahlen: Baerbocks Wahlkampf mit Merkels Worten „Wir schaffen das“
Annalena Baerbock (Bündnis 90/Die Grünen), Außenministerin, spricht zum Wahlkampftag der sächsischen Grünen im Kino Metropol. (dpa: Foto)
Foto: Bodo Schackow

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„Wir schaffen das“ – mit den Worten der Ex-Kanzlerin Angela Merkel zur Flüchtlingskrise 2015, beendete Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne Partei) ihre Rede am Mittwochabend bei einer Wahlveranstaltung im Chemnitzer Kino Metropol, wie die Welt berichtete. Zutritt gab es nur per vorheriger Anmeldung.

Die sächsischen Grünen hatten zu einer Wahlkampfveranstaltung eingeladen und Baerocks Botschaft an dem Abend war klar und eindeutig: „Auch wenn viele es verhetzten“: Man würde es „immer wieder schaffen“, weil die Grünen Menschen seien, „die gemeinsam kooperieren können“. Auch wenn das Parteiprogramm der Grünen nicht perfekt sei, sei Wählen ein Geschenk und die Grünen würden bis zur letzten Minute kämpfen.

„Auch wenn es viele verhetzen: Wir schaffen das“

Inmitten eines Ost-Wahlkampfs, in dem die Grünen in Sachsen und Thüringen mit schwachen Umfragewerten zu kämpfen haben, versuchte Baerbock die Lage, als weniger aussichtslos darzustellen, als sie eigentlich ist: Die Grünen stehen aktuell in Sachsen bei fünf Prozent, in Thüringen sogar nur bei drei Prozent.

Die Partei könnte bei beiden Landtagswahlen aus den Landesregierungen und Landtagen fliegen. Deshalb Baerbocks größte Sorge: Ein Landtag, in dem nur noch die CDU, die AfD und das BSW vertreten sind. Deutschland hätte dann ein Problem – bei der Unterstützung der Ukraine, aber auch auf den Philippinen oder in Afrika. „Ihr macht ein Anwerbeprogramm für Fachkräfte. Aber bin ich in Deutschland wirklich sicher? Diese Fragen kriege ich immer wieder“, erklärte Baerbock auf der Wahlveranstaltung.

Deshalb ihr Appell an die Wähler, sich bewusst zu machen, welche Konsequenzen ein Wahlerfolg der AfD und BSW haben könnte und welche Gefahren solch eine Entwicklung auch für die demokratischen Grundwerte darstellen.

Migrationspolitik: Grüne Partei macht „weiter so“

Im Gegensatz zur Ukraine-Politik positioniert sich Baerbock beim Thema Innere Sicherheit alles andere als deutlich. „Wenn man nicht weiß, was es auch noch als Alternative gibt, dann investiert man offensichtlich nicht in Sicherheit“, sagt Baerbock, ohne dass klar ist, was für Alternativen sie eigentlich meint oder ob sie sich damit für stärkere Investitionen in Polizei oder Grenzschutz starkmachen möchte.

Zu Abschiebungen nach Afghanistan und Syrien, die Baerbock in einem Interview am Mittwochmorgen als schwierig, aber in Einzelfällen möglich bezeichnet hatte, sagt im Kino Metropol niemand etwas. Ebenso wenig zu der Debatte um Messerverbotszonen oder zur Frage, ob Deutschland sich in der Asylpolitik stärker an Dänemark orientieren sollte. Wie sehr die Grünen am bisherigen Kurs in der Migrationspolitik festhalten, bringt eine grüne Kandidatin aus Chemnitz auf den Punkt: „Das Boot ist nicht voll, es ist nur wahnsinnig schlecht organisiert.“

Zuckerbrot und Peitsche für Sachsens CDU

Die Außenministerin Annalena kritisierte auch den sächsischen Ministerpräsidenten Michael Kretschmer: „Wenn man sich die ganze Zeit so intensiv mit Außenpolitik beschäftigen kann, dann scheint es ja keine anderen Probleme in Sachsen zu geben“, so Baerbock. Dafür lobt sie die Ansiedlung des Chipherstellers TSMC in Dresden oder die Zusammenarbeit mit den Nachbarländern Polen und Tschechien. Denn wenn die Grünen wieder in den Landtag einziehen sollten, ist klar, dass sie aufgrund der komplizierten Mehrheitsverhältnisse wahrscheinlich weiter mit der CDU regieren müssen.

Die Veranstaltung drehte sich auch um die Frage, wie die Grünen ihre Positionen in einer zunehmend polarisierten politischen Landschaft verteidigen können. Die anschließende Fragerunde, in der Baerbock und die sächsischen Spitzenkandidaten auf zuvor eingereichte Fragen antworteten, rückte erneut die Themen Sicherheit und Demokratie in den Mittelpunkt. Laut der Grünenpolitikerin würde es auf „jede Stimme ankommen“, um den Einfluss vermeintlich extremistischer Parteien zu begrenzen.

Zum Ende appellierte Baerbock nochmals an den Zusammenhalt der demokratischen Kräfte. Sie betonte, dass die bevorstehenden Wahlen entscheidend seien für die Zukunft Deutschlands und rief die Wähler dazu auf, ihre Stimme abzugeben, um eine Regierungsbeteiligung von AfD und BSW zu verhindern.

Historischer Wahltag

Am 1. September wählt Sachsen einen neuen Landtag. Die letzten Umfragewerte zeigen, dass Linke, Grüne und SPD bei 5 Prozent stehen, während die AfD auf 32 Prozent kommt. Die CDU liegt mit 29 Prozent leicht dahinter. Das neu gegründete BSW würde mit 15 Prozent den Einzug in den Landtag schaffen. Die FDP würde mit 2 Prozent den Einzug in den Landtag klar verpassen. Damit stehen alle Ampelparteien entweder auf der Kippe oder würden den Einzug klar verpassen.

Noch nie in der Geschichte der Bundesrepublik haben alle Parteien, die an der Bundesregierung beteiligt waren, den Einzug in einen Landtag verpasst. Ebenfalls ein Novum wäre es, wenn die SPD nicht in einen Landtag einziehen würde. Ihr bisher schlechtestes Ergebnis holte die SPD 2019 in Sachsen. Damals entschieden sich 7,7 Prozent der Sachsen für die Sozialdemokraten, womit die Partei auch die kleinste Fraktion im sächsischen Landtag wurde. Für die Linkspartei wäre der verpasste Einzug in einen ostdeutschen Landtag ebenfalls ein Novum.

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Mirell Bellmann schreibt als Redakteurin bei den DWN über Politik, Wirtschaft und Gesellschaft. Zuvor arbeitete sie für Servus TV und den Deutschen Bundestag.


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