Unternehmen

Umweltbundesamt verweigert CO2-Zertifikate: Betrug in China erschüttert deutsche Unternehmen

Das Umweltbundesamt hat deutschen Unternehmen in einem Fall von mutmaßlichem Betrug in China die Ausstellung von CO2-Zertifikaten verweigert. Betroffen sind acht Klimaschutz-Projekte in China, bei denen Unregelmäßigkeiten nachgewiesen wurden.
06.09.2024 10:11
Aktualisiert: 06.09.2024 10:11
Lesezeit: 2 min

Diese acht verweigerten Zertifikate hätten einer Einsparung von 215.000 Tonnen CO2 entsprochen, die sich die Unternehmen auf ihre Klimabilanz anrechnen lassen wollten. Das teilte die Behörde am Freitag mit.

Hintergrund ist ein im Juni aufgedecktes Betrugssystem, in das deutsche Mineralölkonzerne involviert sein sollen. Genauere Informationen zu den betroffenen Unternehmen könne das Umweltbundesamt (UBA) aus rechtlichen Gründen nicht mitteilen, so ein Sprecher gegenüber der dpa.

UBA schaltet internationale Kanzlei ein

Von den acht Projekten wurden bei sieben die Anträge auf CO2-Zertifikate zurückgezogen, da es "erhebliche rechtliche und technische Unstimmigkeiten" gab, so das UBA. Ein weiteres Projekt erhielt kein Zertifikat, weil es "vorzeitig" gestartet wurde und damit gegen die Regeln verstieß.

Neben eigenen Untersuchungen und den Ermittlungen der Berliner Staatsanwaltschaft hat das UBA auch eine internationale Anwaltskanzlei eingeschaltet, um die vermuteten Betrugsfälle zu untersuchen. Diese sei auch in China aktiv, teilte das UBA weiter mit. In einem nächsten Schritt sollen 13 weitere Projekte geprüft werden.

Insgesamt stehen laut UBA-Angaben 40 von 69 China-Projekten unter Verdacht. Neue Projekte wird es zunächst nicht geben: Bundesumweltministerin Steffi Lemke ließ aufgrund der Verdachtsfälle ab dem 1. Juli alle Neuanträge stoppen.

Mineralölkonzerne manipulieren ihre Klima-Bilanz

Die bisherigen Untersuchungen deuten darauf hin, dass sich die Unternehmen in China CO2-Zertifikate anrechnen ließen, obwohl bei den betreffenden Projekten kaum eine reale CO2-Reduktion stattgefunden hat. Teilweise seien die Projekte nicht existent gewesen oder die angebliche CO2-Einsparung habe nicht der Realität entsprochen, hieß es.

Möglich wurde der Betrug durch einen Mechanismus, der es Mineralölkonzernen in Deutschland erlaubt, über Klimaschutzprojekte in China ihre gesetzlichen Klimaziele zu erfüllen. Indem sie in China Emissionsminderungen finanzieren, können sie sich diese bei entsprechender Anerkennung der CO2-Zertifikate auf ihre deutsche Klimabilanz anrechnen lassen.

Diese sogenannten "Upstream Emission Reduction"-Projekte (UER) werden dann auf die Treibhausgasminderungsquote im Verkehr angerechnet. Dadurch sparen die Konzerne auch Geld, da sie ihre Quote einhalten.

Ermittlungen in China erschwert

Das Umweltbundesamt ist verantwortlich für die abschließende Freischaltung der CO2-Zertifikate. Die Behörde betonte erneut, dass es oft sehr schwierig sei, Missbrauch aus der Ferne und anhand von Satellitenbildern oder eingereichten Dokumenten zu beweisen. Daher wurde die internationale Anwaltskanzlei eingeschaltet.

Umweltministerin Steffi Lemke hatte die Vorfälle als "schwere Umweltkriminalität" bezeichnet und umfassende Aufklärung versprochen. Kurze Zeit später suspendierte das UBA einen seiner zuständigen Mitarbeiter.

Im Juli wurden im Auftrag der Berliner Staatsanwaltschaft in Bayern und Nordrhein-Westfalen Durchsuchungen bei Unternehmen durchgeführt, die Umweltgutachten erstellen – darunter auch zu den umstrittenen CO2-Zertifikaten. Ermittlungen laufen gegen 17 Personen wegen Verdachts des gewerbsmäßigen Betrugs.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt

 

 

X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.

E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung sowie die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Finanzen
Finanzen Bitcoin-Kurs rutscht zum Wochenstart ab: Liquidationswelle bringt Kryptowährungen unter massiven Druck
01.12.2025

Der Bitcoin-Kurs startet tiefrot in den Dezember: Ein Wochenend-Schock hat den Markt binnen Stunden umgekrempelt. Liquidationen rollen auf...

DWN
Politik
Politik Heuchelei als Strategie: Warum ausgerechnet Trumps Freunde den größten Beitrag zu Russlands Kriegskasse leisten
01.12.2025

Donald Trump wirft Europa vor, Putins Krieg gegen die Ukraine mitzufinanzieren. Doch die Fakten zeigen etwas anderes: Nicht Brüssel oder...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Ostdeutschland setzt auf Wasserstoff – Länder planen gemeinsames Versorgungsnetz
01.12.2025

Die ostdeutschen Bundesländer wollen gemeinsam ein Wasserstoff-Verteilnetz aufbauen, um Kommunen, Industrie und Gewerbe besser mit...

DWN
Finanzen
Finanzen Neue Studie: Grüne Fonds unterscheiden sich nur minimal von traditionellen Produkten
01.12.2025

Viele Anleger erwarten, dass nachhaltige Fonds klare Alternativen zu traditionellen Produkten bieten und Kapital in verantwortungsvollere...

DWN
Finanzen
Finanzen Goldpreis-Prognose: Experten sehen weiterhin Potenzial am Markt
30.11.2025

Die Entwicklung am Goldmarkt sorgt derzeit für besondere Aufmerksamkeit, da viele Anleger Orientierung in einem zunehmend unsicheren...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Europas Start-ups: Talente ziehen lieber in die USA statt nach Europa
30.11.2025

Immer mehr europäische Start-ups verlagern ihre Aktivitäten in die USA, um dort leichter an Risikokapital zu gelangen. Kann Europa durch...

DWN
Politik
Politik Militärischer Schengen-Raum: Wie die EU die Truppenmobilität beschleunigen will
30.11.2025

Die sicherheitspolitischen Spannungen in Europa erhöhen den Druck auf die EU, ihre militärische Handlungsfähigkeit neu auszurichten. Wie...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Digital Champions: Das sind die neuen deutschen Tech-Vorbilder
30.11.2025

Von Leipzig bis Heidelberg entsteht eine Generation von Startups, die KI-Forschung in Markterfolg übersetzt. Digitale Champions wie Aleph...