Finanzen

Größere Summe anlegen: Wie investiert man 100.000 Euro in Aktien?

Lesezeit: 6 min
15.09.2024 16:01
Trotz der Bedeutung von Aktien für den langfristigen Vermögensaufbau investieren die meisten Deutschen immer noch nicht in Einzelaktien oder Fonds. Stattdessen setzen deutsche Privathaushalte auf konservativere Geldanlagen wie Bankeinlagen und Versicherungen, was oft zu geringeren Renditen führt. Experten empfehlen einfache Lösungen wie Aktien-ETFs.
Größere Summe anlegen: Wie investiert man 100.000 Euro in Aktien?
Laut einer Studie des Deutschen Aktieninstituts besitzen nur 18 Prozent der über 13-Jährigen Aktien. (Foto: iStock.com, Tendo23)
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Laut dem Deutschen Aktieninstitut investieren nur wenige Deutsche in Einzelaktien oder Aktienfonds. Im Jahr 2023 waren es gerade einmal 18 Prozent der Über-13-Jährigen. 82 Prozent besaßen also keine Aktien.

Stattdessen investieren die deutschen Privathaushalte rund 70 Prozent ihres Geldvermögens - also alle Geldanlagen außer Immobilien - in Bankeinlagen und Versicherungen, wie Zahlen der Bundesbank zeigen (Stand: 31. März 2024). Aktien und Investmentfonds machten wertmäßig nur ein Viertel aus.

Die inflationsbereinigte Rendite ist denn auch laut den Zahlen sehr gering. In kaum einem Quartal zwischen 2015 und Anfang 2024 betrug sie mehr als 2 Prozent. Im Schnitt lag sie augenscheinlich bei null über die gesamten zehn Jahre.

Es reicht bereits ein Aktien-ETF

Dabei ist ein Investment in Aktien laut Finanzexperten gar nicht so kompliziert. Es reiche bereits ein einziger Aktien-ETF aus, erklären zwei sogenannte Honorar-Finanzanlagenberater übereinstimmend gegenüber DWN

Honorar-Finanzanlagenberatern ist es gesetzlich verboten, Vertriebsprovisionen und andere Vorteile von den Anbietern von Fonds und anderen Finanzprodukten anzunehmen. Sie beraten ihre Kunden einzig gegen ein Honorar. Deutschlandweit gibt es bloß circa 300 von ihnen.

„Auf der Aktien-Seite würden sich zum Beispiel ETFs auf die Indizes MSCI ACWI (IMI) oder FTSE All-World anbieten, welche sowohl Industrie- als auch Schwellenländeraktien abbilden“, erklärt etwa Honorarberater Kevin Kronauer von finsparent.

Er halte bei der Geldanlage die Regel „Keep it simple stupid“ für sinnvoll. Ein einziger ETF genüge bereits - „komplizierter muss es nicht werden“, erklärt Kronauer. Ein ETF begrenze den Aufwand.

Auch der Honorarberater Klaus Porwoll von Pecuniars hält Aktien-ETFs für eine gute Wahl, etwa einen einzigen ETF auf den MSCI ACWI oder den FTSE All-World. Wissenschaftliche Erkenntnisse legten nahe, dass Anleger am besten breit diversifiziert in den Aktienmarkt investieren sollten.

Das gehe zwar auch über aktiv gemanagte Fonds, aber ETFs seien kostengünstig. Außerdem gebe es „zahlreiche Untersuchungen, die belegen, dass die weit überwiegende Mehrzahl der aktiven Fonds nach Kosten schlechter abschneidet als der jeweilige Marktindex“, erklärt der Berliner.

Etwa lagen laut dem Aktiv-Passiv-Barometer 2023 von Morningstar nur rund 10 Prozent der aktiven Fonds auf Sicht von 20 Jahren vor einem passiven ETF (zur Mitte 2023). Das gilt für Aktien- und Anleihenfonds. Das Fondsanalyseunternehmen untersuchte dabei fast 26.000 Fonds und ETFs aus Europa.

Experten raten zudem davon ab, auf die aktiven Fonds zu setzen, die in der Vergangenheit besonders gut gelaufen sind. Können lasse sich bei Fondsmanagern kaum von Glück unterscheiden - selbst wenn der Fondsmanager bereits fünf Jahre und mehr den Markt geschlagen habe.

Es gibt denn auch Fondsmanager, die mehr als zehn Jahre outperformten, um anschließend deutlich hinter einen Vergleichsindex zu fallen - etwa Bill Miller (15 Jahre in Folge besser als der S&P 500) oder Julian Robertson (18 Jahre Outperformance).

Vorteile der ETFs

Auch Investments in Einzelaktien halten Porwoll und Kronauer für weniger sinnvoll. Wer das wolle, solle das mit etwas Spielgeld tun, erklärt Klaus Porwoll. „Es ist aber, wie sich immer wieder zeigt, sehr schwer mit einer eigenen Einzeltitelauswahl den Markt zu schlagen.“

ETFs bieten zwar keine Mehrrendite gegenüber dem Markt, führt Porwoll aus. „Aber der Anleger bekommt genau das, was die Produkte versprechen: Die Marktrendite abzüglich der Kosten.“

Mit dieser Marktrendite dürften ETF-Anleger am Ende vor den meisten anderen Investoren liegen. Das gilt zumindest, wenn sie eine passive Buy-and-Hold-Strategie verfolgen. Das bedeutet, sie kaufen ETF-Anteile regelmäßig nach, ohne einen Sparplan in Krisen auszusetzen oder auf künftige Kursentwicklungen zu spekulieren.

Wer das seit dem Jahr 1900 gemacht hätte, der hätte eine inflationsbereinigte Rendite von 5 Prozent pro Jahr eingefahren. Um so viel wäre ein Portfolio mit Aktien aus 35 Industrie- und Schwellenländern gestiegen, wie die Studie „Global Investment Returns Yearbook 2023“ zeigt. Und das trotz zweier Weltkriege, unzähligen Wirtschaftskrisen und Phasen hoher Inflation.

Dazu kommt bei Buy and Hold ein steuerlicher Vorteil: Kursgewinne müssen nicht sofort versteuert werden, sondern erst bei Verkauf der ETF-Anteile. Es bleibt mehr Vermögen im ETF, das weitere Zugewinne abwerfen kann.

Außerdem sind ETFs viel günstiger als die meisten anderen Finanzprodukte. Etwa werden bei aktiven Fonds rasch 1,5 Prozent pro Jahr an Gebühren fällig. Bei weltweit streuenden ETFs sind es meist weniger als 0,25 Prozent.

Dadurch hat ein ETF-Investor nach 20 Jahren 21 Prozent mehr Nettoendvermögen als ein Anleger, der in aktive Fonds investiert und die gleiche Rendite wie der ETF-Anleger einfährt (Annahme: Rendite vor Kosten von 7 Prozent pro Jahr, keine Kirchensteuer). Geht man von einer Rendite von 3,5 Prozent nach Steuern, Kosten und Inflation aus, hätte sich das Geld in einem Aktien-ETF nach 20 Jahren verdoppelt.

Richtiges Anlageverhalten

Um die hohen Renditen einzufahren, müssten Anleger einen Sparplan aber langfristig durchhalten und „unabhängig von der Entwicklung am Kapitalmarkt einfach weiterlaufen lassen“, erklärt Klaus Porwoll.

Überhaupt sollten alle aktiven Handlungen auf ein Minimum reduziert werden, betont Kevin Kronauer. „Ausnahmen davon können ein Rebalancing sein oder eine Anpassung des kompletten Portfolios, sofern sich die grundsätzlichen persönlichen Lebensumstände und finanziellen Ziele verändert haben.“

Rebalancing meint dabei das regelmäßige Zurückstellen auf die ursprüngliche Vermögensaufteilung - zum Beispiel auf 60 Prozent Aktien und 40 Prozent Zinsanlagen an einem festen Kalendertag im Jahr.

Einen größeren Einmalbetrag kann man laut Klaus Porwoll auf einen Schlag investieren oder in mehrere Tranchen aufteilen. „Soweit es Investments von größeren Einzelbeträgen betrifft, weisen wissenschaftliche Untersuchungen nach, dass man damit – unabhängig vom Einstiegszeitpunkt – langfristig nicht schlechter wegkommt als mit einem Sparplan.“ Setze man auf mehrere Tranchen, solle man sich bereits im Voraus auf fixe Kaufzeitpunkte festlegen und den Plan unabhängig von der Marktentwicklung durchziehen.

Wer es anspruchsvoller möchte, kann laut Porwoll und Kronauer mehrere ETFs kaufen. Etwa kombinieren viele Anleger einen ETF mit Industrieländer-Aktien mit einem Schwellenländer-ETF, etwa im Verhältnis von 80 zu 20. So möchten sie das Gewicht der USA und der großen Tech-Konzerne reduzieren.

Diese machen in Welt-ETFs, die die Unternehmen rein nach ihrem Börsenwert gewichten, einen hohen Anteil aus. So stehen die USA für 60 bis 70 Prozent je nach Index. Die IT-Branche macht bis zu einem Viertel aus, wobei allein Apple, Microsoft und Nvidia über 10 Prozent Gesamtgewicht haben.

Laut Kronauer und Porwoll hängt die Entscheidung aber von der Risikoneigung und den Vorlieben ab. Was künftig besser laufen werde, könne niemand voraussagen, erklärt Kevin Kronauer. Bereits vor fünf Jahren hätten manche den US-Aktien eine enttäuschende Performance vorausgesagt, aber diese hätten „in der Zwischenzeit nicht underperformed“.

Welche ETFs kommen infrage?

Ein ETF, der die gesamte Weltwirtschaft abbildet, ist der Vanguard FTSE All-World (ISIN: IE00BK5BQT80). Er investiert in knapp 4000 Unternehmen aus 47 Industrie- und Schwellenländern und verwaltet Anlegergelder von 12 Milliarden US-Dollar.

Die Kostenquote (TER) liegt bei 0,22 Prozent pro Jahr. Bei einem Investment von 100.000 Euro gehen also 22 Euro pro Jahr für die Verwaltung an Vanguard, den zweitgrößten Vermögensverwalter der Welt. Die Gebühren entnimmt der Anbieter aus dem Fondsvermögen.

Der ETF reinvestiert die Dividenden automatisch (thesaurierender ETF). Bei größeren Beträgen ab dem mittleren fünfstelligen Bereich ist das ein steuerlicher Vorteil, weil Anleger die Gewinnausschüttungen nicht sofort versteuern müssen.

Die Steuern führt ein deutscher Depotanbieter automatisch ans Finanzamt ab, ohne dass sich Anleger kümmern müssen. Wer einen Freibetrag von bis zu 1000 Euro pro Jahr geltend machen will, kann dies mit einem Freistellungsauftrag gegenüber dem Depotanbieter tun. Dazu muss er das einseitige Dokument auf der Internetseite des Depotanbieters herunterladen (oder beim Kundenservice erfragen) und an den Depotanbieter senden.

Eine Alternative ist der SPDR MSCI ACWI IMI (ISIN: IE00B3YLTY66). Dieser bildet rund 99 Prozent der Aktienmärkte in 47 Industrie- und Schwellenländern ab. Beim Vanguard-ETF sind es circa 93 Prozent, weil etwas weniger kleine Unternehmen (Small Caps) enthalten sind. Der SPDR-ETF ist außerdem etwas günstiger (TER von 0,17 Prozent).

Eine weitere Alternative könnte eine Mischung aus einem Industrie- und einem Schwellenländer-ETF sein - etwa im Verhältnis von 80 zu 20. Vanguard bietet zum Beispiel zwei entsprechende thesaurierende ETFs an (IE00BK5BQV03, IE00BK5BR733).

Laut Klaus Porwoll kann man auch drei ETFs mischen: Zwei zu je 40 Prozent mit großen Unternehmen aus Europa und den USA und einer zu 20 Prozent mit großen Unternehmen aus Asien.

Bevor es an die Geldanlage gehe, solle man aber erst die grundlegenden Fragen klären, betont Kevin Kronauer. „Was ist mein finanzielles Ziel? Welcher Anlagehorizont ergibt sich daraus? Verfüge ich bereits über einen Notgroschen und/oder kommt es kurzfristig zu einem erhöhten Liquiditätsbedarf?“, erklärt der Heppenheimer.

Die Geldanlage orientiere sich an den Antworten zu diesen Fragen und „sollte durch ein solides Grundlagenwissen zur Geldanlage untermauert werden, um nicht in der ersten kleinen Finanzkrise alles über den Haufen zu werfen.“

Wer etwas weniger Risiko wünscht, kann einen Teil des Geldes auf einem Tages- oder Festgeldkonto parken oder einen Geldmarkt-ETF kaufen, etwa mit deutschen Staatsanleihen mit einer Restlaufzeit von maximal 12 Monaten. Bei einer Bankeinlage sollte man allerdings darauf achten, nie mehr als 100.000 Euro bei einer Bank zu parken, um weiter unter die gesetzliche Einlagensicherung zu fallen.

                                                                            ***

Elias Huber arbeitet als freier Journalist in Frankfurt am Main und schreibt vor allem über Konjunktur, Edelmetalle und ETFs sowie die ökonomische Lehre der Österreichischen Schule. 


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