Für Millionen Versicherte wird es Anfang kommenden Jahres deutlich teurer – die Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung werden steigen. „In der Gesundheitspolitik stehen wir vor einem Herbst der Reformen“, sagte Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) in der Haushaltsdebatte. Spürbar wird das vor allem im Geldbeutel.
Für 2025 rechnet der Spitzenverband der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) mit einem Zusatzbeitragssatz in Höhe von mindestens 2,3 Prozent, also mit 0,6 Prozentpunkten mehr als in diesem Jahr. Und dabei sind kommende Gesetzesvorhaben wie die kostenträchtige Krankenhausreform noch nicht einmal berücksichtigt. Die könnten den GKV-Beitrag zusätzlich um 0,1 Prozent erhöhen.
Beitragsbemessungsgrenze wird angehoben
Neben der Erhöhung der Kranken- und Pflegeversicherung kommt ein weiterer Punkt hinzu, der tiefer in die Taschen der Versicherten greift: Auch die Beitragsbemessungsgrenze soll angehoben werden. Die Beitragsbemessungsgrenze ist der maximale Betrag des Einkommens, bis zu den Sozialversicherungsbeiträgen berechnet werden. Das Einkommen über diese Grenze hinaus bleibt beitragsfrei.
Wie aus dem Referentenentwurf des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales hervorgeht, sollen künftig Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung bis zu einem Monatseinkommen von 8.050 Euro gezahlt werden. Derzeit liegt diese Grenze niedriger und unterscheidet sich zwischen Ost und West: Im Westen beträgt sie 7.550 Euro und im Osten 7.450 Euro pro Monat. Die Beitragsbemessungsgrenze für die gesetzliche Kranken- und Pflegeversicherung soll auf 5.512,50 Euro steigen. Derzeit zahlen Gutverdiener Beiträge auf ihr Einkommen bis 5.175 Euro im Monat.
Beispielrechnung: Wer im kommenden Jahr den Höchstsatz von 5.512,50 Euro brutto verdient, zahlt ab Januar im Monat 44 Euro mehr. Über das Jahr sind das 528 mehr Ausgaben. Der Anstieg der Pflegeversicherung ist in diesem Rechenbeispiel noch nicht berücksichtigt.
Lauterbach: „Wir werden wohl einen Anstieg sehen“
Dass es für Versicherte ab dem kommenden Jahr teurer werden könnte, hatte Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) schon im August in einem Interview mit der Zeitschrift „Stern“ zugegeben. „Wir werden wohl einen Anstieg sehen“, so Lauterbach damals. Was das konkret bedeutet, dazu äußert sich Lauterbach bis heute nicht. Der Minister erklärt die voraussichtliche Erhöhung damit, dass in der Vergangenheit wichtige Reformen, wie zum Beispiel im Krankenhausbereich, versäumt wurden.
„Jetzt ist die Phase, in der wir Geld in die Hand nehmen müssen, auch das der Beitragszahler.“, so Lauterbach im Interview weiter. Nur so seien Strukturreformen möglich, die langfristig die Kosten dämpfen könnten. Gesundheitsminister Lauterbach plant, die zukünftige Struktur der Krankenhauslandschaft über einen Transformationsfonds zu finanzieren, der zur Hälfte von den Ländern und zur anderen Hälfte von den gesetzlich Versicherten getragen werden soll.
Bundesrechnungshof kritisiert Finanzierung
Scharfe Kritik an den Plänen Lauterbachs zur Krankenhausreform kam vom Bundesrechnungshof. „Die Finanzierung von Krankenhausstrukturen ist nicht Aufgabe der GKV“, heißt es im Bericht zur Vorbereitung der parlamentarischen Beratungen zum Bundeshaushalt 2025, aus dem die „Ärztezeitung“ Anfang September zitierte. Die Gesetzliche Krankenversicherung trage im dualen Finanzierungssystem nur die Kosten für die konkrete Behandlung ihrer Versicherten und den Betrieb der Krankenhäuser.
„Die Länder sind zuständig für die Finanzierung der Krankenhausstrukturen. Ihre Entlastung ist angesichts der seit Jahren anwachsenden, erheblichen Lücke zwischen notwendigen und tatsächlichen Investitionen kaum verständlich“, schreibt der Bundesrechnungshof weiter.
Diese Unterstützung setzt sich zusammen aus den Ausgleichszahlungen für Krankenhäuser (19 Milliarden Euro), dem Coronaversorgungsaufschlag (drei Milliarden Euro), dem Krankenhauszukunftsfonds (vier Milliarden Euro) und den Energiehilfen (sechs Milliarden Euro).
GKV: Gleichmütigkeit statt Maßnahmenkatalog
Auch der GKV-Spitzenverband warnt vor stark steigenden Kosten. Auf Kritik des Verbandes stößt vor allem die offensichtlich empfundene Gleichgültigkeit, mit der Lauterbach den Anstieg der Zusatzbeiträge ankündigt. „Anstatt einen Maßnahmenplan vorzulegen, wie die Versorgung der rund 75 Millionen gesetzlich Versicherten wieder auf eine solide finanzielle Basis gestellt werden kann, kündigt er anscheinend gleichmütig immer weiter steigende Zusatzbeiträge an.“
In den letzten zehn Jahren habe die Gesetzgebung die Ausgaben immer weiter in die Höhe getrieben. „Einfach die Augen zu verschließen und weitermachen“ sei keine Lösung. Für das Gesamtjahr 2024 rechnet der Verband mit einem Defizit von vier bis 4,5 Milliarden Euro.
Aus NRW hingegen kommt politische Unterstützung für die Anhebung der Betragsgrenze. In einem Interview mit der Ärztezeitung sagte der stellvertretende CDU-Bundesvorsitzende Karl-Josef Laumann mit Blick auf die Höhe der GKV-Beiträge: „Gut verdienende Arbeitnehmer zahlten wegen der Beitragsbemessungsgrenze nur auf einen Teil ihres Einkommens Beiträge für die Krankenkassen. Jemand mit einem kleinen Einkommen zahlt dagegen auf sein ganzes Einkommen Sozialbeiträge und Steuern.“