Der veränderte Zinskorridor, nachdem den angekündigten Zinssenkungen der Europäische Zentralbank erst im Juni und dann wieder im September dieses Jahres, hat Auswirkungen auf den Immobilienmarkt: Dem Immoscout24-September 2024 Zinskommentar zufolge sind die Bauzinsen in den letzten Wochen stabil geblieben und teilweise sogar gesunken. Im Vergleich zum Vorjahr, als die Zinsen teilweise bei 4,2 Prozent lagen, ist das aktuelle Niveau deutlich günstiger.
Sollten Interessenten jetzt eine Finanzierung abzuschließen und sich auf den Markt wagen oder lieber abwarten, bis die Hypothekenzinsen möglicherweise noch weiter fallen?
Laut dem IW-Wohnindex für Juli 2024 (Q2 2024), ist die Zahl der zum Verkauf inserierten Eigentumswohnungen gegenüber Anfang 2022 um zwei Drittel gestiegen, während sich die Zahl der zum Verkauf stehenden Ein- oder Zweifamilienhäusern sogar verdoppelt hat. „Potenzielle Käuferinnen und Käufer sehen sich damit deutlich größerem Angebot bei relativ robusten Preisen gegenüber,“ kommentierten IW-Autoren Pekka Sagner und Dr. Michael Voigtländer.
Doch auch wenn das Angebot stark gewachsen ist, bleibt die Nachfrage verhalten, betonte Sagner, IW-Ökonom für Wohnungspolitik und Immobilien. Der Grund: Die Kaufpreise sind nach wie vor relativ hoch - ebenso wie die Finanzierungskosten.
Hintergrund: Stagnation der Kaufpreise
Insgesamt gibt es eine anhaltende Stagnation der Kaufpreise seit über einem Jahr, so die Autoren. Trotz der überwiegend negativen Veränderung zum Vorjahresquartal verzeichneten die meisten Städte eine positive Preisentwicklung im Quartalsvergleich - was auf eine kurzfristige Erholung oder Marktanpassung hinweisen könnte, so Sagner.
Die Mehrheit der größten Metropolen zeigten einen Anstieg der Kaufpreise im Vergleich zum Vorquartal. So verzeichnete Dortmund als einzige Stadt einen leichten Rückgang der Preise (um 0,5 Prozent) während es in Frankfurt und Leipzig im Quartalsvergleich deutliche Preisanstiege (3,7 Prozent bzw. 4,3 Prozent) gab. Berlin, München und Hamburg verzeichnen im Quartalsvergleich moderate Anstiege.
Ist jetzt eine gute Zeit, einen Bankkredit aufzunehmen und den Sprung in den Markt zu wagen?
Was sind die Prognosen für weitere Zinssenkungen?
Bauzinsen haben in den vergangenen Monaten nachgegeben und, im Vergleich zum Vorjahr ist das Zinsniveau günstiger und somit auch die Zinsfinanzierung. Ob die Zinsen in den kommenden Monaten weiter sinken werden, ist unklar und Experten sind sich uneins. Laut dem Immoscout24-September 2024 Zinskommentar warnt Mirjam Mohr, Vorständin für das Privatkundengeschäft beim Kreditvermittler Interhyp davor, auf weitere Zinssenkungen der Europäischen Zentralbank (EZB) zu spekulieren. Jochen Bartz von der Santander Consumer Bank rechnet mit zwei weiteren Zinsschritten von jeweils 25 Basispunkten im weiteren Jahresverlauf, geht aber davon aus, dass diese „nach jetzigem Stand für wenig neue Impulse sorgen werden.“
Dagegen rechnet die Commerzbank in nächster Zeit nicht mit deutlich sinkenden Bauzinsen. Die Bank sagte gegenüber Immoscout24 die EZB dürfte zwar die Leitzinsen bis zum kommenden Sommer um einen Prozentpunkt senken, doch sei dies „eher etwas weniger, als derzeit am Kapitalmarkt erwartet wird.“
Die Commerzbank-Experten gehen davon aus, dass Immobilienpreise in den kommenden Monaten wieder leicht anziehen werden, doch ein neuer Immobilienboom wie in den zehn Jahren vor der Zinswende sei nicht zu erwarten. „Dafür müssten die Zinsen für Hypothekendarlehen drastisch sinken, womit wir in den kommenden Jahren nicht rechnen."
Der Immobilienkauf ist eine sehr individuelle Sache
Eine klare Antwort ob man jetzt einsteigen sollte gibt es leider nicht, denn es hängt von der individuellen Situation ab. Einige wichtige Fragen für Kaufinteressenten sind: Wie weit sind wir mit der Kaufentscheidung, haben wir das erforderliche Eigenkapital zusammen und gibt es Gründe zum Abwarten. Wichtige Faktoren im Zusammenhang mit der Finanzierung der Immobilie sind der Zinssatz, die Höhe des Eigenkapitals, die monatliche Rate und die Vereinbarung einer Sondertilgung mit dem Finanzinstitut.
Laut Experten ist es bei der Kaufentscheidung sehr wichtig, genau auf das Haushaltsnettoeinkommen zu achten: Die monatliche Rate sollte nicht weiter als ein Drittel davon entfernt sein. Sven Johns, Rechtsanwalt bei Mosler & Partner, sagte vor Kurzem bei einem Live-Webinar von BSK-Immobilien: „Am Ende des Tages müssen wir mit unserem verfügbaren Einkommen rechnen. Wenn wir über 40 Prozent plus Nebenkosten kommen, wird es für viele Banken kritisch, überhaupt eine Finanzierung darstellen zu können."
Noch ein letzter wichtiger Punkt bei der Kaufentscheidung: Immer darauf achten, ob der Immobilienkauf auch zu der aktuellen Lebenssituation passt - denn die finanzielle Verpflichtung ist und bleibt groß wenn man dann den Schritt gemacht hat!