Unternehmen

Manko für Wirtschaft: Fehlende Rechtssicherheit für Unternehmenskauf und Nachfolge

Wirtschaftsstandort: In Deutschland gibt es keine spezielle gesetzliche Regelung zu Unternehmenskäufen. Um diese Lücke zu schließen, plant eine Arbeitsgruppe der Justizminister der Länder die Kodifizierung von Unternehmenskäufen. Doch bringt das kleinen und mittleren Unternehmen mehr Rechtssicherheit?
26.09.2024 06:01
Lesezeit: 2 min

Unternehmenskäufe sind in Deutschland gesetzlich nicht speziell geregelt. Es findet sich dazu nichts im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) – von allgemeinen Regelungen zur Gewährleistung bei Sach- und Rechtsmängeln einmal abgesehen, die aber nicht auf Unternehmenskäufe zugeschnitten sind. „Besonderheiten der Transaktionsstruktur, Branche und der Zielgesellschaft werden dadurch nicht berücksichtigt“, sagt Charlotte Kulenkampff, Rechtsanwältin und Partnerin bei der Prüfungs- und Beratungsgesellschaft Forvis Mazars bei DHZ.

Lückenhafte Regelung

Hoher Aufwand, Zeit und Kosten auch für kleine Handwerksunternehmen. „Weil Unternehmenskäufe im Gesetz nicht speziell geregelt sind und dazu wenig in der Rechtsprechung zu finden ist, stellen sich natürlich Fragen. So besteht eine gewisse Rechtsunsicherheit“, so die Rechtsanwältin.

Beispielsweise, ob ein Asset Deal, also ein Vertrag, mit dem Vermögensgegenstände übertragen werden, unter § 311b

BGB fällt und immer eine notarielle Beurkundung benötigt wird. Ähnliche Fragen stellen sich zur Mängelgewährleistung, zu Allgemeinen Geschäftsbedingungen und zum Rücktritt vom Kaufvertrag.

190.000 Unternehmensübergaben erwarten

In Deutschland stehen sehr viele Unternehmenskäufe und -verkäufe, Übernahmen und Nachfolgen bevor – das Institut für Mittelstandsforschung Bonn geht im Zeitraum 2022 bis 2026 von etwa 190.000 Übergaben aus. Deshalb drängen die Justizminister der Länder auf einen gesetzlichen Rahmen für Unternehmenskäufe. Denn sie machen das als Manko für die Attraktivität des Wirtschaftsstandorts Deutschland aus. Eine Arbeitsgruppe beschäftigt sich daher aktuell mit der Kodifizierung von Unternehmenskäufen. Es bleibt abzuwarten, ob und wann die Bemühungen in einen Gesetzentwurf münden.

Was bedeutet Kodifizierung?

Kodifizierung bedeutet in diesem Zusammenhang, „dass gesetzliche Regelungen speziell zum Unternehmenskauf getroffen und ins BGB aufgenommen werden“, erläutert Charlotte Kulenkampff. Lücken im Gesetz sollen damit geschlossen werden, Transaktionskosten gesenkt und umfangreiche Verhandlungen und komplexe Verträge vermieden werden.

„Ob sich das in der Praxis umsetzen lässt, bleibt abzuwarten“, gibt die Rechtsanwältin zu bedenken. Es gebe meist ergänzende oder branchenspezifische Regelungen, arbeitsrechtliche Garantien und regulatorische Anforderungen, Besonderheiten des Unternehmens oder der Transaktionsstruktur, die beachtet werden müssen, aber auch Flexibilität in der Vertragsgestaltung bedeuten. „Maßgeschneiderte Verträge machen ja auch Sinn und ich bezweifle, ob ein Gesetz das alles abbildet.“

Auch mit gesetzlichem Rahmen für Unternehmenskäufe werde eine Betriebsnachfolge sicherlich nicht komplett ohne Anwalt oder Notar durchgeführt werden können. Verträge müssen weiterhin aufgesetzt und Beurkundungen vorgenommen werden. „Bei der Nachfolge in einer kleinen Schreinerei sind Verträge zwar nicht annähernd so komplex wie bei der Fusion zweier Großkonzerne, aber auch da gibt es Punkte und Risiken, die interessengerecht geregelt werden müssen“, sagt Charlotte Kulenkampff. Nur weil ein Unternehmen kleiner ist, seien die Risiken nicht unbedingt geringer.

Verträge einfacher gestalten

Ziel der Initiative zur Kodifizierung ist jedoch, grundsätzlich mehr Rechtssicherheit bei Unternehmenskäufen in Deutschland zu schaffen und speziell für kleine und mittlere Unternehmen die Nachfolge zu erleichtern, „indem Verträge einfacher gestaltet werden können, weil man darin ergänzend auf ein Gesetz verweisen kann“.

Handwerksunternehmern, die sich derzeit im Nachfolgeprozess befinden, rät die Rechtsanwältin: „Setzen Sie Ihr Vorhaben weiter um wie bisher, warten Sie nicht auf ein Gesetz.“ Denn auch ein Gesetz wird den Beistand eines Rechtsanwalts beim Unternehmensverkauf nicht entbehrlich machen.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt

 

 

X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.

E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung sowie die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

Mirell Bellmann

Mirell Bellmann schreibt als Redakteurin bei den DWN über Politik, Wirtschaft und Gesellschaft. Zuvor arbeitete sie für Servus TV und den Deutschen Bundestag.

DWN
Finanzen
Finanzen SAP-Aktie: Positiver Analystenkommentar von JPMorgan und Silberstreifen am Cloud-Horizont
04.12.2025

SAP und Salesforce senden an den Börsen neue Signale: Während JPMorgan der SAP-Aktie frische Impulse zuschreibt, ringen Anleger bei...

DWN
Finanzen
Finanzen Schott Pharma-Aktie: Zähe Nachfrage nach Glasspritzen – Pharmazulieferer Schott Pharma schaut vorsichtig auf 2026
04.12.2025

Die Schott Pharma-Aktie ist am Donnerstag nachbörslich unter Druck geraten, Anleger beäugen den Ausblick des Mainzer Pharmazulieferers...

DWN
Politik
Politik Die EZB blockiert: Streit um EU-Pläne für eingefrorene russische Vermögenswerte
04.12.2025

Die EU ringt um einen Weg, die finanziellen Belastungen des Ukrainekriegs abzufedern, doch zentrale Institutionen setzen klare Grenzen. Wie...

DWN
Politik
Politik Friedensverhandlungen in Moskau: Trump-Gesandte führen Gespräche mit Putin
04.12.2025

Die Gespräche zwischen Washington und Moskau rücken die Suche nach einer realistischen Friedenslösung wieder in den Mittelpunkt der...

DWN
Politik
Politik EU Ermittlungen: Staatsanwaltschaft nimmt Büros von Kaja Kallas ins Visier
04.12.2025

Die Ermittlungen der Europäischen Staatsanwaltschaft rücken den Umgang mit sensiblen EU-Mitteln und institutionellen Abläufen in...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Trade Republic Probleme: Kundenfrust wächst trotz neuer Produkte
04.12.2025

Trade Republic wirbt mit Innovationen, doch viele Kunden erleben etwas anderes. Die Beschwerden zu Ausfällen, Support und Handelbarkeit...

DWN
Politik
Politik G7? Nein danke, sagt Putin
04.12.2025

Russlands Präsident Wladimir Putin sorgt vor seinem Indien-Besuch für Aufsehen. Er kritisiert die G7 als "nicht groß" und verweist auf...

DWN
Finanzen
Finanzen Deutschland im Club der Superreichen vorn dabei
04.12.2025

Fast 3.000 Menschen weltweit besitzen mehr als eine Milliarde Dollar – und Deutschland spielt eine führende Rolle. Während...