Politik

Kreml dämpft Atomwaffenängste: Keine Verbindung zwischen Ukraine-Krieg und nuklearem Einsatz

Lesezeit: 3 min
30.09.2024 16:05
Kreml dämpft Atomwaffen-Befürchtungen: Nach angespannten Diskussionen zur russischen Nukleardoktrin erklärte Peskow, dass der Ukraine-Krieg nicht ständig mit einem Atomwaffeneinsatz in Verbindung gebracht werden sollte. Trotz massiver Angriffe auf die Ukraine bleibt die Lage angespannt. Selenskyj fordert dringend mehr Unterstützung und Luftverteidigung. Die kommenden Gespräche in Ramstein könnten entscheidend für die Ukraine sein.
Kreml dämpft Atomwaffenängste: Keine Verbindung zwischen Ukraine-Krieg und nuklearem Einsatz
Feuerwehrleute löschen ein Feuer, das nach dem Angriff mit Lenkbomben auf die Stadt durch Russland in der Nacht zum 29.09. entstanden ist. (Foto: dpa)
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Nach der Aufregung über jüngste Änderungen an der russischen Nukleardoktrin versucht der Kreml, die Befürchtungen über einen möglichen Einsatz von Atomwaffen zu mindern. Kremlsprecher Dmitri Peskow erklärte in Moskau, dass das Kampfgeschehen in der Ukraine nicht zwangsläufig mit einem Atomwaffeneinsatz durch Russland verknüpft werden sollte. "Man sollte sich nicht zu sehr auf dieses Dokument beziehen, es ist ein wichtiges Dokument", sagte er über die Nukleardoktrin. "Es sind wichtige Beschlüsse gefasst worden, sie werden entsprechend festgeschrieben. Aber die militärische Spezialoperation geht ihren Gang, ohne dass man dauernd irgendwelche Verbindungen ziehen muss", sagte er der staatlichen russischen Nachrichtenagentur Tass zufolge.

Keine Eskalation trotz massiver ukrainischer Drohnenangriffe

Diese Klarstellung des Kremls kam kurz nach Berichten über einen massiven Drohnenangriff der Ukraine, bei dem die russische Luftabwehr am Sonntag 125 Drohnen abgewehrt haben soll. Auf die Frage, ob dies nicht einen großangelegten Luftangriff darstelle, der gemäß der neuen Nukleardoktrin eine Antwort mit Atomwaffen rechtfertigen könnte, sagte Peskow, dass dies kein Anlass für eine Eskalation sei. Er forderte, die nukleare Doktrin nicht überzubewerten.

Putins erweiterte Nukleardoktrin sorgt für Unsicherheit im Westen

In der vergangenen Woche hatte Präsident Wladimir Putin neue, erweiterte Regeln für den möglichen Einsatz von Atomwaffen angekündigt, die international Besorgnis auslösten. Demnach könnte Russland auch auf Luftangriffe auf sein eigenes Territorium oder auf Angriffe von nicht-nuklear bewaffneten Ländern, die jedoch von Atommächten unterstützt werden, mit Atomwaffen reagieren. Westliche Experten bewerten diese Drohungen unterschiedlich. Der in Oslo forschende Militärexperte Fabian Hoffmann schrieb auf X, dass es bislang keine Anzeichen dafür gebe, dass Russland tatsächlich den Einsatz von Atomwaffen vorbereite.

"Es gibt eine hohe Wahrscheinlichkeit, dass Putin niemals zu Nuklearwaffen greifen wird, weil die Risiken zu hoch sind", so Hoffmann.

Russische Angriffe in der Ukraine: Selenskyj beklagt "täglichen Terror"

Während der Kreml versucht, die Nuklearängste zu dämpfen, eskalieren die Kämpfe in der Ukraine weiter. In seiner abendlichen Videoansprache sprach der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj von einem unverminderten russischen Angriffstempo. Russland setze täglich etwa 100 Gleitbomben gegen ukrainische Städte und Dörfer ein. Am Sonntag seien bei einem Angriff auf die Industriestadt Saporischschja im Süden der Ukraine 14 Menschen verletzt worden, als Wohnhäuser getroffen wurden. Auch die Regionen Charkiw, Donezk und Sumy waren Ziele der russischen Bombardierungen. Selenskyj bezeichnete dies als "täglichen Terror Russlands".

Ukraine fordert weitere militärische Unterstützung und Sanktionen

In Reaktion auf die anhaltenden russischen Angriffe forderte Selenskyj die westlichen Partner der Ukraine erneut auf, mehr Luftverteidigungssysteme und weitreichende Angriffskapazitäten zur Verfügung zu stellen. Die Ukraine benötige dringend Unterstützung, um die russische Offensive abwehren zu können. Zudem seien schärfere Sanktionen gegen Russland notwendig, um den Druck auf den Kreml zu erhöhen.

Hoffnung auf Ramstein-Treffen: Mehr Unterstützung für die Ukraine?

Inmitten dieser schwierigen Lage blickt die ukrainische Regierung hoffnungsvoll auf das kommende Treffen der Ukraine-Kontaktgruppe in Ramstein, das am 12. Oktober auf Einladung von US-Präsident Joe Biden stattfinden soll. An dem Treffen sollen Staats- und Regierungschefs aus etwa 50 Ländern teilnehmen, darunter auch Deutschland. Präsident Selenskyj sieht in diesem Treffen eine Chance, über gemeinsame Schritte zur Unterstützung der Ukraine und zur Erhöhung des Drucks auf Russland zu beraten.

Ein zentrales Anliegen der Ukraine bleibt die Erlaubnis, von westlichen Staaten gelieferte weitreichende Waffen gegen militärische Ziele auf russischem Staatsgebiet einsetzen zu dürfen. Bisher verweigerten die westlichen Verbündeten jedoch diese Genehmigung. Stattdessen setzt die Ukraine auf selbstproduzierte Kampfdrohnen, die allerdings nur eine begrenzte Wirkung haben.

Schwere Kämpfe in der Ostukraine: Artillerieduelle und russische Luftangriffe

Während diplomatische und strategische Gespräche im Westen weiterlaufen, toben im Osten der Ukraine weiterhin schwere Kämpfe. Besonders in der Region um den Donbass und den kleinen, umkämpften Ort Wuhledar führen russische Truppen intensive Angriffe durch. Ukrainische Militärexperten befürchten, dass Wuhledar, ein seit zwei Jahren umkämpfter Schlüsselpunkt, bald in die Hände russischer Truppen fallen könnte. Auch im Raum Sumy und Charkiw werden von heftigen Artillerieduellen und russischen Luftangriffen berichtet.

Nukleardoktrin bleibt ein unklares Drohszenario

Trotz der Relativierung durch den Kreml bleibt die geänderte Nukleardoktrin Russlands ein potenziell gefährliches Drohszenario. Insbesondere die Möglichkeit, dass Russland auf Angriffe mit konventionellen Waffen durch von Atommächten unterstützte Länder mit Atomwaffen reagieren könnte, sorgt weiterhin für Verunsicherung. Doch bislang sieht die internationale Gemeinschaft keine konkreten Hinweise auf eine tatsächliche Vorbereitung eines Atomwaffeneinsatzes. Experten wie Fabian Hoffmann betonen, dass die Risiken für Russland selbst viel zu hoch wären, um diesen letzten Schritt zu gehen.

Die nächsten Wochen könnten angesichts des geplanten Treffens in Ramstein und der anhaltenden Kämpfe in der Ukraine entscheidend für den weiteren Verlauf des Konflikts und die Rolle der Nukleardrohung sein.


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