Unternehmen

Konjunktur: Kräftiges Auftragsminus für Industrie

Nachdem die Bundesregierung die Wachstumsprognose für Deutschland senken musste, kommt der nächste Dämpfer: Die deutsche Industrie ist angeschlagen und schrumpft. Nach zwei Anstiegen in Folge ist der Auftragseingang im August unerwartet deutlich gesunken. Auch die Aufträge aus dem Ausland gehen zurück. Das hat fatale Auswirkungen auf den deutschen Wirtschaftsstandort.
07.10.2024 13:00
Lesezeit: 2 min
Konjunktur: Kräftiges Auftragsminus für Industrie
Robert Habeck (Bündnis 90/Die Grünen), Bundesminister für Wirtschaft und Klimaschutz, bei einem Rundgang durch die Elektro-Montage des VW-Werkes Emden. (Foto: dpa) Foto: Sina Schuldt

In der deutschen Wirtschaft mehren sich die Krisensignale. Die Industrie verbucht deutlich weniger Neugeschäft und einen stärkeren Auftragsrückgang als erwartet: Nach zwei Anstiegen in Folge ist der Auftragseingang im August unerwartet deutlich gesunken. Die Zahl der Bestellungen fiel im Monatsvergleich um 5,8 Prozent, wie das Statistische Bundesamt (Destatis) am Montag in Wiesbaden mitteilte. Wenn die Großaufträge herausgerechnet werden, haben die Unternehmen 3,4 Prozent weniger Bestellungen erhalten. Analysten hatten einen Dämpfer beim Auftragseingang erwartet, waren im Schnitt aber nur von einem Rückgang um 2,0 Prozent ausgegangen.

Starkes Auftragsminus für Industrie

Allerdings wurde der Auftragseingang im Vormonat Juli nach oben revidiert. Er ist demnach um 3,9 Prozent im Monatsvergleich gestiegen, nachdem zuvor nur ein Anstieg um 2,9 Prozent gemeldet worden war. Nachdem in den Monaten Juni und Juli mehr Aufträge eingegangen waren, zeigte sich eine positive Entwicklung im Dreimonatsvergleich. Wie das Bundesamt weiter mitteilte, lag der Auftragseingang im Zeitraum von Juni bis August um 3,9 Prozent höher als in den drei Monaten zuvor.

Im Jahresvergleich fiel die Entwicklung im August allerdings ebenfalls schlechter als erwartet aus. In dieser Betrachtung meldete das Bundesamt einen Rückgang um 3,9 Prozent, nach einem Zuwachs um revidiert 4,6 Prozent im Vormonat.

Sinkende Erlöse in der Autoindustrie

Den Auftragsdämpfer erklärte das Bundesamt unter anderem mit den Bestellungen im „Sonstigen Fahrzeugbau“. Hierunter fällt die Produktion von Flugzeugen, Schiffen, Zügen oder Militärfahrzeugen. Die negative Entwicklung komme dadurch zustande, „dass im sonstigen Fahrzeugbau im Vormonat umfangreiche Großaufträge platziert worden waren“, hieß es in der Mitteilung.

Weniger Bestellungen aus dem Ausland

Außerdem gab es im August weniger Bestellungen aus dem Ausland. „Betrachtet man das Ausland insgesamt, so fielen die Auftragseingänge um 2,2 Prozent“, teilte das Bundesamt mit. Allerdings beschränkt sich die negative Entwicklung auf die Eurozone, wo 10,5 Prozent weniger Aufträge verzeichnet worden. Bei den Neuaufträgen aus dem Ausland außerhalb des Währungsraums meldete das Bundesamt hingegen einen Anstieg um 3,4 Prozent.

Trotz der positiven Impulse bei den Auftragseingängen außerhalb der Eurozone geht Chefvolkswirt Thomas Gitzel von der VP Bank davon aus, dass „das Leiden der Industrie anhalten wird“. Er verwies auf die hohe Bedeutung des Exports für die deutsche Wirtschaft. Deutschland sei dringend auf Aufträge aus dem Ausland angewiesen. „Bleiben diese aus, leidet die gesamte Wirtschaft“, sagte Gitzel.

Der zarte Hoffnungsschimmer nach zwei guten Zahlen im Juni und Juli ist nach Einschätzung des Analysten Jens-Oliver Niklasch von der Landesbank Baden-Württemberg wieder erloschen. „Die Frühindikatoren fallen, die Prognosen sinken, die schlechten Nachrichten reißen nicht ab. Alles fühlt sich an wie eine Rezession“, sagte Niklasch.

Bundesregierung korrigiert Wachstumsprognose nach unten

Die neue Konjunkturprognose der Bundesregierung fällt nach einem Medienbericht schlechter aus. Die Ampel-Koalition erwartet auch für dieses Jahr eine sinkende Wirtschaftsleistung, wie die Süddeutsche Zeitung berichtet. Ursprünglich hatte Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) für 2024 mit einem leichten Plus des Bruttoinlandsprodukts von 0,3 Prozent gerechnet – nun werde ein Minus von 0,2 Prozent erwartet. Habeck will die neue Prognose am Mittwoch in Berlin vorstellen.

Der Schritt kommt nicht überraschend, denn auch die großen Wirtschaftsforschungsinstitute hatten ihre Erwartungen nach unten korrigiert. Sie rechnen für dieses Jahr mit einem Minus von 0,1 Prozent. Grund ist vor allem Unsicherheit bei Unternehmen und Bürgern. Das nach wie vor hohe Zinsniveau bremst Investitionen, Firmen sind wegen der volatilen wirtschafts- und geopolitischen Lage vorsichtig, private Haushalte legen ihr Einkommen vermehrt auf die hohe Kante statt in Wohneigentum oder Konsum zu investieren.

 

 

X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.

E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung sowie die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Finanzen
Finanzen Telekom-Aktie: US-Geschäft treibt Umsatz trotz schwachem Heimatmarkt
13.11.2025

Die Telekom-Aktie profitiert weiter vom starken US-Geschäft und einer angehobenen Jahresprognose. Während T-Mobile US kräftig wächst,...

DWN
Politik
Politik Shutdown in den USA: Demokraten beenden 43-tägigen Stillstand
13.11.2025

Haben die US-Demokraten ein politisches Eigentor geschossen? Sie haben sich dem Willen der Republikaner gebeugt und dem Haushalt...

DWN
Finanzen
Finanzen Droneshield-Aktie stürzt ab: Insiderverkäufe und Börsenaufsicht verunsichern Anleger – die Hintergründe
13.11.2025

Die Droneshield-Aktie sorgt nach ihrem drastischen Kurseinbruch für Unruhe am Markt. Massive Insiderverkäufe, Kommunikationspannen und...

DWN
Politik
Politik Finnland im Schatten Russlands: Grenzregion kollabiert wirtschaftlich
13.11.2025

Finnlands Grenzregionen rutschen in eine wirtschaftliche und sicherheitspolitische Krise. Der einst florierende Handel mit Russland ist...

DWN
Finanzen
Finanzen DAX aktuell: Zwischen Rekorden, Stimmungswechsel und Ende des US-Shutdowns
13.11.2025

Der DAX zeigt am Donnerstag Stärke, hat alte Rekorde im Blick. Doch der deutsche Leitindex profitiert noch nicht von der politischen...

DWN
Finanzen
Finanzen Wirecard-Aktionäre: BGH blockiert Schadenersatz im Insolvenzverfahren
13.11.2025

Die Ansprüche von Wirecard-Aktionären auf Schadenersatz sind vorerst blockiert. Der Bundesgerichtshof stellte klar, dass einfache...

DWN
Finanzen
Finanzen Goldpreis aktuell: Gelbes Edelmetall nähert sich der Marke von 4.300 US Dollar
13.11.2025

Der Goldpreis zeigt am Donnerstag erneut eine auffällige Dynamik, während die Aktienmärkte zwischen Zinserwartungen, Inflationsrisiken...

DWN
Politik
Politik Ursula von der Leyen startet europäischen Geheimdienst
13.11.2025

Das Projekt ist nicht neu, doch aufgrund zahlreicher Herausforderungen blieb es bislang eine theoretische Überlegung.