Unternehmen

Cybersicherheit: KMU als Sorgenkinder - Bedrohung durch Russland und China wächst

Die Digitalisierung in Deutschland ist ein Dauerbrenner – leider oft aus den falschen Gründen. Während andere Nationen ihre digitalen Infrastrukturen modernisieren, bleibt Deutschland oft hinter den Erwartungen zurück. Dieses Defizit verursacht nicht nur einen Imageschaden, sondern macht das Land zunehmend angreifbar. Auf dem CyberSicherheitsForum 2024 fiel des Öfteren der Begriff Cyberkrieg.
Autor
11.10.2024 15:15
Aktualisiert: 11.10.2024 15:15
Lesezeit: 3 min
Cybersicherheit: KMU als Sorgenkinder - Bedrohung durch Russland und China wächst
Wie Russland und China als Akteure die digitale Bedrohungslage in Deutschland verschärfen (Foto: dpa). Foto: Annette Riedl

In einer Welt, die von geopolitischen Spannungen wie dem Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine oder dem Handelsstreit zwischen den USA und China geprägt ist, werden auch Cyberangriffe immer mehr zu einer beliebten Waffe. Laut Claudia Plattner, Präsidentin des Bundesamtes für Sicherheit in der Informationstechnik, haben Deutschlands Schwächen in der Cybersicherheit konkrete und gefährliche Folgen – insbesondere angesichts der global wachsenden Bedrohungslage.

Gefahr für KMU und Kommunen: Wie Cyberangriffe ganze Regionen lahmlegen

Ein einziger Angriff – und alles steht still. Auf dem diesjährigen CyberSicherheitsForum 2024 betonte Claudia Plattner, dass vor allem kleine und mittelständische Unternehmen (KMUs) die größten Schwachstellen im Bereich Cybersicherheit aufweisen. KMUs sowie zahlreiche Organisationen und Institutionen sind ihrer Meinung nach besonders anfällig für Cyberangriffe, und die Schäden sind oft verheerend.

Besonders problematisch ist, dass sich viele Kommunen auf wenige IT-Dienstleister verlassen. Ein gezielter Angriff kann somit das gesamte System lahmlegen – teils für Monate. Ein eindrückliches Beispiel hierfür ist der Supply-Chain-Angriff auf Südwestfalen-IT, der 72 Kommunen lahmlegte. Diese Schwachstellen in der Cybersicherheit könnten Deutschland also ernsthaft schwächen.

Vertrauensverlust durch mangelnde Cybersicherheit: Soziale Folgen

Die technischen Schwachstellen haben nicht nur wirtschaftliche, sondern auch soziale und politische Konsequenzen. Der Staat hat die grundlegende Aufgabe, seine Bevölkerung zu schützen. Wenn er dieser Pflicht nicht nachkommt, kann das zu einem Vertrauensverlust in Staat und Politik führen, gesellschaftliche Spaltungen vertiefen und letztlich den Aufstieg rechtspopulistischer und rechtsextremer Kräfte begünstigen.

Fehlende Cybersicherheit birgt in diesem Kontext ein enormes Gefahrenpotenzial. Claudia Plattner betont, dass besonders die Anfälligkeit öffentlicher Institutionen und Organisationen für Cyberangriffe den Boden für Desinformationskampagnen bereitet. Durch gezielte Hacks könnten diese Kampagnen vor Wahlen entscheidende Auswirkungen haben – mit potenziell verheerenden Folgen für die Demokratie.

China und das wachsende Dunkelfeld der Cybersicherheitsbedrohungen

Ein besonders gefährlicher Aspekt dieser Bedrohungslage besteht laut Claudia Plattner in den Angriffen, die uns verborgen bleiben – den sogenannten „Dunkelfeld“-Angriffen. „Wir gehen davon aus, dass das Dunkelfeld durchaus sehr groß ist“, so Plattner.

Dabei ist klar, dass nicht nur Russland eine Bedrohung darstellt, sondern auch China zunehmend zu einem Akteur im Bereich der Cyberangriffe wird. Von Spionage bis hin zu Sabotage – die Systemkonkurrenz zwischen den Nationen führt dazu, dass vielfältige Akteure nach Schwachstellen suchen und diese ausnutzen.

Russland: Der „Klassiker“ der Cyberbedrohungen

Unter den bekannten Angreifern sticht weiterhin Russland heraus – ein „Klassiker“ im Bereich der Cyberangriffe. Christina Plattner formuliert in dem Zuge: „Das ist jetzt wieder so Klassiker Russland“. Zu den systematischen Angriffen gehören Desinformationen und sogenannte DDoS-Attacken, die auf Störungen abzielen.

Außerdem werden nicht selten private Accounts wichtiger politischer Akteure gehackt, um vertrauliche Informationen zu entwenden und diese in verdrehte Narrative zu spinnen – eine Strategie, die besonders im Vorfeld von Wahlen eingesetzt wird, auch bekannt als „Hack-and-Leak-Operationen“.

Künstliche Intelligenz: Die neue Waffe der Cyberkriminellen

Künstliche Intelligenz (KI) wird dabei oft benutzt, um Schadcodes zu generieren. „Die skalierbare Verteilung von entsprechender Schadsoftware wird dadurch ermöglicht, dass man immer bessere Phishing-E-Mails bekommt“, erklärte Plattner. Durch den Einsatz von KI können Phishing-Mails so verbessert werden, dass sie zunehmend authentisch wirken – oft so, als hätte ein Kollege sie verfasst. Dies erleichtert den Angreifern den Zugang zu internen Informationen und wird häufig zur Erpressung genutzt.

Die Arbeit der Angreifer wird durch KI also enorm vereinfacht und beschleunigt. Plattner betont jedoch: „Wenn die das können, können wir das auch.“ Es gehe darum, eigene Schwachstellen frühzeitig zu erkennen und die KI-Technologien ebenfalls für den eigenen Vorteil zu nutzen. Besonders wichtig sei es dabei, KI verantwortungsvoll einzusetzen, vor allem wenn es um vertrauliche oder personenbezogene Daten geht. „In dem Moment, wo ich Informationen an die KI gebe, stehen sie auch woanders zur Verfügung“, warnte Plattner.

Der Weg zu einer sicheren Digitalisierung in Deutschland

Um angemessen auf diese Herausforderungen zu reagieren, muss auf vielen Ebenen gehandelt werden. Das Ziel ist es, Fortschritt zu ermöglichen und gleichzeitig Sicherheit zu gewährleisten. „Wir müssen ein ganzes Land ein Stück weit umheben“, sagte Plattner eindringlich. „Wir müssen Deutschland so neu erfinden, dass wir sichere Digitalisierung beherrschen, unsere Unternehmen schützen können und endlich wirkliche Fortschritte machen.“

Dabei gelte es, die Resilienz in allen Bereichen zu stärken. Es müsse ehrlich hinterfragt werden, wo Deutschland aktuell im Bereich IT steht, und Investitionen seien notwendig. Plattner betont, dass mit „Intelligenz, Aufmerksamkeit und Energie“ die Resilienz deutlich erhöht werden kann. Ein weiterer wichtiger Punkt sei der Aufbau von Technologiekompetenz. Prozesse, insbesondere Sicherheitstests, müssen so weit wie möglich automatisiert werden. Moderne Technologien bieten nicht nur mehr Effizienz, sie lassen sich auch besser und einfacher schützen.

Claudia Plattner ruft dazu auf, Deutschland aus seiner reaktiven Rolle in der Digitalisierung herauszuführen und einen aktiven Fortschritt anzustreben. „Das muss das ganze Land gemeinsam tun“, so Plattner abschließend.

Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Experten-Webinar: Ist Bitcoin das neue Gold? – Chancen, Risiken und Perspektiven

Inflation, Staatsverschuldung, geopolitische Unsicherheiten: Viele Anleger fragen sich, wie sie ihr Vermögen in Zeiten wachsender...

 

 

Siri Moede

                                                                            ***

Siri Moede ist Redaktionsassistentin bei den Deutschen Wirtschaftsnachrichten. Sie hat einen Bachelorabschluss in Internationalen Beziehungen mit Vertiefung im Public International Law. Aktuell studiert sie Politikwissenschaften im Master an der Freien Universität Berlin. 

DWN
Politik
Politik „Choose Europe“: Brüssel will Gründer mit Kapital halten
31.05.2025

Die EU startet einen neuen Wachstumsfonds, der Start-ups mit Eigenkapital unterstützen und in Europa halten soll. Doch Geld allein wird...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Energiewende umgekehrt: US-Firmen fliehen vor Trumps Klimapolitik – nach Europa
31.05.2025

Während Trump grüne Fördermittel in den USA kürzt, wendet sich die Clean-Tech-Branche von ihrer Heimat ab. Jetzt entstehen in Europa...

DWN
Politik
Politik Ärztepräsident warnt vor „Versorgungsnotstand“
31.05.2025

Ärztepräsident Klaus Reinhardt warnt vor Beeinträchtigungen im medizinischen Netz für Patienten, wenn nicht bald Reformen zu mehr...

DWN
Finanzen
Finanzen Gesetzliche Erbfolge: Wer erbt, wenn es kein Testament gibt
31.05.2025

Jeder kann selbst bestimmen, wer seine Erben sein sollen. Wer das allerdings nicht durch ein Testament oder einen Erbvertrag regelt und...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Datensammeln ohne Richtung: Warum der falsche Analyst Ihrem Unternehmen schadet
31.05.2025

Viele Unternehmen sammeln Daten – doch ohne den richtigen Analysten bleiben sie blind. Wer falsche Experten einsetzt, riskiert...

DWN
Panorama
Panorama Umfrage: Vielen Bädern fehlt das Personal
31.05.2025

Viele Bäder in Deutschland haben laut einer Umfrage mit Personalengpässen zu kämpfen. So hatten 38 Prozent der befragten Hallen- und...

DWN
Finanzen
Finanzen Trump plant Milliardeninvestition in Bitcoin und andere Kryptowährungen
31.05.2025

Donald Trump will Bitcoin zur Staatsangelegenheit machen – mit Milliarden-Investitionen seiner Mediengruppe. Während der Markt jubelt,...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Chinas Monopol auf Seltene Erden wankt – doch der Westen zahlt den Preis
31.05.2025

China kontrolliert die Welt der Seltenen Erden – und lässt Konkurrenz nur zu ihren Bedingungen zu. Neue Minen entstehen, doch ihre...