Finanzen

Oktober-Inflation steigt deutlich an, niedrigere Lohnforderungen erwartet

Der Trend sinkender Inflationsraten in Deutschland ist vorerst beendet. Im Oktober mussten Verbraucher vor allem in zwei Bereichen deutlich mehr zahlen.
30.10.2024 16:01
Aktualisiert: 30.10.2024 16:01
Lesezeit: 2 min
Oktober-Inflation steigt deutlich an, niedrigere Lohnforderungen erwartet
Die Konsumstimmung in Deutschland bleibt auf niedrigem Niveau (Foto: dpa) Foto: Helena Dolderer

Im Oktober lagen die Verbraucherpreise um 2,0 Prozent über dem Niveau des Vorjahresmonats, wie das Statistische Bundesamt in Wiesbaden in einer ersten Schätzung mitteilt - vor allem für Lebensmittel (plus 2,3 Prozent) und Dienstleistungen (4,0 Prozent). Hier mussten Verbraucher im deutlich Oktober mehr zahlen, während sich Energie in der Jahresfrist um 5,5 Prozent verbilligte.

In den vergangenen Monaten hat sich der Preisauftrieb noch deutlich abgeschwächt. So lag die Inflationsrate im September bei 1,6 Prozent nach 1,9 Prozent im August. Die Kerninflation ohne die stark schwankenden Preise für Energie und Lebensmittel stieg auf 2,9 Prozent im Oktober - nach 2,7 Prozent im September. Im Vergleich zum Vormonat stiegen die Verbraucherpreise um 0,4 Prozent.

Niedrigere Lohnforderungen erwartet

Ökonomen verwiesen auf die gestiegenen Löhnen, die die Preise für Dienstleistungen treiben. Die aktuellen Probleme bei Volkswagen könnten bei den Löhnen eine Trendwende einleiten, wenn die Gewerkschaften von hohen Lohnforderungen auf Arbeitsplatzsicherheit umschwenken, meint Ökonom Carsten Brzeski von der ING Bank.

Andererseits bedeuten höhere Einkommen mehr Kaufkraft und haben nach Einschätzung des Deka-Experten Ulrich Kater zuletzt den Konsum belebt - ein wichtiger Grund für das überraschende Wachstum der deutschen Wirtschaft im dritten Quartal. Er sieht die Inflation trotz des Anstiegs weiter innerhalb der Zielvorgaben. „Das ist nicht der Beginn einer zweiten Teuerungswelle.“

Bundesregierung erwartet Rückgang der Inflation

Die Bundesregierung geht davon aus, dass die Inflation im Jahresschnitt deutlich sinkt. In ihrem Herbstgutachten rechnet sie für dieses Jahr mit einem Rückgang der Teuerungsrate auf 2,2 Prozent - nach 5,9 Prozent im Jahr 2023. Im kommenden Jahr soll die Inflation dann Ökonomen zufolge bei 2,0 Prozent liegen. Das ist der Wert, bei dem die Europäische Zentralbank die Preisstabilität gewahrt sieht.

Die im Jahresverlauf gefallene Inflation in Deutschland und dem Euroraum gibt der Zentralbank Spielraum für Leitzinssenkungen. Sie hat den richtungsweisenden Einlagenzinssatz Mitte Oktober erneut herabgesetzt auf 3,25 Punkte. Ökonomen erwarten einen weiteren Zinsschritt beim EZB-Entscheid im Dezember.

Commerzbank Chefvolkswirt Jörg Krämer warnte nun vor zu viel Eile: „Die unerwartet hohe Inflationsrate im Oktober zeigt, wie hartnäckig die Inflation ist.“ Sebastian Becker, Volkswirt bei Deutsche Bank Research, sprach von einer „handfesten negativen Überraschung.“

Konsum kommt nicht recht in Schwung

Doch die im Jahresverlauf gesunkene Inflation in Deutschland versetzt die Bürger nur zaghaft in Kauflaune. Laut jüngstem GfK-Konsumklimaindex erholte sich die Verbraucherstimmung im Oktober zwar, allerdings auf niedrigem Niveau. Viele Menschen legen ihr Geld lieber auf die hohe Kante - trotz gestiegener Löhne. So ist die Sparquote im ersten Halbjahr nochmals gestiegen auf 11,1 Prozent - ein Prozentpunkt mehr als ein Jahr zuvor.

Für die schwache Konjunktur sind das keine guten Aussichten, gilt der private Konsum doch als wichtige Stütze für die kriselnde deutsche Wirtschaft, die im dritten Quartal überraschend wuchs. Experten machen für den lange Zeit stockenden Konsum auch die auf längere Sicht gesunkene Kaufkraft der Verbraucher verantwortlich. Der russische Angriff auf die Ukraine hatte eine Inflationswelle ausgelöst - danach waren die Energiepreise rasant gestiegen.

Bundesbank: Inflation wächst in den kommenden Monaten

Die Bundesbank hatte bereits erwartet, dass die Inflation in Deutschland wieder zunimmt. So sei bei Nahrungsmitteln wegen der zuletzt gestiegenen Rohstoffpreise mit einer höheren Inflationsrate zu rechnen, schrieb die Bundesbank kürzlich. Zudem dürfte die Teuerung bei Dienstleistungen wegen der gestiegenen Löhne noch eine Weile erhöht bleiben.

Ähnlich sieht es das Ifo-Institut: Unternehmen, etwa in der Industrie und im Handel, planten vermehrt wieder höhere Preise, beobachtet das Wirtschaftsforschungsinstitut. „In den kommenden Monaten dürfte die Inflationsrate wieder etwas anziehen und die Zwei-Prozent-Marke der Europäischen Zentralbank erreichen“, sagte Ifo-Konjunkturexperte Sascha Möhrle.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Finanzen
Finanzen Inflationskrise USA: Warum 2026 zum gefährlichsten Jahr werden könnte
26.12.2025

Die Warnung eines führenden Ökonomen zeichnet ein düsteres Bild für die USA. Die Rückkehr einer hartnäckigen Inflationswelle könnte...

DWN
Unternehmensporträt
Unternehmensporträt Familienunternehmen Voelkel: Mit Ingwer-Shots zur größten Bio-Safterei der Welt
26.12.2025

Voelkel ist bekannt für seine Obst- und Gemüsesäfte aus biologischem Anbau. Stefan Voelkel leitet das Unternehmen in dritter Generation...

DWN
Technologie
Technologie Autonomes Fahren: Bolt bringt chinesische Technologie nach Europa
26.12.2025

Europa erlebt eine neue Phase im Wettbewerb um autonome Mobilität, da chinesische Technologieanbieter zunehmend mit großen...

DWN
Panorama
Panorama Die spektakulärsten Weihnachtsbäume weltweit: Wenn Tradition zur Show wird
26.12.2025

Lichtermeere, Rekordhöhen und ungewöhnliche Kulissen: Rund um den Globus werden Weihnachtsbäume zu echten Spektakeln. Von italienischen...

DWN
Immobilien
Immobilien The Line: Saudi Arabiens hochgestapelte Megacity quer durch die Wüste
26.12.2025

Eines der wohl ambitioniertesten und innovativsten Infrastrukturprojekte unserer Zeit ist The Line. Die von Saudi-Arabien geplante...

DWN
Finanzen
Finanzen Dotcom-Blase der 1990er: Wie Spekulationen den Markt auf den Kopf stellte
26.12.2025

Die späten 1990er Jahre waren geprägt von einem beispiellosen Börsenboom im Technologiesektor, der als Dotcom-Blase bekannt wurde....

DWN
Politik
Politik Demokratie unter Dauerstress: Der globale Trend zur Autokratie
26.12.2025

2026 könnte zum Wendepunkt werden: Von Washington bis Berlin geraten liberale Demokratien unter Druck. Autokraten gewinnen Einfluss,...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Prognose: Startet die deutsche Wirtschaft 2026 endlich durch?
25.12.2025

Drei Jahre Flaute, kaum Wachstum – doch 2026 könnte die deutsche Wirtschaft endlich drehen. Prognosen deuten auf leichte Erholung,...