Im September lag die Inflationsrate in Deutschland laut Statistischem Bundesamt bei 1,6 Prozent – der niedrigste Wert seit mehr als drei Jahren. Ein weiterer Rückgang wird nicht erwartet, denn die Inflationsraten zeigen wieder nach oben: Wirtschaftsexperten aus aller Welt rechnen weiterhin mit Inflationsraten über den Zielen der Zentralbanken. Das geht aus dem Economic Experts Survey hervor, einer vierteljährlichen Umfrage des ifo Instituts und des Instituts für Schweizer Wirtschaftspolitik.
ifo: Inflationsraten sollen wieder steigen
„Auch in der mittleren Frist wird eine Inflation über dem Ziel der Europäischen Zentralbank von zwei Prozent erwartet“, sagt ifo-Forscher Niklas Potrafke. „Aufgrund dieser stagnierenden Inflationserwartungen könnten sich die Zentralbanken mit weiteren Zinssenkungen zurückhalten.“
Prognose: Erneuter Anstieg der Verbraucherpreise
Demnach werden in Deutschland noch dieses Jahr 2,4 Prozent erwartet, in der Eurozone 2,6 Prozent. Weltweit könnte die Inflation sogar 4,0 Prozent erreichen. „Anders als im vorherigen Quartal gehen die Teilnehmer für 2024 nicht mehr von weiter rückläufigen Inflationsraten aus“, sagt Potrafke.
In Westeuropa (2,5 Prozent) und Nordamerika (2,7 Prozent) liegen die Inflationserwartungen für 2024 deutlich unter dem weltweiten Durchschnitt. Die Erwartungen für 2024 fielen im Vergleich zur Umfrage im 2. Quartal um 0,1 bzw. 0,4 Prozentpunkte.
Inflationsentwicklung: Ausblick 2025 – 2027
Im kommenden Jahr werden weltweit Inflationsraten von 3,9 Prozent erwartet und 2027 von 3,6 Prozent. Für Deutschland erwarten die Experten 2025 einen Anstieg der Verbraucherpreise um 2,3 Prozent und für 2027 noch 2,2. Für Westeuropa sehen die Experten die Inflation 2027 bei 2,1 Prozent und 2,4 Prozent für Nordamerika.
In den anderen Teilen Europas liegen die Inflationserwartungen für 2027 höher: Nordeuropa 2,7, Südeuropa 3,0 und Osteuropa 5,9 Prozent. Zu den Regionen mit besonders hohen Inflationserwartungen von über 20 Prozent zählen Südamerika und weite Teile Afrikas.
Das Münchner Ifo-Institut und das Institut für Schweizer Wirtschaftspolitik hatten im September und Oktober 1.514 Expertinnen und Experten aus 119 Ländern befragt.
Wie wird die Inflation berechnet?
Eine Inflation bezeichnet den Anstieg des Preisniveaus: Die Verbraucherpreise erhöhen sich dabei über einen längeren Zeitraum. Das bringt eine Geldentwertung mit sich: Die Kaufkraft des Geldes nimmt ab. Die Inflation wird anhand der Inflationsrate ermittelt: Sie zeigt, in welchem Umfang Preise für Waren und Dienstleistungen in einem festgelegten Zeitraum gestiegen sind.
Die Inflationsrate wird in Deutschland vom Statistischen Bundesamt berechnet – mithilfe des Verbraucherpreisindex (VPI). Der VPI misst monatlich die durchschnittliche Preisentwicklung aller Waren und Dienstleistungen, die private Haushalte in Deutschland konsumieren. Die Veränderung des Verbraucherpreisindex zum Vorjahr wird als Inflationsrate bezeichnet.
Zur Berechnung der Inflationsrate wird ein fiktiver Warenkorb herangezogen, der stellvertretend für den Bedarf der privaten Haushalte mehr als 650 Güterarten umfasst – von Nahrungsmitteln über Bekleidung bis hin zu Ausgaben für Wohnung und Freizeit. Mit welcher Gewichtung sie in den Gesamtindex einfließen, ist im Wägungsschema festgehalten.
Welche Rolle spielt die Zentralbank?
Aufgabe der Europäischen Zentralbank (EZB) ist es, im Euroraum stabile Preise zu gewährleisten. Sie strebt an, dass die Inflationsrate niedrig, stabil und berechenbar bleibt – idealerweise mittelfristig bei zwei Prozent. Ihr wichtigstes geldpolitisches Instrument ist der Leitzins. Er bestimmt, zu welchen Konditionen Banken bei der Zentralbank Geld leihen oder anlegen können. Weicht die Inflation vom Zwei-Prozent-Ziel ab, reagiert die EZB gewöhnlich mit Leitzinsänderungen: Eine zu hohe Inflationsrate wird mit Zinserhöhungen, eine zu niedrige Inflationsrate mit Zinssenkungen bekämpft.
Wächst zusätzlich zur Inflation die Wirtschaft nicht oder nur wenig und steigt die Arbeitslosigkeit, befindet sich das Land in einer Stagflation.