Donald Trump zieht erneut ins Weiße Haus ein. Die Weltwirtschaft blickt alarmiert auf die USA, denn mit "America First" als Leitmotiv droht eine noch stärkere Abschottung. Höhere Zölle, Handelsbarrieren, Isolationismus – die Auswirkungen auf die exportabhängige deutsche Wirtschaft könnten gravierend sein. Bereits im Vorfeld warnte die Hans-Böckler-Stiftung: Ein erneuter Trump-Sieg sei ein „weiterer negativer Schock" für die deutsche Wirtschaft.
America First: Rückkehr zu Protektionismus und Isolationismus
Trump hat in seiner ersten Amtszeit eine protektionistische Wirtschaftspolitik verfolgt, die in einer möglichen zweiten Amtszeit wahrscheinlich verstärkt wird. Ziel ist es, die amerikanische Industrie zu stärken und Arbeitsplätze zu sichern – koste es, was es wolle. Dr. Lora Pavlova vom Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) betont, dass eine stärkere Ausrichtung auf „Isolationismus und protektionistische Maßnahmen“ die heimische US-Industrie schützen und globale Wettbewerber benachteiligen soll. Diese Strategie könnte Deutschlands Wachstumspotenzial als einer der wichtigsten Handelspartner der USA erheblich beeinträchtigen.
Höhere Zölle: Ein Risiko für deutsche Exporte
Für deutsche Unternehmen, die Waren und Dienstleistungen in die USA exportieren, könnten sich wirtschaftliche Rahmenbedingungen verändern. Höhere Zölle auf deutsche Produkte würden das Wachstumspotenzial Deutschlands als Exportnation dämpfen. Schon 2023 gingen etwa 10 Prozent der deutschen Exporte in die USA. Für die exportorientierte deutsche Wirtschaft wären höhere Zölle und Handelsbarrieren ein deutlicher Rückschlag. Trump möchte nicht nur einen Zoll von 60 Prozent auf chinesische Importe einführen, er brachte auch einen allgemeinen Zollsatz von bis zu 20 Prozent auf sämtliche EU-Importe ins Spiel.
Trump-Sieg: Dunkle Wolken über den Handelsbeziehungen?
Gabriel Felbermayr, Präsident des Kieler Instituts für Weltwirtschaft (ifW), sieht die transatlantischen Beziehungen ebenfalls in Gefahr. Trumps Interesse an multilateralen Abkommen ist minimal. Er setzt vielmehr auf bilaterale Deals – und zwar so, dass die USA stets den größten Vorteil daraus ziehen.
Diese Politik könnte Deutschlands Beziehungen zu den USA erheblich belasten und die Wettbewerbsfähigkeit deutscher Firmen unterminieren.
Strategien für deutsche Unternehmen: Mehr Resilienz, mehr Unabhängigkeit
Wie sollten deutsche Unternehmen reagieren? Es ist Zeit für einen strategischen Kurswechsel: Abhängigkeiten von den USA sollten jetzt kritisch geprüft und Alternativen geschaffen werden. Marc Kloepfel, Spezialist für Lieferkettenmanagement, rät zu gezielten Alternativen in der Beschaffung. „Das Wichtigste aus Unternehmenssicht ist zu beurteilen, was sie wo kaufen“, erklärt er. Besonders bei Rohstoffen und Zulieferteilen aus den USA gilt: Unternehmen müssen nach neuen Bezugsquellen suchen, nicht nur, um potenziellen Handelsbarrieren zu trotzen, sondern auch, um sich krisenfester aufzustellen. Eine stärkere Fokussierung auf Asien oder regionale Beschaffung in Europa könnte echte Wettbewerbsvorteile schaffen.
Ein mittelständisches Maschinenbauunternehmen könnte statt US-Lieferanten vermehrt auf Partner in Europa oder Asien setzen. Siemens zeigt bereits, wie’s geht: Durch den Ausbau regionaler Zuliefernetzwerke werden globale Lieferketten flexibler und die Abhängigkeit von den USA verringert. Gleichzeitig öffnen sich Zugänge zu neuen Märkten, was Wachstumschancen stärkt und Handelsrisiken mindert. Ein Trump-Sieg ist ein Weckruf: Unternehmen müssen jetzt ihre Lieferketten resilienter und flexibler gestalten. Mit mehreren parallellaufenden Strategien und alternativen Bezugsquellen können sie Risiken gezielt minimieren.
Politik gefragt: Wie Deutschland seine Wirtschaft schützen kann
Auch die Bundesregierung muss aktiv werden, um die heimische Wirtschaft vor den Folgen der neuen US-Politik zu schützen. Kloepfel fordert eine „Europe-First-Politik“, die Subventionen für Unternehmen bereitstellt, um bei kritischen Produkten und Lieferengpässen Abhängigkeiten zu minimieren. Insbesondere Produkte, die durch Handelskonflikte knapp werden, müssen identifiziert und gezielt in europäische Industrien investiert werden – auch wenn asiatische Einkäufe günstiger erscheinen. „Rein aus Risikosicht müssen wir auch in Europa über entsprechende Technologien verfügen, um im Ernstfall geschützt zu sein.“ Ein großes Hemmnis für die Produktion in Deutschland sind jedoch die hohen Energiepreise, die für energieintensive Industrien untragbar sind. Das erschwert die Rückverlagerung von Produktionsteilen in die heimische Wertschöpfungskette.
Ein erster Schritt könnte sein, Handelsbeziehungen zu anderen Ländern wie China, Kanada und Südamerika zu intensivieren. Weiterhin schlagen Experten vor, die „Schuldenbremse“ zu lockern, um öffentliche Investitionen in Infrastruktur und Digitalisierung zu ermöglichen. Steuererleichterungen für Unternehmen und der Abbau bürokratischer Hürden könnten ebenfalls eine sinnvolle Antwort auf Trumps Protektionismus sein. Darüber hinaus wird empfohlen, die Verteidigungsausgaben zu erhöhen, um die Abhängigkeit von den USA zu verringern. Weitere Vorschläge umfassen eine flexiblere Handhabung der Energiewende und eine bessere Integration von Migranten in den Arbeitsmarkt.
Fazit: Ein Wendepunkt für deutsche Unternehmen
Das Meinungsbild unter deutschen Wirtschaftsexperten ist jedoch geteilt: Während einige zur Abkehr von den USA raten, betonen andere, dass schnelles Handeln auch Risiken birgt und plädieren für eine abwartende Haltung bis zur vollständigen Umsetzung der US-Politik. Dennoch scheint klar: Die deutsche Politik muss Wege finden, die Abhängigkeit von der US-Wirtschaft zu reduzieren und gleichzeitig die Wettbewerbsfähigkeit im globalen Markt zu sichern.
Der Sieg von Donald Trump markiert einen Wendepunkt für deutsche Unternehmen und die Bundesregierung. Während die USA ihren protektionistischen Kurs fortsetzen, müssen deutsche Unternehmen ihre Resilienz stärken, indem sie ihre Lieferketten diversifizieren und auf europäische Partnerschaften setzen. Der Schlüssel zum Erfolg liegt in der Fähigkeit zur schnellen Anpassung – sowohl im Hinblick auf neue Bezugsquellen als auch bei der Identifikation von Risikoquellen. Gleichzeitig muss die Politik den Weg für eine unabhängige, krisenfeste Wirtschaft ebnen. Dies erfordert nicht nur Investitionen in Innovation und Infrastruktur, sondern auch den Abbau bürokratischer Hürden und die Schaffung flexibler Rahmenbedingungen. Ein strategisches Umdenken ist unerlässlich – für Unternehmen und für die Politik. Der Trump-Sieg könnte den endgültigen Anstoß für eine umfassende Neuausrichtung der deutschen Wirtschaft geben.