Shopify, nicht Spotify! Nein, dies ist kein Bericht über den Audio-Streaming-Dienst! Klingt sehr ähnlich, aber es geht bei dem Tech-Unternehmen Shopify nicht um gute Musik, sondern darum, dass es bei den Händlern ordentlich klingelt in der Kasse.
Shopify aus der kanadischen Hauptstadt Ottawa hat sich in nicht einmal zehn Jahren zum Software-Anbieter Nummer 1 für Online-Shops weltweit hochgearbeitet. Für viele ist es im internationalen Handel inzwischen eine feste Größe wie Amazon, Ebay oder auch Etsy. Doch Shopify selbst verkauft gar nichts, sondern ermöglicht es nur, im Internet gute Geschäfte zu machen. Die Referenzliste reicht von Tesla, das in den Anfangsjahren das Shop-Modell adaptierte, bis hin zu international aufgestellten Influencern wie etwa Kylie Jenner von den Kardashians, die ihre Kosmetik-Produkte optimal promoten und vermarkten wollen.
Shopify bedient für seine Kunden die komplette E-Commerce-Klaviatur: vom Shop-Aufbau bis zu 100 verschiedenen Designs, von der Produktverwaltung bis hin zur Zahlungsabwicklung und zu nützlichen Logistik-Tools - alles aus einer Hand. Und mittlerweile gibt es sogar, wenn gewünscht, eine Schnittstelle zum Amazon-Prime-Versand. Shopifys Kundengruppe sind seine Händler, und der Fokus des Unternehmens richtet sich nach ihnen. Wenig verwunderlich, dass der Umsatz in den vergangenen zehn Jahren jährlich im Schnitt um 65 Prozent zulegen konnte. Wobei es Spitzen während der Corona-Pandemie gab, als gefühlt die halbe Welt vom stationären Handel auf das Online-Geschäft umgestellt hat. Allerdings erlebten die Shopify-Aktie und der Unternehmensumsatz auch einen herben Einbruch danach: zu viel Personal, zu große Erwartungen, irgendwie den Blick auf die Kundenbedürfnisse verloren.
Wohlgemerkt, Shopify ist selbst nicht die Handelsplattform, über die Waren verkauft und ausgeliefert werden. Das hat Shopify in seiner Wachstumsphase tatsächlich mal (u.a. mit einem halben Dutzend Auslieferungslagern in den USA) versucht und sich dabei eine blutige Nase geholt. Das ist schlicht das erfolgreiche Amazon-Business - da kommt Shopify nicht mehr mit und hat es deshalb auch schnell sein lassen. Insofern ist Shopify tatsächlich eher ein Anti-Amazon. Shopify interessiert sich für den Erfolg seiner B2B-Kunden, weil es daran verdient, wenn diese erfolgreich Handel treiben. Amazon indessen konkurriert mit seinen Händlern um den höchstmöglichen Anteil an der Kundengeldbörse. Auch Etsy, die sich als Partner ihrer Anbieter sehen, traktieren diese inzwischen mit aufgezwungenen Rabattschlachten und der Nötigung zu kostenlosem Versand - so derzeit etwa in der Vorweihnachtszeit.
Schuster bleib' bei Deinen Leisten! An diesen Leitsatz aus seiner Kindheit in Rheinland-Pfalz hat sich Tobias Lütke in Ottawa noch gut erinnern können. Für den monatlichen Preis eines hochwertigen Streaming-Dienstes bietet er das Grundgerüst für einen Online-Store im Abo-Verfahren - Shopify gelingt so, Software und Service mittlerweile auf allen Kontinenten zu skalieren.
Gelddruckmaschine: Skalierbares Abo-Modell für Online-Shops weltweit
Bei Shopify sind die Tarife wie folgt gestaffelt:
- Basic für 36 Euro im Monat
- Shopify für 105 Euro im Monat
- Advanced für 384 Euro im Monat
Als cleverer Schachzug des Vorstands in Ontario erweist sich, gezielt auch größere Unternehmen zu akquirieren und nicht mehr allein auf kleine Anbieter zu zielen. Namhafte Brands wie Mattel, Netflix und Toys “R” Us (Smyths Toys) sind bei Shopify als Kunden an Bord gegangen, weil sie von den Software-Lösungen überzeugt werden konnten. Mit dieser Strategie darf das Unternehmen in aller Zukunft noch größeres Bestellvolumen und schnelleres Wachstum erwarten. Ein wendiges Startup, das nicht nur zum internationalen Player geworden ist, sondern sich allmählich auf bestem Wege zu einem Dividendenbringer befinden dürfte.
Die Internet-Seite tante-e ist vom Erfolg mehr als angetan: „Weltweit vertrauen über 4,5 Millionen Onlineshops in 175 Ländern auf das erfolgreiche Shop-System. Und auch in Deutschland hat Shopify in den letzten Jahren einen beeindruckenden Aufschwung erlebt: Im Jahr 2024 existierten mittlerweile über 80.000 deutsche Shopify-Shops.“ Fritz Kola zählt genauso dazu wie der Fanshop des Bundesligisten FC Union Berlin oder Universal Music Germany.
Shopify-Aktie: Aufstrebendes E-Commerce-Unternehmen im Business-to-Business (B2B)
Die Börsen-Experten von The Motley Fool kommt zu folgendem Urteil: „Wie Amazon hat auch Shopify den Anlegern ein enormes Vermögen beschert. Seit dem Börsengang im Jahr 2015 ist die Aktie um rund 2.000 Prozent gestiegen (Stand: Juli 2024). Zum Vergleich: Aus den 10.000 US-Dollar, die zu Beginn investiert wurden, sind inzwischen mehr als 200.0000 US-Dollar geworden. Die Einahmen stiegen von 105 Millionen Dollar im Jahr 2014 auf 7,06 Milliarden Dollar im Jahr 2023, also um mehr als 6.700 Prozent! Und das Geheimrezept? Ein fanatischer Fokus auf die Bereitstellung von Software und Tools, die Händlern helfen, erfolgreich online und überall sonst zu verkaufen. Zu diesem Zweck bietet Shopify eine benutzerfreundliche Software-Plattform, die es Händlern ermöglicht, fast sofort mit dem Online-Verkauf zu beginnen. Darüber hinaus bietet das Technologieunternehmen eine breite Palette von Tools an, die Händlern zum Erfolg verhelfen, darunter Zahlungsabwicklung, POS-Systeme für den Einzelhandel, Versanddienste und vieles mehr.“
Und wie hat alles angefangen? Es war tatsächlich ein junge Spiel-Nerd, der den heutigen Tech-Konzern fast im Alleingang hochgezogen hat. Tobias Lütke, 1981 in Konstanz geboren und zur Schule gegangen, dann aus Liebe zum Snowboading nach Kanada gezogen, wo er sich verliebte, eine Familie gründete und als typischer Selfmademan ein Business hochzog. Lütke hatte schon im Alter von zwölf Jahren begonnen, Computerspiele zu programmieren. Woraufhin er sich entschied, eine Ausbildung zum Informatiker zu beginnen. Dass er sie abbrach, erscheint fast folgerichtig. Lütke entpuppte sich rasch als Blitzmerker, dem zumeist alles viel zu lange dauerte. 2002 zog er nach Kanada, wo er aus seiner Leidenschaft ein Business machte, zusammen mit Freunden.
Mit Snowboards zum gefragten Online-Toolmaker - eine Insider-Story des Entrepreneurships
Er startete mit „Snowdevil“ einen Onlineshop zum Verkauf von Skateboards. Als erste Probleme mit der Verkaufsplattform auftauchten, griff Lütke behände ein und entwickelte selbst die notwendigen Tools, um den Verkauf zu optimieren. Seine Internet-Werkzeuge entpuppten sich schnell als größere Verkaufsschlager - im Vergleich zu den Snowboards. Aus einem der Tools entstand „Shopify“. Lütke, der stilecht immer nur mit Schiebermütze aufläuft, ist mit der gates-asrigen Garagen-Gründung in Ontario und einem erwirtschaften Vermögen von mittlerweile über sechs Milliarden Dollar einer der erfolgreichsten Tech-Milliardäre aus Deutschland. Freilich niemand, der die breite Öffentlichkeit schätzt und von daher immer noch eine Insider-Story des Entrepreneurships darstellt - vom Snowboarder zum Milliardär.
Dabei ist Lütke aber immer noch voll involviert. Er verbeißt sich weiterhin in Detail-Lösungen und Verbesserungen seiner Software. Sein Knowhow, über die Jahre kontinuierlich verbessert und fintenreich optimiert, scheint jedenfalls die DNA einer regelrechten Gelddruckmaschine in sich zu tragen - wie die in dieser Woche vorgelegten Bilanzen verdeutlichen.
Shopify-Aktie hebt ab: Shopify-Quartalszahlen über den Erwartungen
Die Geschäftsleitung meldete ein überraschend starkes Comeback und schaffte damit endgültig, die vollständige Rehabilitierung des Shopify-Geschäftsmodells: Shopify gelang es, den Umsatz allein im dritten Quartal um 26 Prozent auf 2,16 Milliarden Dollar zu steigern - Analysten hatten bei den Shopify-Quartalszahlen nur 2,12 Milliarden erwartet. Das Bruttowaren-Volumen, also der gesamte Wert der Verkäufe von Händlern über die Shopify-Plattformen, betrug damit 69,7 Milliarden Dollar - auch dies war deutlich höher als in den Wall-Street-Prognosen von 67,8 Milliarden Dollar.
Überraschend starke Shopify-Quartalszahlen bescherten dem Unternehmen unter dem Strich einen Gewinn von 344 Millionen Dollar, was die Börsenexperten geradezu ins Entzücken versetzte. Die Kurskurve der Shopify-Aktie ging wie eine Rakete steil, freilich nicht, um gleich wegen Gewinnmitnahmen wieder abstürzen. Auch den Rest der Woche ging es weiter solide nach oben. Nicht wenige Finanzseiten wie InvestNow rechnen bis 2030 mit einem Shopify-Aktienwert über 400 Dollar.
So kommt es, dass sich Shopify seit seinem Rückschlag vor zweieinhalb Jahren und einer zwischenzeitlichen Krise jetzt wieder berappeln konnte, nicht nur Personal entlassen, sondern sich wieder auf das Wesentliche konzentriert hat - und sukzessive die Umsätze erhöhen konnte. Auch für das vierte Quartal erwartet das Unternehmen, den Umsatz prozentual im mittleren bis hohen Zwanzigerbereich ausbauen zu können. Analysten bei Bloomberg kalkulieren erst einmal mit 23 Prozent Zuwachs - auf dann wohl 2,63 Milliarden Dollar. Mal sehen, welche Überraschung die neuen Shopify-Quartalszahlen parat haben.
Beim Wettbewerb um Unternehmer lässt Shopify die Konkurrenz hinter sich
Anno 2015 wäre es wohl eher die Hamburger Firma Jimdo gewesen, mit der man seinen Online-Shop gebastelt und designed hätte - damals ein erster guter Schritt, um Aufmerksamkeit zu erzeugen im Internet und Kundenkontakte zu genieren. Fast forward ins heute, kann man indessen nur sagen, dass die Händler nach guten Anfangserfolgen aber nicht mehr organisch weiter wachsen konnten. Zu Shopify zu wechseln, wurde für viele zum nächsten logischen Schritt.
Die Online-Seite Eshop-Guide gibt dazu folgende Einschätzung: „Wenn dein Business wächst, wirst du immer mehr Systeme an deinen Shop anbinden wollen. Weitere Verkaufskanäle etwa, oder auch deinen Social-Media-Auftritt, deinen Fulfillment-Dienstleister oder einfach deine Steuerberatung. In Jimdo sind Anbindungen externer Systeme theoretisch zwar möglich, in der Praxis aber extrem aufwändig und kompliziert. Als Webbaukasten ist die Software hermetisch abgeschottet und lässt Kommunikation nach außen nur ungern zu. Shopify dagegen besitzt von Haus aus bereits zahlreiche Schnittstellen zu Marktplätzen, Social-Media-Kanälen, der DATEV, für Warenwirtschaftssysteme oder Retouren-Portale. Prinzipiell kann die Software mit allem kommunizieren, was die IT-Landschaft hergibt – und wenn es keine API gibt, dann bauen wir halt eine!“
Shopify-Aktie: Prognosen sind positiv - und jetzt?
Wie geht es also bei der Shopify-Aktie weiter? Ist sie ein Kauf? Während Amazon mehr als 1,5 Millionen Menschen beschäftigt in aller Welt, kommt Shopify mit weniger als 10.000 Mitarbeitern klar. The Motley Fool verweist auf die unterschiedlichen Zukunftsaussichten. Wo Amazon zwar in der E-Commerce-Branche begonnen hat, könnten „seine größten Zukunftschancen in anderen Bereichen liegen - vor allem im Cloud Computing und in der Werbung“.
Die Zielrichtung bei Shopify bleibt der Handel: „Die größte Chance für Shopify liegt jedoch nach wie vor im Einzelhandel, da das Unternehmen seine Online-E-Commerce-Durchdringung vertieft und in den stationären und globalen Handel expandiert. Die Konzentration auf das Einzelhandelssegment allein wird das Unternehmen noch viele Jahre, wenn nicht Jahrzehnte beschäftigen“, so das Fazit des Motley-Analysten Lawrence Nga. „Die Konzentration auf die Steigerung des Marktanteils im E-Commerce in den USA und weltweit wird die Wachstumsmaschine des Unternehmens noch lange am Laufen halten.“
Die Analysten sind für die Shopify-Aktie überwiegend bullish, hier die positiven Prognosen für die Shopify-Aktie samt Kurszielen:
- Oppenheimer bewertet die Aktie positiv und rät zum Kauf, das Kursziel erhöhen die Aktienexperten von 90 US-Dollar auf 130 U-Dollar.
- Ein ähnliches Urteil fällt RBC Capital Markets. Die Aktienexperten bewerten die Shopify-Anteilsscheine mit einem Kauf-Rating, der faire Preis wird ebenfalls auf 130 US-Dollar nach oben korrigiert.
- Auch Morgan Stanley sagt zur Aktie von Shopify "Buy", der Zielpreis wurde von 85 auf 126 US-Dollar angehoben.
Im Donnerstagshandel legte die Shopify-Aktie noch einmal nach und kletterte auf ein neues Hoch seit Ende 2021 bei 109,46 US-Dollar. Im Handelsverlauf rutschte die Shopify-Aktie dann aber doch etwas ab, weil Anleger Gewinne mitnahmen. Zum Handelsschluss am Donnerstag stand ein Minus von annähernd 4 Prozent. Verkraftbar - und ändert nichts an den positiven Prognosen.