Monatelang hatten SPD, Grüne und FDP über den Haushaltsplan für das Jahr 2025 gestritten – doch die entscheidende Bereinigungssitzung des Haushaltsausschusses fand am 14. November nicht statt. Einen neuen Anlauf sollte es vom 25. bis 29. November bei den Haushaltsberatungen geben. Doch mit der absagten Sitzungswoche, werden die Haushaltsplanungen erneut vertagt. Der Bundesetat bleibt somit für 2025 ungeklärt.
In dem Fall sollte es um die Einzelpläne des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales sowie des Bundesverteidigungsministeriums für das Haushaltsgesetz 2025 (HG 2025) gehen: Der Gesetzentwurf vom 16. August 2024 liegt als PDF-Datei vor.
Keine Sitzungswoche, kein Haushalt
Der Bundestag sollte eigentlich ebenfalls den Nachtragshaushalt für 2024 beschließen. Ein solcher ist nötig, wenn die Bundesregierung in einem Jahr nicht mit den Geldern aus dem Haushalt ausgekommen ist. Insgesamt fehlen 12,1 Milliarden Euro, insbesondere durch die gestiegenen Bürgergeldkosten. Auch dieser ist durch die Streichung der Sitzungswoche jetzt offiziell gescheitert.
Das Nachtragshaushaltsgesetz stand bereits letzte Woche nicht mehr auf der Tagesordnung. Es wurde nach der zweiten Beratung mit den Stimmen des gesamten Parlaments an den Haushaltsausschuss überwiesen. Nach Angaben des Bundestags hatten die Fraktionen von SPD, Grünen, der FDP und der Union einen entsprechenden Antrag eingebracht.
Wie die Tagesschau berichtet, sind in dem bereits vom alten Ampelkabinett verabschiedeten Entwurf zusätzliche Ausgaben in Höhe von 10,4 Milliarden für „erneuerbare Energien“ und zum Ausgleich des europäischen Emissionshandels sowie von 3,7 Milliarden für das Bürgergeld vorgesehen. Im Parlament fehlt allerdings eine Mehrheit zur Verabschiedung.
Geplatzter Haushalt: Wie geht es jetzt weiter?
Eigentlich sollte das Parlament vom 25. bis zum 29. November über den Haushalt beraten. Doch mit der Aussetzung der Sitzungswoche kommt es zu keiner Aufstellung des Haushaltes. Dadurch wird aller Voraussicht nach zu einer sogenannten „vorläufigen Haushaltsführung“ kommen. Dadurch wird der Haushalt des vergangenen Jahres provisorisch fortgeführt. Konkret bedeutet das, dass die Bundesregierung jeden Monat ein Zwölftel des Vorjahresbudgets ausgeben darf. Dieses Verfahren wird häufig auch nach den Bundestagswahlen angewandt, falls die neue Regierung noch nicht zu den Haushaltsverhandlungen gekommen ist.
Kukies: „Parlament ist Herr des Verfahrens“
Aus Sicht des neuen Bundesfinanzministers Jörg Kukies (SPD) liegt es an den Abgeordneten, die Haushaltsfragen zu klären: „Das Parlament ist Herr des Verfahrens“, zitiert ihn die Tagesschau.
Der neue Finanzminister Jörg Kukies (SPD) ist aber zuversichtlich, dass er auch ohne Nachtragshaushalt eine Punktlandung bei den Finanzen hinbekommt. Er möchte laut Spiegel zehn Milliarden Euro an Fördermitteln, die für die vorerst gescheiterte Ansiedlung des Chipherstellers Intel vorgesehen waren, verwenden, um dieses Finanzloch zu schließen.
Kukies hatte am 7. November die Nachfolge des bisherigen Amtsinhabers Christian Lindner (FDP) angetreten, nachdem Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) diesem am Vorabend den Stuhl vor die Tür gesetzt hatte. Bisher war der 56-Jährige als Staatssekretär im Kanzleramt sowie als Wirtschaftsberater tätig, lange Zeit auch für die Investmentbank Goldman Sachs. Kukies gehört ebenfalls der SPD an und gilt als ein wichtiger Berater von Kanzler Olaf Scholz. Etwa verhandelt er für ihn die Abschlussdokumente der G7- und G20-Gipfel.
Könnte es zu einer Haushaltssperre kommen?
Eine andere Möglichkeit, ohne einen Nachtragshaushalt auszukommen, wäre die sogenannte „Haushaltssperre“. Diese könnte vom Finanzminister beschlossen werden. Ein solcher Verwaltungsakt sollte nicht mit dem aus den USA bekannten „Shutdown“ verwechselt werden. Dort darf die US-Regierung dann gar kein Geld mehr ausgeben.
In Deutschland würden alle Ausgaben, zu denen die Bundesregierung gesetzlich oder vertraglich verpflichtet ist, trotzdem weiterlaufen. Das betrifft etwa Sozialleistungen, die Gehälter von Beamten oder Zuschüsse an die EU oder die UN. Auch schon begonnene Projekte, wie etwa Sanierungen, würden nicht gestoppt werden. Es würden aber alle freiwilligen Ausgaben der Bundesregierung abgebrochen werden. Darunter fallen etwa Subventionen und Förderprogramme. Bereits genehmigte Gelder, wie etwa Zuschüsse für Wärmepumpen, würden allerdings auch noch ausgezahlt werden.
Finanzminister Kukies geht fest davon aus, dass es nicht nötig sein wird, auf dieses Mittel zurückzugreifen.
Wann gab es die letzte Haushaltssperre?
Bereits 2023 gab es eine Haushaltssperre: Nach einem Urteil des Bundesgerichtshofs sperrte das Finanzministerium unter Christian Lindner alle künftigen Ausgaben. Betroffen waren fast alle Ministerien. Der Grund: Das Bundesverfassungsgericht hatte der Bundesregierung 60 Milliarden Euro gestrichen, weil die Übertragung nicht genutzter Corona-Kredite auf den Klimafonds verfassungswidrig war. Daraufhin wurde der Klimafonds und der 200-Milliarden-Euro-Abwehrschirm zur Dämpfung der Energiepreise gesperrt. Die Folge sind weiter stark ansteigende Energiepreise für den Verbraucher für diesen Herbst und Winter.
Zu vor gab es 1970 sowie 1979 im Deutschen Bundestages unter Rudolf Vierhaus schon einmal Haushaltssperren. Damals sollte unter anderem die Neuverschuldung gebremst werden, allerdings ohne nennenswerten Erfolg. Eine Haushaltssperre kann auch nur ein Bundesland betreffen, so geschehen 1966 und 1994 in Baden-Württemberg.
2024 nur noch zwei Sitzungswochen im Plenum
Die nächste reguläre Sitzungswoche startet erst wieder am 2. Dezember. Erst dann können im Bundestag wieder Gesetzesvorhaben debattieren und verabschieden werden. Die letzte Sitzungswoche des Jahres findet nach jetzigen Stand zwischen dem 16. und 20. Dezember statt. Wann es im Haushaltsausschuss weitergehen soll, steht noch nicht fest: Auf der Website des Bundestags findet sich nur der Passus: „Derzeit liegen keine Termine vor“. Torsten Herbst (51), parlamentarischer Geschäftsführer der FDP, warnte bereits vor einer einfachen Lösung: „Es gibt keine Zustimmung von uns zur bisherigen Planung.“ Auch Frank Schäffler (55), Haushaltsexperte der FDP, betont die drohenden Konsequenzen. Die Haushaltssperre, so Schäffler, könnte das gesamte politische System in eine schwere Krise stürzen.
Es scheint, dass auf Deutschland erneut eine Haushaltssperre zukommt, denn es fehlen Milliarden und damit ist ein radikaler Ausgabenstopp unvermeidlich. Verzögerungen bei Investitionen und Förderungen würden weitreichende Folgen haben und könnten die deutsche Wirtschaft weiter nachhaltig schädigen. Und das mitten in der größten Wirtschaftskrise des Landes. In den kommenden Wochen wird sich zeigen, ob es dem neuen Finanzminister gelingt, Mehrheiten im Parlament zu gewinnen und eine Haushaltssperre zu umgehen.