Panorama

Sammelkarten als Wertanlage: Das Geschäft mit begehrten Karten

Sammelkarten sind weit mehr als nur ein Zeitvertreib. Besonders seltene Karten erzielen zum Teil Rekordpreise. Was steckt hinter diesem Phänomen?
24.11.2024 09:31
Lesezeit: 3 min

Monatlich begutachten Patrick Meierhofer und sein Team bis zu 3.000 Sammelkarten im Unternehmen AOG in Schwaig bei Nürnberg. Die Experten prüfen die Karten auf ihren Zustand. Darauf abgebildet sind oft Comicfiguren oder Sportler. Auf Schulhöfen sind Sammelkarten ein beliebtes Tauschgut, aber auch Erwachsene sammeln sie – und sind bereit, hohe Summen für seltene Exemplare zu zahlen. Ein Set von fast 300 Karten aus dem Jahr 1993, das AOG bewertete, wird aktuell für eine Million Euro angeboten. Doch warum sind einige Sammelkarten so wertvoll? „Das sind keine Realwerte, sondern emotionale Werte“, erklärt Meierhofer. „Wie bei Aktien – Angebot und Nachfrage bestimmen den Preis.“

Wertanlage: Seltene Sammelkarten sind enorm gefragt

Sammelkarten bilden eine eigene Welt. Einige sind rein zum Sammeln gedacht, während andere als Spielkarten genutzt werden, mit denen man gegen andere antritt. Doch auch unter den Spielkarten gibt es Sammler, die nur die Karten besitzen wollen, ohne sie zu verwenden.

Das Konzept ist meist ähnlich: Man kauft Karten in Päckchen oder Boxen, deren Inhalt meist eine Überraschung ist. Viele Karten kommen häufig vor, doch mit Glück findet man auch besonders seltene Exemplare. „Es gibt Karten, die in sehr begrenzter Auflage produziert werden. Diese sind bei Sammlern extrem begehrt“, erklärt Carol Rapp, Geschäftsführerin der internationalen Spielemesse „Spiel Essen“.

Die wachsende Sammelkarten-Branche

Laut Rapp gibt es Sammelkarten-Spiele seit rund 30 Jahren. Magic war das erste Spiel dieser Art, gefolgt von Pokémon und Yu-Gi-Oh! Danach gab es immer wieder neue Spiele, erklärt die Expertin. Seit der Corona-Pandemie beobachten Branchenkenner jedoch einen regelrechten Boom. „In den letzten Jahren sind viele neue Sammelkarten-Spiele auf den Markt gekommen, die verschiedene Zielgruppen ansprechen“, so Rapp. Ein gutes Beispiel ist der deutsche Branchengigant Ravensburger, der mit Disney Lorcana ein Sammelkarten-Spiel auf den Markt brachte. Laut einem Sprecher wurde für den „größten Produktlaunch in der Unternehmensgeschichte“ über drei Jahre hinweg viel investiert. Konkrete Umsatzzahlen nennt der Verlag jedoch nicht.

Die Zahlen der Branche belegen das Wachstumspotential: Laut dem Marktforschungsunternehmen Circana wuchsen Sammelkarten in den vergangenen Jahren zweistellig. Auch in diesem Jahr wuchs der Umsatz trotz sinkender Kaufbereitschaft stabil: Bis Ende August legte der Umsatz des Spielemarkts laut Circana um 0,9 Prozent zu, wobei Sammelkarten zu den Hauptwachstumstreibern gehörten. Weitere Details dazu will Circana am Mittwoch auf der Pressekonferenz der Spielwarenbranche in Nürnberg bekannt geben.

Sammelkarten als Wertanlage: Boom im Zweitmarkt für Sammelkarten

Was in den Zahlen oft nicht zu sehen ist, sind die Umsätze im Zweitmarkt. Dieser ist nach Angaben von Bernhard Breit, Inhaber von BB Spiele in Rosenheim, traditionell von großer Bedeutung. Schließlich sammelt man irgendwann mehrere Exemplare einer Karte, während andere in der Sammlung fehlen. Früher tauschten Sammler Karten in Ordnern, heute wird dies zunehmend über das Internet abgewickelt. Auch sein Geschäft kauft inzwischen Sammelkarten an.

Der größte europäische Händler ist die Plattform Cardmarket, die 2023 mehr als 80 Millionen Karten verkaufte. Eine Karte erreichte dort einen Preis von 62.000 Euro, der 2022 erzielt wurde. „Während der Corona-Zeit stiegen die Preise stark an, inzwischen haben sie sich jedoch wieder normalisiert“, sagt Breit. Auch er hat schon Karten für fünfstellige Beträge verkauft. „Das ist aber die Ausnahme.“ Der Großteil der Karten bewegt sich preislich zwischen einem und zehn Euro.

Letztes Jahr sorgte der US-Rapper Post Malone für Schlagzeilen, als er mehr als zwei Millionen Dollar für eine seltene Sammelkarte ausgab. Meierhofers Unternehmen betreut oft Kunden, die bereit sind, hohe Summen für ihre Sammelleidenschaft auszugeben. „Das sind meist junge Erwachsene, die sich mit ihrem heutigen Wohlstand ihre Kindheitsträume erfüllen“, so Meierhofer. Doch der Sammelkartenmarkt kann auch als Wertanlage fungieren. „Sammelkarten sind eine Wertanlage, wenn man gut auf sie aufpasst.“

Der Zustand entscheidet über den Wert von Sammelkarten

Nicht nur die Seltenheit einer Sammelkarte bestimmt ihren Wert, sondern auch ihr Zustand. AOG bewertet diesen mit Hilfe eines digitalen Verfahrens. Anschließend begutachten die Experten die Karten noch einmal persönlich – manchmal sogar unter dem Mikroskop, um mögliche Manipulationen wie das Übermalen von Mängeln zu erkennen. Kratzer, Knicke, Fingerabdrücke und Produktionsfehler führen zu Abzügen bei der Bewertung.

Am Ende erhalten die Kunden ein digitales Zertifikat, und die Karten werden in speziellen Kunststoffhüllen aufbewahrt, die sie vor UV-Strahlen und Feuchtigkeit schützen. Gut konservierte Sammelkarten können über die Jahre hinweg an Wert gewinnen. Breit kennt Sammler, die in den 1990er Jahren eine Sammlung aufgebaut und diese 20 Jahre später verkauft haben, um Geld für eine neue Küche oder andere Investitionen zu haben. Auch Meierhofer selbst hat Teile seiner Sammlung zu Geld gemacht – dieses wurde als Startkapital für die Gründung seines Unternehmens genutzt.

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