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Wasserstoff-Farben: Bedeutung von grün, blau, türkis, grau und mehr - die Unterschiede

Lesezeit: 3 min
29.12.2024 06:00  Aktualisiert: 01.01.2030 08:08
Wasserstoff gilt als essentieller Baustein für die Energieerzeugung der Zukunft. Es gibt blauen Wasserstoff, grünen, gelben - sogar pinken Wasserstoff! Doch wo liegen die Unterschiede und was bedeuten die verschiedenen Wasserstoff-Farben?
Wasserstoff-Farben: Bedeutung von grün, blau, türkis, grau und mehr - die Unterschiede
Wasserstoff Farben: Je nach Herstellungsverfahren wird Wasserstoff anhand von Farben wie Grün, Blau oder Schwarz unterschieden. Das Gas selbst ist farblos. (Foto: Pexels)

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Wasserstoff ist ein farbloses Gas. Wenn er verbrennt, hinterlässt er lediglich Wasser. In der Natur kommt er jedoch als reines Gas kaum vor, obgleich das chemische Element (H) in zahlreichen Verbindungen enthalten ist. Wasserstoff muss daher mit Energieaufwand zunächst durch chemische Reaktionen aus den Molekülen freigesetzt werden. Je nach Methode wird dem Wasserstoff dabei eine bestimmte „Farbe“ zugeordnet. Die wichtigsten Farben des Wasserstoffs sind Grün, Blau und Grau. Es existieren jedoch auch weitere Farben, zum Beispiel Gold, Schwarz oder Weiß.

Vor allem als synthetischer Kraftstoff soll Wasserstoff bei der Rettung der Menschheit und der Erde, wie wir sie kennen, helfen. Energieintensive Industrien könnten beispielsweise mithilfe von Wasserstoff ihren CO₂-Ausstoß drastisch reduzieren. Am Industriestandort Deutschland sind die Stahl-, die Baustoff-, die Glas-, die Papier-, die Nichteisen-Metall- und die chemische Industrie häufig Schlüsselindustrien, da sie am Anfang der Wertschöpfungskette stehen. Im Transportwesen könnten die Schifffahrt, der Schwerlastverkehr und der Flugverkehr von klimaneutral erzeugtem Wasserstoff profitieren. Akkus können die dort benötigten Energiemengen noch nicht speichern – oder sie wären zu groß und zu schwer. Ein Vorteil von Wasserstoff ist, dass seine Verteilung ohne großen Umrüstungsaufwand über das bestehende Erdgas-Leitungsnetz erfolgen kann.

Hier ein Überblick über die Farben des Wasserstoffs:

Wasserstoff-Farben: Bedeutungen

Schwarzer und brauner Wasserstoff

Aus fossilen Rohstoffen erzeugte Wasserstoffe gehören zu den „schmutzigen“, also nicht klimaneutralen Wasserstoffen. In dieser Gruppe sind schwarzer und brauner Wasserstoff in Sachen Schmutzigkeit führend. Nur grauer und blauer Wasserstoff können unter bestimmten Umständen noch klimaschädlicher sein. Schwarzer Wasserstoff entsteht durch Dampfreformierung von Steinkohle, brauner basiert auf Braunkohle. Das bei der Wasserstoffproduktion entstehende Kohlenmonoxid (CO) und Kohlendioxid (CO₂) gelangt in die Atmosphäre.

Grauer Wasserstoff

Grauer Wasserstoff entsteht mittels Dampfreformierung aus Erdgas. Pro erzeugter Tonne Wasserstoff gelangen dabei zehn Tonnen CO₂ in die Atmosphäre. Aktuell ist grauer Wasserstoff der weltweit am meisten produzierte Wasserstoff. Wegen des hohen CO₂-Ausstoßes in die Atmosphäre gilt er nicht als klimaneutral und zukunftsfähig.

Blauer Wasserstoff

Blauer Wasserstoff wird, wie grauer Wasserstoff, in der Regel mit fossilen Energieträgern hergestellt. Der Unterschied liegt darin, dass das anfallende Kohlendioxid (CO₂) aufgefangen und unterirdisch gespeichert wird (Carbon Capture and Storage – CCS, zu Deutsch: Kohlenstoff-Abscheidung und -Speicherung). Er gilt als Übergangstechnologie hin zu grünem Wasserstoff, steht aber auch in der Kritik. Wenn für blauen Wasserstoff Erdgas verwendet wird, werden die mit der Förderung und dem Transport von Erdgas verbundenen Treibhausgasemissionen (CH₄ und CO₂) in die Atmosphäre abgegeben. Zudem gilt das CCS-Verfahren ist hochumstritten, da niemand weiß, ob sich CO₂ über Hunderte von Jahren sicher im Untergrund speichern lässt – Studien zeigen hier hohe Risiken für Lecks. Ein weiteres Problem sind die bei der Produktion von grauem und blauem Wasserstoff entstehenden flüchtigen Verluste an Methan. Dieses Gas hat eine 86-mal höhere Treibhauswirkung als CO₂, weshalb blauer Wasserstoff als um weitere 20 Prozent schädlicher als schwarzer und brauner Wasserstoff gilt.

Türkiser Wasserstoff

Türkiser Wasserstoff entsteht durch Methanpyrolyse. Dabei wird Methan im Erdgas in Wasserstoff und festen Kohlenstoff gespalten. Der feste Kohlenstoff ist ein Granulat, das beispielsweise in alten Bergwerksstollen sicher gelagert und später wiederverwendet werden kann. Dadurch gelangt kein CO₂ in die Atmosphäre. Wenn die für die Methanpyrolyse benötigte Energie aus erneuerbaren Quellen stammt, ist die Erzeugung von türkisem Wasserstoff theoretisch klimaneutral.

Grüner Wasserstoff

Aus Klimaschutzsicht ist grüner Wasserstoff der Star unter den Wasserstoffen. Er entsteht mittels Elektrolyse, also der Aufspaltung von Wasser in seine Komponenten Sauerstoff und Wasserstoff. Die dafür nötigen hohen Energiemengen stammen vollständig aus erneuerbaren Quellen wie Windkraft, Wasserkraft oder Sonnenenergie. Er gilt als eine der Schlüsseltechnologien im Kampf gegen die globale Erwärmung.

Weißer Wasserstoff

Weißer Wasserstoff fällt als Nebenprodukt in chemischen Prozessen an, wie beispielsweise bei der Chloralkali-Elektrolyse. Da er ohnehin entsteht, gilt er als zukunftsfähig – aktuell ist er aber nur in geringen Mengen nutzbar.

Oranger Wasserstoff

Oranger Wasserstoff entsteht durch die Nutzung von Biomasse oder Strom aus Abfallverwertungsanlagen wie Müllheizkraftwerken. Er kann vor allem übergangsweise genutzt werden, um beispielsweise den Fuhrpark des Abfallentsorgers zu dekarbonisieren, bis langfristig auch im Verkehrssektor mehrheitlich grüner Wasserstoff verwendet wird.

Pinker, roter oder gelber Wasserstoff

Dabei wird Wasserstoff ebenfalls durch Elektrolyse gewonnen. Der benötigte Strom stammt aus der Kernenergie. Klimaschädliches CO₂ entsteht dabei nicht, wohl aber radioaktiver Abfall, der sicher und dauerhaft endgelagert werden muss.

Goldener Wasserstoff

Als goldenen Wasserstoff bezeichnet man natürlich in der Erdkruste vorkommenden Wasserstoff. Golden wird er genannt, da er sich ständig selbst erneuert, wenn unterirdisches Wasser bei hohen Temperaturen und hohem Druck mit Eisenmineralien reagiert. Seine Gewinnung könnte über das umstrittene Fracking-Verfahren erfolgen. Dabei wird Wasser in den Untergrund gepresst, wodurch das im Gestein enthaltene Eisenoxid reagiert und der dabei frei werdende Wasserstoff am Bohrloch abgefangen werden kann. Das Verfahren befindet sich noch in der Forschungsphase; ob eine großtechnische Umsetzung möglich ist, ist aktuell unklar.

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Maximilian Modler berichtet über spannende Entwicklungen aus den Bereichen Energie, Technologie - und über alles, was sonst noch für die deutsche Wirtschaft relevant ist. Er hat BWL, Soziologie und Germanistik in Freiburg, London und Göteborg studiert. Als freier Journalist war er u.a. für die Deutsche Welle, den RBB, die Stiftung Warentest, Spiegel Online und Verbraucherblick tätig.


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