Wer im Internet nach einer neuen Mietwohnung sucht, musste 2023 in den 14 größten deutschen Städten deutlich mehr bezahlen als noch neun Jahre zuvor. Das geht aus einer Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage der Linken-Bundestagsabgeordneten Caren Lay hervor. Die Angaben beziehen sich dabei auf Erst- und Wieder-Vermietungsmieten von im Internet veröffentlichten Inseraten.
Am meisten stiegen die Mieten demnach im Schnitt in Berlin - sie verdoppelten sich von 8,10 Euro pro Quadratmeter 2014 auf 16,35 Euro 2023. Die höchsten Mietpreise hat allerdings nach wie vor München: Hier lag der Quadratmeterpreis im vergangenen Jahr im Schnitt bei 20,59 Euro - ein Plus von fast 50 Prozent im Vergleich zu 2014.
Insgesamt lagen die Quadratmeterpreise in acht der 14 betrachteten Großstädte bei mehr als zehn Euro. 2014 war das nur in München, Stuttgart und Frankfurt der Fall gewesen. Die jährliche Steigerung der Mietpreise lag dabei zwischen 2,4 Prozent in Dresden und 8,1 Prozent in Berlin.
Bundesregierung wiegelt ab und Zahlen für nicht repräsentativ
Die Bundesregierung verweist darauf, dass die Angaben nicht repräsentativ für das gesamte Wohnungsangebot seien. Insbesondere seien Wohnungen im günstigen Mietsegment in der Datenquelle unterrepräsentiert, da diese beispielsweise über Aushänge oder Makler vermittelt würden. Außerdem seien Mieten aus bestehenden Mietverhältnissen darin nicht berücksichtigt.
Für Lay zeigen diese Zahlen dennoch, dass die 2015 eingeführte Mietpreisbremse wirkungslos sei. Sie kritisierte deshalb insbesondere die SPD, die es nicht geschafft habe, Mieterinnen und Mieter effektiv zu schützen: "Sie müsste die Mietpreisbremse verlängern und stark nachschärfen, damit sie funktioniert. Zudem braucht es einen Mietenstopp und eine bessere Bekämpfung von Mietwucher. Die Mieten müssen gedeckelt werden."
Der Sozialverband Deutschland sprach von beunruhigenden Zahlen und nannte die Bilanz der Ampel ernüchternd. Statt des dringend notwendigen Wachstums von 300.000 auf 400.000 fertiggestellten Wohnungen pro Jahr, wie im Koalitionsvertrag vorgesehen, sei eine deutliche Schrumpfung der Wohnungsbauaktivitäten zu sehen, sagte die Vorstandsvorsitzende Michaela Engelmeier. "Mit unseren Bündnispartnern fordern wir daher 50 Milliarden Euro für den sozialen Wohnungsbau, abgesichert im Grundgesetz und ein festes Wohnungskontingent für benachteiligte Bevölkerungsgruppen."
Was die Hauptstadt Berlin gegen Mietwucher zu unternehmen versucht
Berlins Regierender Bürgermeister Kai Wegner fordert vom Bund unterdessen härtere Strafen bei Verstößen gegen die Mietpreisbremse. "Den schwarzen Schafen unter den Vermietern, die die Mietpreisbremse umgehen, müssen Strafen drohen, die ihnen wehtun", sagte der CDU-Politiker. Das müsse eine künftige Bundesregierung in Angriff nehmen. Zudem forderte Wegner den Bund auf, die Mietpreisbremse zu verschärfen. Wegner erntet in seiner Partei allerdings Widerspruch.
Der baupolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Jan-Marco Luczak, hält dagegen: "Gegen steigende Mieten brauchen wir nicht mehr Regulierung, sondern mehr Wohnungsbau", sagte er der Jurist. "Es nutzt nichts, an den Symptomen herumzudoktern, wir müssen an die Ursachen ran. Wir müssen mehr, schneller und kostengünstiger bauen."
Wegner hatte zuvor gesagt, bei der Mietpreisbremse sei in Berlin eine Kappungsgrenze von elf Prozent vereinbart worden. "Ich wünsche mir aus Berliner Sicht, dass eine solche Kappungsgrenze bei Mietsteigerungen bundesweit verpflichtend eingeführt wird." Die Kappungsgrenze legt fest, wie schnell bei bestehenden Verträgen die Miete steigen darf. Im Bund darf sie binnen drei Jahren nicht um mehr als 20 Prozent angehoben werden, höchstens aber bis zur ortsüblichen Vergleichsmiete. Wo der Wohnungsmarkt angespannt ist, sind 15 Prozent vorgesehen. Eine im Koalitionsvertrag von SPD, Grünen und FDP vereinbarte Verschärfung der Regel brachte die inzwischen geplatzte Ampel-Koalition nicht mehr auf den Weg.
Auch in Barcelona droht der Mietenstreit zu eskalieren
Zehntausende Menschen haben in der spanischen Mittelmeermetropole Barcelona am Abend für bezahlbare Wohnungen protestiert. Die Polizei sprach von etwa 22.000 Teilnehmern, die Veranstalter sogar von 170.000, wie die spanische Nachrichtenagentur Europapress berichtet. Die Demonstranten forderten, dass die Mieten um die Hälfte gesenkt werden. Zudem wollen sie erreichen, dass leerstehende Wohnungen und Touristenunterkünfte wieder den Einwohnern der Hauptstadt der Region Katalonien im Nordosten Spaniens zur Verfügung stehen und Mietverträge unbefristet gelten.
"Es reicht jetzt damit, dass wir die Hälfte unseres Gehalts für Mieten ausgeben und jedes Mal, wenn ein Vertrag ausläuft, unsere Sachen aufs Neue packen müssen", sagte Carme Arcarazo, Sprecherin des Mieterverbands Sindicatos de Inquilinos. Auch verschiedene Parteien und Gewerkschaften nahmen an der Demonstration aus Solidarität teil. Derzeit verschärfen sich in Barcelona neben vielen Touristenunterkünften auch Immobilienkäufe ausländischer Investoren, die damit zeitgleich Visa erhalten, zusätzlich die Lage auf dem angespannten Wohnungsmarkt. Auch in anderen Städten Spaniens und auf den Inseln gibt es immer wieder Proteste gegen zu hohe Mieten sowie die Folgen des Massentourismus für den Wohnungsmarkt.