Politik

Ukraine-Krieg: Umstrukturierung der Landstreitkräfte zur Stabilisierung der Lage

Mit einer umfassenden Umstrukturierung ihres Heeres reagiert die Ukraine auf die bedrohliche Situation an der Front im Osten des Landes. Präsident Wolodymyr Selenskyj entließ nach neun Monaten Heereschef Olexander Pawljuk und ernannte Generalmajor Mychajlo Drapatyj zu dessen Nachfolger.
01.12.2024 12:37
Lesezeit: 2 min

In einer Videoansprache betonte Selenskyj, dass die Landstreitkräfte das Rückgrat der ukrainischen Armee seien. "Änderungen in der Personalführung sind notwendig, um größere Erfolge auf dem Schlachtfeld zu erzielen", erklärte er. Der neue Heereschef Drapatyj habe maßgeblich dazu beigetragen, die russische Offensive in der Region Charkiw zu stoppen, sagte Selenskyj. Außerdem wurde Oleh Apostol, bisher Oberst und Brigadeführer, zum stellvertretenden Oberkommandierenden befördert. Ziel der personellen Änderungen sei es, die Kampffähigkeit der Landstreitkräfte zu steigern. Oberst Pawel Palissa, ebenfalls Brigadekommandeur, erhielt zudem eine neue Rolle als stellvertretender Leiter des Präsidialamtes, um die Kommunikation über die Lage an der Front zu verbessern.

Ukraine-Krieg: Neue Personalentscheidungen und Verstärkungen im Donbass

Im östlichen Donezk-Gebiet kämpfen die ukrainischen Truppen seit Monaten gegen den stetigen Vorstoß russischer Einheiten. Angesichts eines Mangels an Waffen und Soldaten hat Oberbefehlshaber Olexander Syrskyj Reservetruppen an die besonders gefährdeten Abschnitte Pokrowsk und Kurachowe entsandt. Ziel sei es, die strategischen Pläne des Gegners zu durchkreuzen, wie das ukrainische Militär mitteilte.

Laut Generalstab waren diese Frontabschnitte auch am Freitag Schauplatz der heftigsten Gefechte. Pokrowsk und Kurachowe befinden sich am westlichen Rand des Donbass, einer Region mit Bergbau- und Industriezentren. Dahinter erstreckt sich eine offene Steppenlandschaft bis zum Fluss Dnipro. Ein Durchbruch könnte den russischen Truppen den Weg zu den Großstädten Dnipro und Saporischschja öffnen.

In der Nacht zum Samstag herrschte in der Ostukraine erneut Luftalarm, da russische Drohnen am Himmel geortet wurden. Tagsüber wurden in mehreren Regionen gezielte Stromabschaltungen durchgeführt, um die durch russische Raketenangriffe beschädigte Energieinfrastruktur zu stabilisieren.

Selenskyj diskutiert NATO-Schutz für Teile der Ukraine

Im Kontext des Ukraine-Kriegs brachte Selenskyj erstmals einen Waffenstillstand ins Gespräch, falls die NATO Schutz für die von der Ukraine kontrollierten Gebiete gewährleisten könnte. "Wir brauchen Garantien, dass Putin nicht zurückkehrt", sagte er in einem Interview mit dem britischen Sender Sky News.

Selenskyj argumentierte, dass unter einem solchen Schutzschirm weitere Gebiete der Ukraine diplomatisch zurückgewonnen werden könnten. Bislang habe die NATO jedoch keinen offiziellen Vorschlag dieser Art unterbreitet, so der Präsident. Eine Einladung zur NATO müsse für das gesamte international anerkannte Territorium der Ukraine gelten, betonte er, ohne besetzte Gebiete als russisch anzuerkennen.

Diese Forderung ist Teil von Selenskyjs "Siegesplan", den er in westlichen Hauptstädten vorgestellt hat. Doch wichtige NATO-Mitglieder wie die USA und Deutschland lehnen eine schnelle Mitgliedschaft der Ukraine ab. Auch die potenzielle US-Regierung unter Donald Trump hat bislang keine Pläne für einen Beitritt Kiews signalisiert. Russland lehnt jede NATO-Erweiterung auf die Ukraine kategorisch ab.

Ukrainischer Botschafter fordert klare Positionierung

Botschafter Oleksii Makeiev rief die deutschen Parteien auf, im Bundestagswahlkampf den Ukraine-Krieg stärker zu thematisieren. Dabei warnte er davor, Unterstützungslinien zu ziehen, die Russland in die Hände spielen könnten. "Gerade jetzt ist entschlossenes Handeln gefragt", erklärte Makeiev im Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur.

Innerhalb des Bundestags ist die Unterstützung für die Ukraine umstritten. Während SPD, Union, Grüne und FDP hinter den Waffenlieferungen stehen, lehnen AfD, Linke und BSW diese ab. Auch zwischen den Unterstützern gibt es Differenzen: Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) lehnt die Lieferung von Marschflugkörpern des Typs Taurus mit einer Reichweite von 500 Kilometern ab. Union, FDP und Grüne hingegen unterstützen diese Forderung. Makeiev forderte eine bedingungslose Unterstützung der Ukraine. "Alle Beschränkungen der letzten drei Jahre müssen aufgehoben werden", sagte er. "Russland wird weder durch Gespräche noch durch Diplomatie gestoppt."

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Politik
Politik Geheime Waffenlieferungen: Kritik an Intransparenz – Ukrainischer Botschafter lobt Merz’ Kurs
12.05.2025

Die neue Bundesregierung unter Friedrich Merz hat entschieden, Waffenlieferungen an die Ukraine künftig wieder geheim zu halten – ein...

DWN
Politik
Politik SPD-Spitze im Umbruch: Bas spricht von historischer Verantwortung
12.05.2025

Die SPD steht nach dem desaströsen Wahlergebnis von 16,4 Prozent bei der Bundestagswahl vor einem umfassenden Neuanfang. In Berlin haben...

DWN
Politik
Politik Beamte in die Rente? SPD und Experten unterstützen Reformidee
12.05.2025

Bundesarbeitsministerin Bärbel Bas erhält Unterstützung aus der SPD für ihren Vorschlag, künftig auch Beamte, Selbstständige und...

DWN
Finanzen
Finanzen Goldpreis aktuell: Deutlicher Kursrutsch nach Zoll-Einigung zwischen USA und China – jetzt Gold kaufen?
12.05.2025

Der Goldpreis ist am Montagmorgen unter Druck geraten. Der Grund: Im Zollkonflikt zwischen den USA und China stehen die Zeichen auf...

DWN
Finanzen
Finanzen Rheinmetall-Aktie bricht ein: Strategischer Umbau und politische Entwicklungen belasten – Chance zum Einstieg?
12.05.2025

Die Rheinmetall-Aktie ist am Montag eingebrochen. Nach dem Rheinmetall-Allzeithoch am vergangenen Freitag nehmen die Anleger zum Start in...

DWN
Politik
Politik Friedensoffensive: Selenskyj lädt Putin zu persönlichem Treffen in die Türkei ein
12.05.2025

Selenskyjs persönliches Gesprächsangebot an Putin in der Türkei und sein Drängen auf eine sofortige, 30-tägige Feuerpause setzen ein...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Entspannung im Handelskrieg? China und USA nach Genf optimistisch
12.05.2025

Bei ihren Zollgesprächen haben China und die USA nach Angaben der chinesischen Delegation eine „Reihe wichtiger Übereinstimmungen“...

DWN
Politik
Politik Hoffnung auf neue Gespräche: Putin bietet Verhandlungen mit Ukraine an
12.05.2025

Wladimir Putin schlägt überraschend neue Verhandlungen mit der Ukraine vor – doch Kiew und der Westen setzen ihn mit einem Ultimatum...