Wirtschaft

Investitionen für deutschen Mittelstand: Hidden Champions kämpfen um Aufmerksamkeit am Kapitalmarkt

Investitionen für deutschen Mittelstand sind der Schlüssel, um die Innovationskraft der Hidden Champions zu stärken. Diese weltweit führenden Nischenplayer stehen für technologische Spitzenleistungen, doch der Zugang zu Kapital ist schwierig. Warum deutsche Kapitalmärkte oft versagen und wie bessere Finanzierungslösungen aussehen könnten.
24.12.2024 15:59
Lesezeit: 3 min

Es gibt noch jede Menge Know-how und Innovationskraft im deutschen Mittelstand. Viele dieser Unternehmen sind in Nischenmärkten und als Zulieferer in der Elektronik- und Halbleiterbranche in vielen Bereichen Technologieführer oder sogar Weltmarktführer in ihren speziellen Bereichen. Doch kaum einer kennt sie.

Ein Beispiel ist Aixtron aus Herzogenrath bei Aachen, das bei Depositionsanlagen für die Halbleiterindustrie Weltmarktführer ist. Auch weitere Elektronik-Spezialisten sind ganz vorn dabei, z. B. das IC-Haus aus Rheinland-Pfalz, das sich auf sogenannte Mixed-Signal-Schaltungen für industrielle Anwendungen spezialisiert hat. Oder das Münchener Unternehmen Puls, das sogenannte Hutschienen-Netzteile zur Stromversorgung industrieller Systeme herstellt.

Die Unternehmen wachsen stark, sind sehr erfolgreich und brauchen Kapital für Investitionen. Das ist am deutschen Kapitalmarkt aber schwer zu bekommen.

Deutsche Champions am Finanzmarkt weitgehend unbekannt

Hans Kilger, Finanzvorstand der Firma Partec aus München, beklagt die eigene Unbekanntheit, obwohl die Firma Partec Technologie-Weltmarktführer im Bereich Computertechnologie ist und extrem leistungsfähige Computer baut, die sich hinter Microsoft nicht verstecken müssen.

In ihrer Branche sind die Hidden Champions natürlich bekannt und sie sind Unternehmen wie Microsoft, IBM oder auch Nvidia natürlich ein Begriff – aber auf dem europäischen Kapitalmarkt und im Investitionssektor laufen sie vollkommen unter dem Radar.

Europäische Kapitalmärkte unterentwickelt

Gut entwickelte und liquide Kapitalmärkte können Innovation und Wachstum fördern sowie Risiken diversifizieren. Die Kapitalmärkte in der EU sind jedoch fragmentiert und wenig entwickelt. In Deutschland sind Unternehmen stark von Bankkrediten abhängig und es fehlt an Wagniskapital. Europäische Investoren sind noch immer risikoscheuer als ihre Kollegen auf der anderen Seite des Atlantiks.

Deutsche Unternehmen finanzieren sich nur zu einem relativ kleinen Teil mit Kapitalmarktinstrumenten wie börsennotierten Aktien, Schuldverschreibungen oder Wagniskapital. Stattdessen spielen Bankkredite eine sehr wichtige Rolle. Anders als der Kapitalmarkt, auf dem Unternehmen sowohl Eigen- als auch Fremdkapital aufnehmen können, stellt der Kreditmarkt ausschließlich Fremdkapital zur Verfügung. Die Fremdkapitalquote der Unternehmen ist vor allem in Deutschland vergleichsweise hoch.

Deutsches Eigenkapitalforum will Investoren und Unternehmen zusammenbringen

Das Deutsche Eigenkapitalforum, das in Deutschland die führende Kapitalmarktkonferenz zum Thema Unternehmensfinanzierung ausrichtet und von der Deutschen Börse organisiert wird, will in regelmäßigen Veranstaltungen potenzielle Investoren und innovative Unternehmen zusammenbringen. Hier können Investoren direkt mit dem Management der Unternehmen sprechen und die Entwicklung der Unternehmen nachverfolgen.

Ende November trafen deshalb 250 Unternehmen auf ca. 1000 Investoren bei der Konferenz. Viele der Unternehmen kommen aus dem deutschen Mittelstand, aber auch Großunternehmen wie SAP oder die Telecom sind dort vertreten.

Die persönliche Chemie muss stimmen bei Investitionsentscheidungen

Nicht nur Unternehmenskennzahlen oder Bilanzen sind bei Investitionsentscheidungen wichtig, wie Jörg Krämer, Chefvolkswirt der Commerzbank, erklärt. Auch der persönliche Eindruck spielt eine große Rolle, um die Risiken einer Investition besser einschätzen zu können. Bei einem persönlichen Kontakt mit den Unternehmen ist deshalb auch die präsentierte Unternehmenskultur mitentscheidend, wenn es um Investitionen geht. Investoren geht es dabei immer um das Gesamtpaket, das sie kennen wollen, um die Investitionsrisiken kalkulierbar zu machen, so Krämer weiter.

Bekenntnis zum Standort Deutschland

Obwohl Deutschland in Sachen Venture Capital und Private Equity immer noch eine Investitionswüste ist, ist die Teilnahme der deutschen Unternehmen an der Konferenz auch ein Bekenntnis zum Standort Deutschland, so Partec-Finanzvorstand Kilger. Viele der erfolgreichen Mittelständler wollen deutsche Unternehmen bleiben. Trotz der wirtschaftlichen Schieflage in Deutschland soll das Eigenkapitalforum dazu beitragen, neuen Optimismus in der Unternehmenslandschaft zu sähen, innovative Mittelständler bekannter machen und sie mit europäischen Investoren vernetzen.

Auch klassische deutsche Familienunternehmen offen für Beteiligungen

Auch krisengeschüttelte deutsche Familienunternehmen, die eigentlich ein gesundes Geschäftsmodell betreiben, benötigen heute neues Eigenkapital und öffnen sich zunehmend für Beteiligungen. Das hohe Zinsniveau treibt sie weg von der klassischen Kreditfinanzierung und lässt sie nach Minderheitsbeteiligungen Ausschau halten.

Beteiligungen eignen sich natürlich auch immer dann, wenn ein Unternehmen vor einem Wachstumssprung steht und nicht genügend Eigenkapital aufweisen kann, um bei der Bank frische Kredite aufnehmen zu können. Ferner bietet eine Beteiligung auch immer die Möglichkeit, einen externen Manager zu finden, wenn eine Nachfolgeregelung in der eigenen Familie nicht möglich ist.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt

 

X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Finanzen
Finanzen Immobilien-Crowdfunding-Falle: Anleger warnt vor Reinvest24
02.08.2025

Ein Investor schlägt Alarm: Zinsen bleiben aus, Geld verschwindet, Auskünfte gibt es keine. Der Fall der Plattform Reinvest24 zeigt, wie...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Fahrermangel in Europa: Fast die Hälfte der europäischen Lkw-Fahrer steht kurz vor der Pensionierung
02.08.2025

Europa droht eine stille Krise, die alle trifft: Hunderttausende Lkw-Fahrer gehen bald in Rente – doch kaum jemand will nachrücken....

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Chef des Superfonds Eifo zur chinesischen Windkraft-Offensive: „Ich bin besorgt“
02.08.2025

Chinas Windkraftkonzerne drängen mit Macht auf globale Märkte – und bedrohen nun auch Europas Energiewende. In Lateinamerika, Afrika...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Gefahr für Trumps Zollpolitik: Klagen eingereicht – entscheidender Prozess hat begonnen
01.08.2025

Trumps Zollpolitik steht vor dem juristischen Kollaps: Fünf US-Firmen und zwölf Bundesstaaten klagen gegen die Sondervollmacht, auf deren...

DWN
Technologie
Technologie Huawei schockt die Konkurrenz: 3000-Kilometer-Batterie stellt alles Bisherige in den Schatten
01.08.2025

Huawei greift nach der Technologieführung im Batteriezeitalter: Mit 3000 Kilometern Reichweite und fünf Minuten Ladezeit droht der...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Trumps Zollroulette: Die Weltwirtschaft tanzt nach seiner Pfeife
01.08.2025

Donald Trump zündet die nächste Eskalationsstufe im globalen Wirtschaftskrieg – mit Zöllen, Chaos und Drohgebärden. Experten sprechen...

DWN
Politik
Politik Boomer-Soli: Rentensystem soll stabiler werden – und reiche Rentner sollen zahlen
01.08.2025

Reiche Rentner sollen künftig stärker zur Kasse gebeten werden – so die Idee eines "Boomer-Soli". Ein Vorschlag, der das Rentensystem...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Eurozone: Industriestimmung hellt sich erneut auf
01.08.2025

Die Industrie der Eurozone sendet erste Hoffnungszeichen – doch es bleibt ein fragiles Bild. Während kleinere Länder überraschen,...