Unternehmen

Abwanderung Mittelstand: Amerika unter Trump - Rettung für manche deutsche Firma

Die Abwanderung deutscher Arbeitsplätze ins Ausland ist im vollen Gange: Für viele deutsche Mittelstandsunternehmen ist die USA bereits ein attraktiver Produktionsstandort. Immer mehr Firmen planen, in Amerika zu produzieren. Warum der „Trump-Schock“ ein Segen für manches deutsche Unternehmen ist.
22.05.2025 17:48
Lesezeit: 3 min
Abwanderung Mittelstand: Amerika unter Trump - Rettung für manche deutsche Firma
Goodbye Deutschland: Immer mehr Mittelständler produzieren in Amerika. Die Konzerne sollen etwa in Sonderwirtschaftszonen „die niedrigsten Steuern, die niedrigsten Energiekosten, die geringste Regulierungslast und freien Zugang zum besten und größten Markt der Welt“ bekommen. (Foto: dpa) Foto: Robert Michael

Viele deutsche Mittelständler haben die US-Wahl eng verfolgt, auch weil sie dort bereits produzieren oder planen, ihre Produktion nach Amerika zu verlegen. Der Standort USA ist nach der Wahl Donald Trumps noch attraktiver, sagt auch ZEW-Ökonom Achim Wambach. Wie deutsche Firmen vor Ort davon profitieren könnten.

Mittelstand: Immer mehr deutsche Firmen produzieren in den USA

In Alabama laufen die ersten Backöfen des Premium-Hausgeräteherstellers Miele vom Band laufen – anderthalb Jahre nachdem das Gütersloher Familienunternehmen die Entscheidung für einen US-Standort gefällt hatte. Insgesamt 150 Beschäftigte sollen dort bis Ende 2025 arbeiten. Der Kettensägenhersteller Stihl ist bereits seit 50 Jahren in Nordamerika aktiv – mit eigener Produktion nur wenige Jahre später. Auch der Laserspezialist Trumpf fertigt seit Langem in den USA.

Miele, Stihl, Trumpf: Mit einem Umsatz von etwa fünf Milliarden Euro gehören sie alle zu den großen deutschen Familienunternehmen mit Produktionsstätten in den Vereinigten Staaten. Zuletzt wagten sich nun auch kleinere Familienunternehmen in die USA, um eigene Produktionen dort aufzubauen.

Nach US-Wahl: Zukunftsgeschäft Amerika

Viele deutsche Mittelständler sind mit der Globalisierung jahrzehntelang gut gewachsen: Sie exportierten ihre Maschinen, Anlagen, Präzisionswerkzeuge oder Haushaltsgeräte made in Germany. Inzwischen planen sie häufiger, in den USA auch zu produzieren. 40 Prozent der von der deutsch-amerikanischen Handelskammer im Februar 2024 befragten Unternehmen haben eine Produktionsstätte in den USA; weitere zwölf Prozent planen, eine solche in den nächsten drei Jahren zu errichten. Seit den US-Wahlen am 6. November wohl erst recht.

Trump: „Ich will, dass sie ihre Fabriken hier bauen.“

Bereits im Wahlkampf sprach Donald Trump davon, auch deutsche Autobauer mit Steuerversprechen in die USA locken: „Ich will, dass deutsche Autokonzerne zu amerikanischen Autokonzernen werden“, sagte er bei einem Wahlkampfauftritt im Bundesstaat Georgia. „Ich will, dass sie ihre Fabriken hier bauen.“

Die Konzerne sollen etwa in Sonderwirtschaftszonen „die niedrigsten Steuern, die niedrigsten Energiekosten, die geringste Regulierungslast und freien Zugang zum besten und größten Markt der Welt“ bekommen. Allerdings unter der Voraussetzung, dass sie in den USA produzierten und US-Amerikaner anstellten. Entschieden sich Unternehmen dagegen, sollen diese nach Trumps Willen hohe Einfuhrzölle bezahlen. Ein Industrie-Botschafter solle ausländische Unternehmen in aller Welt davon überzeugen, in die USA umzusiedeln.

Chancen und Risiken unter Trump

Sorgen macht dem Präsidenten des Leibniz-Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) die Wahl Trumps. Der designierte US-Präsident hat neue Zölle von 10 bis 20 Prozent auf Importe aus Europa angekündigt. Für Waren aus China sprach Trump sogar von 60 Prozent, Europa wäre also im Vorteil. Gleichwohl würden deutsche Exporte durch die Zölle in den USA, ihrem wichtigsten Absatzmarkt, teurer. Ökonomen fürchten einen Handelskrieg zwischen EU und USA. Das träfe wichtige deutsche Industriebranchen, sagt Wambach. „Die Chemie- und Pharmabranche sowie der Maschinenbau exportieren stark in die USA.“

Für deutsche Konzerne, die bereits in den USA produzierten, ergäben sich aber Chancen. „Trump wird wahrscheinlich nicht nur Zölle erhöhen, sondern auch die Unternehmenssteuern senken. Für manche deutsche Firmen vor Ort ist die Wahl von Trump eine Good News.“ Schon im vergangenen Jahr haben Unternehmen, etwa aus der Pharma- und Chemieindustrie, verstärkt in den USA investiert, angelockt von niedrigen Energiepreisen und einem milliardenschweren Subventionsprogramm. Und deutsche Autobauer haben seit Jahren große Werke in den Vereinigten Staaten.

Noch mehr Druck auf Standort Deutschland

Die Wahl von Trump dürfte den Standort USA noch attraktiver machen, meint Wambach. „Unternehmen werden darauf reagieren und noch stärker vor Ort produzieren.“ Für die Bundesrepublik seien das schlechte Nachrichten. „Der Standort Deutschland läuft Gefahr, Produktion und Forschung und damit Patente noch stärker an die USA zu verlieren. Das ist ein großes Problem für die Arbeitsplätze hierzulande.“

Deutschland brauche daher umso mehr Reformen, zum Beispiel Bürokratieabbau. Auch die EU müsse „selbst auferlegte Fesseln ablegen“, mahnt Wambach mit Blick auf komplexe Regelwerke wie das EU-Lieferkettengesetz und Datenschutzgrundverordnung.

In Sachen Wirtschaftsreformen in Deutschland erwartet Wambach allerdings politischen Stillstand. Zwar gebe es einige Vorschläge wie Hilfen für die Autoindustrie und eine Reform der Netzentgelte. „Dafür müssten Bundesregierung und Opposition aber zusammenarbeiten und ein Gesamtkonzept erarbeiten. Es ist schwer vorstellbar, dass ausgerechnet jetzt der gordische Knoten platzt.“

Image des Wirtschaftsstandortes Deutschland bröckelt

Der Wirtschaftsstandort Deutschland hat weltweit an Anziehungskraft eingebüßt. Das ist das Ergebnis einer Befragung internationaler Unternehmen durch die deutschen Auslandshandelskammern (AHKs) in Zusammenarbeit mit der Deutschen Industrie- und Handelskammer (DIHK). Danach hat sich Deutschlands internationales Image als Top-Wirtschaftsstandort in den vergangenen fünf Jahren deutlich eingetrübt.

Die deutschen Unternehmen in den USA haben insgesamt 318.000 Arbeitsplätze im verarbeitenden Gewerbe geschaffen. Über ein Drittel der Beschäftigten deutscher Tochterunternehmen arbeiten im Industriebereich. Besonders stark vertreten sind die Sektoren Automobil/ Transport, Chemie, Elektronik und Maschinenbau.

Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen MTS Money Transfer System – Sicherheit beginnt mit Eigentum.

In Zeiten wachsender Unsicherheit und wirtschaftlicher Instabilität werden glaubwürdige Werte wieder zum entscheidenden Erfolgsfaktor....

 

 

X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.

E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung sowie die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

Mirell Bellmann

Mirell Bellmann schreibt als Redakteurin bei den DWN über Politik, Wirtschaft und Gesellschaft. Zuvor arbeitete sie für Servus TV und den Deutschen Bundestag.

DWN
Unternehmen
Unternehmen Milliardeninvestitionen in Fernost: BASF startet Betrieb am neuen Standort in China
06.11.2025

Es ist die größte Einzelinvestition in der Geschichte von BASF: In China hat der Konzern einen neuen Verbundstandort gebaut - gegen...

DWN
Finanzen
Finanzen Rheinmetall-Aktie im Plus: Trotz starker Quartalszahlen und Rekordaufträgen bleiben Risiken
06.11.2025

Rheinmetall überzeugt mit starken Quartalszahlen und rekordhohen Aufträgen – doch Lieferverzögerungen und Investitionen belasten die...

DWN
Politik
Politik Macrons Sondergesandter: Die Ukraine ist ein hochattraktives Land für Investitionen
06.11.2025

Frankreichs Sondergesandter für den Wiederaufbau der Ukraine, Pierre Heilbronn, sieht in Kiew nicht nur ein Kriegsgebiet, sondern das...

DWN
Finanzen
Finanzen Nvidia-Aktie: Zwischen Gier und Angst – droht jetzt die Korrektur?
06.11.2025

Die Nvidia-Aktie jagt von Rekord zu Rekord, doch die Stimmung kippt. Während Anleger von Milliardenumsätzen und KI-Fantasien berauscht...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Harvard-Ökonomin Claudia Goldin: Nobelpreisträgerin sieht keinen echten Fachkräftemangel in Deutschland
06.11.2025

Die Nobelpreisträgerin Claudia Goldin stellt die deutsche Debatte über den Fachkräftemangel infrage. Sie sieht nicht zu wenige...

DWN
Panorama
Panorama Uhrmacherhandwerk: Schwarzwälder wollen Kuckucksuhr als Kulturerbe schützen
06.11.2025

Die Kuckucksuhr feiert ihren 175. Geburtstag – doch die Branche steht vor Herausforderungen. Warum Hersteller jetzt auf mehr Schutz und...

DWN
Technologie
Technologie EU warnt: Reale Emissionen von Plug-in-Hybriden 5-mal so hoch wie angegeben
06.11.2025

Plug-in-Hybride gelten als umweltfreundliche Alternative, doch ihre realen CO₂-Emissionen liegen deutlich über den offiziellen Angaben....

DWN
Finanzen
Finanzen BMW-Aktie im Aufwind: Autobauer erzielt Gewinn wie prognostiziert – was Anleger jetzt wissen müssen
05.11.2025

Die BMW-Aktie legt deutlich zu, doch hinter den glänzenden Zahlen verbirgt sich mehr als nur ein starkes Quartal. Stabilisierung in China,...