In der Nato laufen wenige Wochen vor dem Amtsantritt von US-Präsident Donald Trump die Vorbereitungen für einen möglichen Kurswechsel in der amerikanischen Ukraine-Politik. Es gehe darum, sicherzustellen, dass die Ukraine Friedensgespräche mit Russland aus einer starken Position führen könne, erklärte Generalsekretär Mark Rutte bei einem zweitägigen Nato-Außenministertreffen in Brüssel. Dazu sei vor allem mehr Militärhilfe erforderlich.
Außenministerin Annalena Baerbock bestätigte, dass auch die Frage im Raum stehe, wie eine "internationale Präsenz zur Absicherung eines Waffenstillstandes" in der Ukraine aussehen könnte und schloss eine Beteiligung der Bundeswehr nicht aus. Man werde selbstverständlich alles tun, was dem Frieden in der Zukunft diene, erklärte die Grünen-Politikerin. Wie Rutte betonte auch sie die Bedeutung zusätzlicher Militärhilfe. Das Land müsse in einer starken Position sein, wenn es an den Verhandlungstisch gehe, so Baerbock.
Hintergrund der Nato-Diskussionen: Trump und mögliche Friedensverhandlungen
Hinter den Gesprächen in der Nato stehen Befürchtungen, dass Trump nach seinem Amtsantritt versuchen könnte, die Ukraine und Russland zu Verhandlungen zu drängen. Beispielsweise könnte er der Ukraine drohen, die Militärhilfe zu stoppen, wenn sie sich weigert, an Gesprächen teilzunehmen. Auf der anderen Seite könnte er Russlands Präsident Wladimir Putin ankündigen, die Militärhilfe für Kiew weiter auszubauen.
Rutte warnte davor, die Ukraine in einer schwachen Position zu Friedensverhandlungen mit Russland zu drängen. "Was auf keinen Fall passieren darf, ist, dass Kim Jong-un, Xi Jinping und andere sich High Five geben", sagte er. Dies könnte den nordkoreanischen Machthaber und den chinesischen Staatschef zu Handlungen bewegen, die auch für die USA und Europa nachteilig wären. "Wenn wir irgendwann zu einem Ukraine-Deal kommen, muss es ein guter Deal sein", betonte Rutte.
Zugleich bekräftigte der frühere niederländische Regierungschef, dass er nicht daran glaube, dass Putin an einer Beendigung des Krieges interessiert sei. "Russlands Aggression zeigt keine Anzeichen des Nachlassens. Im Gegenteil: Putin verschärft seine Rhetorik und handelt weiterhin rücksichtslos", sagte Rutte. Als Beispiele nannte er den Einsatz nordkoreanischer Soldaten und den Einsatz neuer Raketen auf die Ukraine.
Ukraine fordert Nato-Mitgliedschaft als Sicherheitsgarantie
Die Ukraine verdeutlichte am Dienstag erneut, dass sie als einzige wirksame Sicherheitsgarantie im Falle eines Waffenstillstands mit Russland eine Nato-Mitgliedschaft ansieht. Zielgerichtet auf das Treffen der Nato-Außenminister erinnerte das Außenministerium in Kiew an die negativen Erfahrungen mit dem fast 30 Jahre alten Budapester Memorandum.
"Wir sind überzeugt, dass die einzige reale Sicherheitsgarantie für die Ukraine und eine Abschreckung weiterer russischer Aggression gegen die Ukraine und andere Staaten eine vollständige ukrainische Nato-Mitgliedschaft ist", hieß es in der Erklärung. "Ausgehend von der bitteren Erfahrung mit dem Budapester Memorandum, werden wir keine Alternativen, keine Nachahmung und keinen Ersatz für eine vollständige Nato-Mitgliedschaft der Ukraine akzeptieren."
Im Jahr 1994 gab die Ukraine ihre sowjetischen Nuklearwaffen ab, und die Atommächte USA, Russland und Großbritannien versprachen ihr unverbindliche Sicherheitsgarantien. Moskau habe die Vereinbarung jedoch mit dem Angriff auf die Ukraine 2014 und der groß angelegten Invasion 2022 gebrochen, erklärte das Außenministerium in Kiew.
Debatte um Nato-Einladung für die Ukraine
Eine schnelle Nato-Einladung für die Ukraine scheint derzeit jedoch unwahrscheinlich. Rutte zählte diese am Dienstag nicht zu den dringenden Schritten. Eine solche Einladung könnte nur einstimmig im Bündnis beschlossen werden und wird von Staats- und Regierungschefs wie Bundeskanzler Olaf Scholz und Ungarns Ministerpräsident Viktor Orban abgelehnt. Auch der luxemburgische Außenminister Xavier Bettel äußerte Bedenken: "Ich glaube, dass eine Nato-Mitgliedschaft wieder Spannung bringen wird", sagte er. Dies könnte sofort zu weiteren Konflikten führen.
Bettel spielte darauf an, dass sich Russland durch die Nato bedroht fühlt. Die mögliche Aufnahme der Ukraine in das westliche Verteidigungsbündnis sei für Moskau ein wesentlicher Kriegsgrund gewesen, sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow. Russland fordert, dass die Ukraine wie nach ihrer Unabhängigkeit im Jahr 1991 neutral bleibt. Die Ukraine hat jedoch das Streben nach einer Nato-Mitgliedschaft in ihrer Verfassung verankert.