Politik

Verkehrsminister wollen EU-weiten Führerscheinentzug

Wenn etwa ein Italiener schwer gegen die Straßenverkehrsordnung in Deutschland verstößt, könnte das künftig auch in Italien Konsequenzen haben. Und Deutsche wären im EU-Ausland ebenfalls betroffen.
05.12.2024 13:03
Aktualisiert: 05.12.2024 13:03
Lesezeit: 2 min
Verkehrsminister wollen EU-weiten Führerscheinentzug
Lappen weg, Pappe ungültig: Wenn es nach den Verkehrsministern geht, wird bald europaweit durchgegriffen bei Verkehrssündern. (Foto: dpa) Foto: Arne Dedert

Die EU-Verkehrsminister wollen einen Führerscheinentzug künftig in der gesamten Europäischen Union durchsetzen. „Wenn jemand den Führerschein in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union verloren hat, weil er gegen Straßenverkehrsvorschriften massiv verstoßen hat, dann soll er oder sie überall nicht fahren dürfen“, sagte Bundesverkehrsminister Volker Wissing.

Eine Mehrheit der EU-Staaten sieht das ähnlich und stimmte in Brüssel ebenfalls für das Vorhaben, wie der EU-Ministerrat mitteilte. Damit soll die Verkehrssicherheit erhöht werden. Der ADAC sieht in einer einheitlichen Regelung ebenfalls einen Beitrag zur Verkehrssicherheit.

Bürger müssen künftig damit rechnen, ihre Fahrerlaubnis unionsweit zu verlieren, so das Verkehrsministerium. „Das ist für uns als großes Transitland in Deutschland besonders wichtig“, sagte Wissing. Betroffen wären Verkehrssünder, die schwere Delikte begangen haben wie etwa Alkohol- oder Drogenfahrten, Rasen oder Straßenverkehrsverstöße mit Todesfolge.

Auch auf Fahrverbote ab drei Monaten sollen die Regeln angewendet werden. Bei Verboten unter drei Monaten soll die geplante Richtlinie dem Willen der Ministerinnen und Minister zufolge nicht greifen. Bevor die Vorgaben in Kraft treten können, müssen sie noch mit dem Europaparlament final ausgehandelt werden.

Ausnahme vorgesehen

Nach Angaben einer Sprecherin des Verkehrsministeriums soll es aber Ausnahmen geben. Der Staat, der einen Führerschein ausgestellt hat, „muss die unionsweite Wirkung eines Fahrberechtigungsverlusts nicht anordnen, wenn das jeweilige schwere Verkehrsdelikt im Aussteller-Mitgliedstaat nicht zu einem Fahrberechtigungsverlust führen würde“, hieß es.

In Fällen, in denen im Aussteller-Mitgliedstaat kein Führerscheinentzug vorgesehen, soll aber ein Fahrverbot verhängt werden und die Eignung des Verkehrssünders überprüft werden. Daraufhin können „etwaige für angemessen befundene Maßnahmen“ ergriffen werden.

Wer seinen Führerschein verloren hat, muss dem Willen der EU-Staaten zufolge seinen Lappen aber nicht im Land des Vergehens – also beispielsweise Italien, Spanien oder etwa Portugal – neu beantragen. Es wäre nach Angaben des Verkehrsministeriums Sache des EU-Landes, das den Führerschein ausgestellt hat, beziehungsweise des Landes, in dem der betroffene Verkehrssünder wohnt. Zudem könne die unionsweite Wirkung des Führerscheinentzugs in Deutschland angefochten werden, wenn Deutschland den entsprechenden Führerschein ausgestellt habe.

Europaparlament will ebenfalls EU-weite Auswirkungen

Das ebenfalls an der Gesetzgebung beteiligte Europaparlament hatte seine Position zu dem Vorhaben bereits im Februar festgelegt. Grundsätzlich will auch das Parlament, dass schwere Verkehrsdelikte künftig EU-weite Auswirkungen haben. Debatten wird es vermutlich um Detailregelungen geben.

Bei dem Vorhaben handelt es sich zudem um eine Richtlinie, die Vorgaben müssen also noch in nationalem Recht umgesetzt werden. Dafür gibt es Übergangsfristen, oft beträgt diese rund zwei Jahre. Bis ein neues EU-Gesetz zu einem EU-weiten Führerscheinentzug also auch tatsächlich angewendet werden, dürfte noch einige Zeit vergehen.

Mehr als 20.000 Verkehrstote in der EU

Auf den Straßen der Europäischen Union sind im vergangenen Jahr mehr als 20.000 Menschen ums Leben gekommen und damit quasi so viele wie 2022. Selbstgestecktes Ziel der EU ist es eigentlich, die Zahl der Verkehrstoten und Schwerverletzten in der Union bis 2030 zu halbieren. Um das zu erreichen, müsste die Zahl der Verkehrstoten jährlich um 4,5 Prozent sinken.

Während die Zahl der jährlichen Verkehrstoten zwischen 2001 und 2010 nahezu halbiert wurde, hat sich der Fortschritt seit Beginn der 2010er Jahre offiziellen Zahlen zufolge aber verlangsamt. Bis 2050 soll es nach dem Willen der EU gar keine Verkehrstoten mehr geben.

Schweden hat mit 22 die wenigsten Verkehrstoten pro eine Million Einwohner in der EU. Die höchste Rate an Toten pro eine Million Einwohner hatten Bulgarien und Rumänien mit 82 und 81 Opfern zu verzeichnen. Deutschland liegt bei 34 und damit unter dem EU-Schnitt von 46 Unfallopfern pro eine Million Einwohner.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Politik
Politik Landtagswahlen Baden-Württemberg 2026: AfD liegt vor den Grünen – eine Partei gewinnt noch mehr
09.05.2025

Die AfD überholt erstmals laut Insa-Umfrage die grüne Partei in Baden-Württemberg, die seit 13 Jahren regiert und die größte...

DWN
Unternehmensporträt
Unternehmensporträt Kunstmarkt: Familienangelegenheiten im Auktionshaus Lempertz - und was Unternehmer davon lernen können
09.05.2025

Lempertz in Köln ist das älteste Auktionshaus der Welt in Familienbesitz. Isabel Apiarius-Hanstein leitet es in sechster Generation. Erst...

DWN
Immobilien
Immobilien Wohnquartiere als soziale Brennpunkte: Armut, Migration und Überalterung – Ghettobildung nimmt zu
09.05.2025

Armut, Migration, Wohnungsmangel, Überalterung und Einsamkeit: Immer mehr Wohnquartiere in Deutschland sind überfordert. Eine neue Studie...

DWN
Finanzen
Finanzen Commerzbank-Aktie auf Rekordkurs nach starkem Quartalsgewinn – und nun?
09.05.2025

Die Commerzbank-Aktie hat zum Start in den Börsenhandel am Freitag zugelegt – und im Handelsverlauf ein neues Jahreshoch erreicht. Das...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft EU schlägt zurück: Diese US-Produkte stehen nun im Visier von Brüssel
09.05.2025

Die Europäische Kommission hat eine umfassende Liste von US-Produkten veröffentlicht, auf die im Falle eines Scheiterns der Verhandlungen...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Daimler-Sparprogramm: Was plant Daimler Truck in Deutschland?
09.05.2025

Der Nutzfahrzeughersteller Daimler Truck strebt an, seine Wettbewerbsfähigkeit in Europa zu erhöhen und hat sich mit dem...

DWN
Panorama
Panorama Endlos-Hitze droht im Sommer: Wetterextreme betreffen jüngere Generationen erheblich stärker
09.05.2025

Endlos-Hitze droht im Sommer - diese Schlagzeile geistert an diesem Freitag durch die Medien. Klar ist, dass die Folgen der globalen...

DWN
Technologie
Technologie Datenfalle USA: Warum viele Unternehmen in Gefahr sind - ohne es zu merken
09.05.2025

Viele Unternehmen übertragen täglich Daten in die USA – und merken nicht, dass sie damit in eine rechtliche Falle tappen könnten. Das...