Politik

Rebellen in Syrien vor entscheidender Schlacht um Homs: Strategischer Knotenpunkt in Gefahr

Die Rebellenallianz Haiat Tahrir al-Scham (HTS) treibt ihre Offensive gegen die Regierung von Baschar al-Assad voran. Die strategisch wichtige Stadt Homs im zentralen Westen Syriens steht im Fokus. Wird es der Regierung gelingen, den bedeutenden Knotenpunkt zu halten?
06.12.2024 20:51
Lesezeit: 2 min
Rebellen in Syrien vor entscheidender Schlacht um Homs: Strategischer Knotenpunkt in Gefahr
Ein Oppositionskämpfer posiert mit einer Oppositionsflagge vor einer Polizeistation in Aleppo, Syrien. Islamistische Rebellen erobern in Zuge ihrer überraschenden Offensive immer mehr Gebiete in Syrien (Foto: dpa). Foto: Ghaith Alsayed

Eskalation in Syrien: Kampf um Homs spitzt sich zu

Die islamistische Rebellenallianz HTS hat mit einer Blitzoffensive das Kräfteverhältnis in Syrien verschoben. Laut der Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte haben sich syrische Regierungstruppen bereits aus Homs zurückgezogen. Die Millionenmetropole bleibt jedoch weiterhin von regierungstreuen Milizen verteidigt.

Der syrische Bürgerkrieg begann 2011 mit Protesten gegen die Regierung, die von Sicherheitskräften gewaltsam niedergeschlagen wurden. Daraus entwickelte sich ein international beeinflusster Konflikt, an dem Akteure wie Russland, der Iran, die Türkei und die USA beteiligt sind. Bislang wurden rund 14 Millionen Menschen vertrieben, und über 300.000 Zivilisten kamen laut UN-Schätzungen ums Leben. Eine politische Lösung bleibt weiterhin aus. Am 27. November startete HTS eine neue Offensive und konnte in kürzester Zeit große Gebiete teils kampflos einnehmen. Am vergangenen Sonntag fiel die wirtschaftlich bedeutende Stadt Aleppo unter die Kontrolle der Allianz. Die Rebellen unter der Führung von Abu Mohammed al-Dschulani, einem Anführer Anfang 40, streben den Sturz der syrischen Regierung an.

Homs: Symbolische und strategische Schlüsselrolle

Die Rebellen haben laut der Syrischen Beobachtungsstelle bereits das nördliche Umland von Homs unter Kontrolle gebracht und rücken bis auf fünf Kilometer an die Stadt heran. Die Orte Talbiseh und Rastan, ehemalige Hochburgen der Opposition, sind ebenfalls gefallen.

Homs ist eine zentrale Drehscheibe, die die Hauptstadt Damaskus mit den Küstenregionen und dem Norden Syriens verbindet. Die Stadt mit etwa 1,5 Millionen Einwohnern war schon in den frühen Jahren des Bürgerkriegs ein Symbol des Widerstands. „Wer die Schlacht um Homs gewinnt, wird Syrien regieren,“ prognostiziert Rami Abdel-Rahman, Leiter der Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte.

Nachbarländer ergreifen Maßnahmen

Die Entwicklungen in Syrien haben auch Auswirkungen auf die Nachbarländer. Jordanien hat den wichtigen Grenzübergang Dschaber aufgrund der Sicherheitslage geschlossen. Laut jordanischer Nachrichtenagentur Petra wurde die Maßnahme von der Regierung angeordnet. Unterdessen kontrollieren lokale Milizen den syrischen Teil des Grenzpostens. Auch die Stadt Suwaida, etwa 60 Kilometer von der Grenze entfernt, wurde von lokalen Aufständischen eingenommen. Der dortige Gouverneur floh, nachdem Aufständische das Zentralgefängnis übernommen hatten.

Israel hat angesichts der Eskalation zusätzliche Truppen auf die annektierten Golanhöhen entsandt. Laut Mitteilung des israelischen Militärs soll jegliche Bedrohung in der Nähe der Grenze unterbunden werden. Die israelische Zeitung „Haaretz“ berichtet, dass sich Israel auf mögliche Überraschungsangriffe aus Syrien vorbereitet. Die Golanhöhen, ein strategisch wichtiges Gebiet, wurden im Sechstagekrieg 1967 von Israel erobert und später annektiert. International wird dies jedoch nicht anerkannt, und die Region gilt weiterhin als syrisches Territorium.

Bundesregierung beobachtet Lage

Die Bundesregierung verfolgt die Entwicklungen in Syrien genau, erklärte eine Sprecherin des Bundesinnenministeriums. Ob die Situation zu neuen Fluchtbewegungen führen könnte, sei derzeit noch unklar. Ebenso ungewiss ist, ob syrische Geflüchtete in absehbarer Zeit in ihre Heimat zurückkehren können.

Nach dem Tod zweier Journalisten fordert die Organisation Reporter ohne Grenzen (RSF) eine unabhängige Untersuchung. Laut RSF stellt die gezielte Tötung von Medienschaffenden ein Kriegsverbrechen dar. Der dpa-Fotograf Anas Alkharboutli wurde am Mittwoch bei einem Luftangriff getötet, vermutlich ausgeführt von der syrisch-russischen Militärallianz. Der 32-Jährige dokumentierte zuletzt die Offensive der Rebellen. Bereits vier Tage zuvor wurde der Reporter Mustafa al-Kurdi, Korrespondent des türkischen Staatssenders TRT, von regierungstreuen Soldaten in Aleppo erschossen.

Kurdische Streitkräfte erobern strategischen Punkt

Abseits der Eskalationen im Westen hat die von Kurdenmilizen geführte Syrische Demokratische Kräfte (SDF) die strategisch wichtige Stadt Dair as-Saur im Osten unter Kontrolle gebracht. Syrische Regierungstruppen hatten sich zuvor zurückgezogen.

Die Stadt, ehemals eine Hochburg des sogenannten Islamischen Staates (IS), wurde 2017 von der syrischen Armee mit russischer Unterstützung zurückerobert. Sie gilt als wichtiger Verkehrsknotenpunkt zwischen Syrien und dem Irak.

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