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Zalando-Aktie: Online-Händler will sich Konkurrent About You einverleiben

Der drittgrößte Modehändler in Deutschland will einen wachsenden Konkurrenten (im Einflussbereich des Otto-Konzerns) übernehmen. Ein Großteil des Weges ist schon geschafft. Doch die Aktionäre reagieren verschnupft – Zalando-Aktie knickt ein.
11.12.2024 11:45
Lesezeit: 3 min
Zalando-Aktie: Online-Händler will sich Konkurrent About You einverleiben
Wachstum durch Übernahme? Blick in eine Outlet-Filiale des Online-Versandhändlers Zalando. Jetzt soll About You übernommen werden. (Foto: dpa) Foto: Daniel Bockwoldt

Der Online-Händler Zalando will seinen deutschen Konkurrenten About You schlucken. Je About-You-Aktie bietet der Dax-Konzern 6,50 Euro, wie er am Mittwoch überraschend in Berlin bekannt gab. Ein Anteilsschein von About You kostete am Dienstagabend zum Handelsende 3,90 Euro. Im Jahr 2021 war das Unternehmen für 23 Euro je Aktie an die Börse gegangen. Zalando-Aktionären scheint die angekündigte Offerte nicht zu gefallen: Die Aktie des Berliner Modehändlers brach im frühen Handel um neun Prozent ein.

Warum die Online-Geschäfte im Mode und Lifestyle-Bereich mühsam geworden sind

Zalando-Co-Chef Robert Gentz will mit dem Schritt, einen „größeren Anteil des europäischen Online-Marktes für Mode und Lifestyle abdecken“. Wie Zalando weiter mitteilte, sind bereits knapp drei Viertel des Grundkapitals des Hamburger Konkurrenten durch verbindliche Vereinbarungen mit Gründern und Vorstandsmitgliedern gesichert. Der Zukauf soll bis Sommer 2025 abgeschlossen sein. Der amtierende About-You-Vorstand samt Mitgründer und Co-Chef Tarek Müller soll in den bisherigen Rollen verbleiben.

Bis 2028 soll das kombinierte Unternehmen durchschnittlich im Jahr um fünf bis zehn Prozent zulegen. Damit rückt das zweistellige Wachstum wieder näher, für das Zalando einst bekannt war. Allerdings bleiben Zuwachsraten aus den früheren Hochzeiten wie der Corona-Pandemie weiterhin weit entfernt. Die bereinigte operative Gewinnmarge (Ebit-Marge) soll sich bis 2028 dann bei sechs bis acht Prozent einpendeln.

Wie die Online-Händler durch die Übernahme ihre Marge spürbar verbessern wollen

Langfristig strebt das fusionierte Unternehmen eine um Sondereffekte bereinigte Marge vor Zinsen und Steuern (Ebit-Marge) von zehn bis 13 Prozent an. Das wäre eine deutliche Verbesserung zum derzeitigen Stand: Zalando hatte für die ersten neun Monate des laufenden Jahres eine bereinigte Marge von 4,0 Prozent ausgewiesen. Dabei dürften auch Synergien auf Konzernebene helfen: Zalando sieht längerfristig Spielraum für ergebniswirksame Kosteneinsparungen von rund 100 Millionen Euro im Jahr. Als Beispiele für Synergien nannte Zalando die Bereiche Logistik, Zahlungsabwicklung und kommerzielle Zusammenarbeit. Auf Nachfragen, ob der Abbau von Stellen explizit ausgeschlossen wird, ging der Vorstand in einer Telefonkonferenz nicht ein.

E-Commerce-Experte Alexander Graf von der Softwarefirma Spryker bewertete die Transaktion positiv. „Dieser Zusammenschluss macht theoretisch und praktisch Sinn. Es gibt viele Synergieeffekte.“ Die Idee eines europäischen Fashion-Champions werde „greifbarer denn je“. RBC-Analyst Richard Chamberlain sieht für Zalando die Möglichkeit, mit dem Zukauf seine Präsenz in Europa auszubauen.

Erst Anfang der Woche hatte die Fachzeitschrift „Textilwirtschaft“ ein Ranking der größten Modehändler in Deutschland veröffentlicht. Gemessen am Umsatz verteidigte die Otto Group im vergangenen Jahr den Spitzenplatz mit einem geschätzten Erlös von 4,5 Milliarden Euro. Der schwedische Modehändler H&M verdrängte Zalando vom zweiten auf den dritten Platz. Es scheint, als würden Billiganbieter wie Temu, aber auch die Filialisten wie Primark für ordentlich Wettbewerb sorgen. Der Reiz des Online-Einkaufs hat gelitten. Auch in anderen Bereichen ist das anfängliche Interesse dem Alltag gewichen – bei Schmuck, Design und Kunsthandwerk ist beispielsweise Etsy allein in 2024 um 34,6 Prozent im Wert an der Börse eingebrochen.

Mit 23 Euro je Aktie nach Börsendebüt gestartet, ist About You schnell eingebrochen

About You war im Juni 2021 mit einem Ausgabepreis von 23 Euro je Aktie an die Börse gegangen. Seither entwickelte sich die Aktie aber alles andere als erfolgreich: In den vergangenen drei Jahren büßte sie rund 83 Prozent an Wert ein. Auch die Zalando-Aktie musste seither Federn lassen - verglichen mit dem Stand von vor drei Jahren ergibt sich ein Verlust von knapp 54 Prozent.

Der europäische Modemarkt insgesamt generierte im Jahr 2019 etwa 400 Milliarden Euro Umsatz. Der Onlineanteil betrug vor der Pandemie lediglich 19 Prozent. Während der Pandemie ist der Anteil der Onlinekäufe auf gut ein Drittel angestiegen. Alles sah nach rosigen Aussichten aus, weshalb die Gründer von About You auch große Hoffnungen auf ihren Börsengang setzten.

About You war im Juni 2021 mit einem Ausgabepreis von 23 Euro je Aktie an die Börse gegangen. Seither entwickelte sich die Aktie aber alles andere als erfolgreich: In den vergangenen drei Jahren büßte das Papier rund 83 Prozent an Wert ein. Auch die Zalando-Aktie musste seither Federn lassen – verglichen mit dem Stand von vor drei Jahren ergibt sich ein Verlust von knapp 54 Prozent.

Die Zeiten, als im Otto-Konzern alles zu Gold wurde, sind mittlerweile passé

Vor dem Börsengang hielten die Familienunternehmer Michael und Benjamin Otto zusammen 52,4 Prozent – nach der Platzierung 43,5 Prozent. Mitgründer Hannes Wiese, Tarek Müller und Sebastian Betz hielten zuvor 10,7 Prozent am Unternehmen. Die Hoffnungen, dass About You zum jungen Ableger und der neuen Erfolgsgeschichte des einstigen Versandhandels-Riesen Otto wird, haben sich einigermaßen in Luft aufgelöst. Ob die Zalando-Geschichte neuen Schwung durch die Übernahme erfährt, wird sich zeigen.

Auch Alibaba in China ist in der Gunst der Aktionäre gefallen. Nur Amazon verzeichnet weiterhin Zuwächse an der Börse und eilt der Konkurrent in Asien und Europa davon.

 

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