Unternehmen

Zalando-Aktie: Online-Händler will sich Konkurrent About You einverleiben

Der drittgrößte Modehändler in Deutschland will einen wachsenden Konkurrenten (im Einflussbereich des Otto-Konzerns) übernehmen. Ein Großteil des Weges ist schon geschafft. Doch die Aktionäre reagieren verschnupft – Zalando-Aktie knickt ein.
11.12.2024 11:45
Lesezeit: 3 min

Der Online-Händler Zalando will seinen deutschen Konkurrenten About You schlucken. Je About-You-Aktie bietet der Dax-Konzern 6,50 Euro, wie er am Mittwoch überraschend in Berlin bekannt gab. Ein Anteilsschein von About You kostete am Dienstagabend zum Handelsende 3,90 Euro. Im Jahr 2021 war das Unternehmen für 23 Euro je Aktie an die Börse gegangen. Zalando-Aktionären scheint die angekündigte Offerte nicht zu gefallen: Die Aktie des Berliner Modehändlers brach im frühen Handel um neun Prozent ein.

Warum die Online-Geschäfte im Mode und Lifestyle-Bereich mühsam geworden sind

Zalando-Co-Chef Robert Gentz will mit dem Schritt, einen „größeren Anteil des europäischen Online-Marktes für Mode und Lifestyle abdecken“. Wie Zalando weiter mitteilte, sind bereits knapp drei Viertel des Grundkapitals des Hamburger Konkurrenten durch verbindliche Vereinbarungen mit Gründern und Vorstandsmitgliedern gesichert. Der Zukauf soll bis Sommer 2025 abgeschlossen sein. Der amtierende About-You-Vorstand samt Mitgründer und Co-Chef Tarek Müller soll in den bisherigen Rollen verbleiben.

Bis 2028 soll das kombinierte Unternehmen durchschnittlich im Jahr um fünf bis zehn Prozent zulegen. Damit rückt das zweistellige Wachstum wieder näher, für das Zalando einst bekannt war. Allerdings bleiben Zuwachsraten aus den früheren Hochzeiten wie der Corona-Pandemie weiterhin weit entfernt. Die bereinigte operative Gewinnmarge (Ebit-Marge) soll sich bis 2028 dann bei sechs bis acht Prozent einpendeln.

Wie die Online-Händler durch die Übernahme ihre Marge spürbar verbessern wollen

Langfristig strebt das fusionierte Unternehmen eine um Sondereffekte bereinigte Marge vor Zinsen und Steuern (Ebit-Marge) von zehn bis 13 Prozent an. Das wäre eine deutliche Verbesserung zum derzeitigen Stand: Zalando hatte für die ersten neun Monate des laufenden Jahres eine bereinigte Marge von 4,0 Prozent ausgewiesen. Dabei dürften auch Synergien auf Konzernebene helfen: Zalando sieht längerfristig Spielraum für ergebniswirksame Kosteneinsparungen von rund 100 Millionen Euro im Jahr. Als Beispiele für Synergien nannte Zalando die Bereiche Logistik, Zahlungsabwicklung und kommerzielle Zusammenarbeit. Auf Nachfragen, ob der Abbau von Stellen explizit ausgeschlossen wird, ging der Vorstand in einer Telefonkonferenz nicht ein.

E-Commerce-Experte Alexander Graf von der Softwarefirma Spryker bewertete die Transaktion positiv. „Dieser Zusammenschluss macht theoretisch und praktisch Sinn. Es gibt viele Synergieeffekte.“ Die Idee eines europäischen Fashion-Champions werde „greifbarer denn je“. RBC-Analyst Richard Chamberlain sieht für Zalando die Möglichkeit, mit dem Zukauf seine Präsenz in Europa auszubauen.

Erst Anfang der Woche hatte die Fachzeitschrift „Textilwirtschaft“ ein Ranking der größten Modehändler in Deutschland veröffentlicht. Gemessen am Umsatz verteidigte die Otto Group im vergangenen Jahr den Spitzenplatz mit einem geschätzten Erlös von 4,5 Milliarden Euro. Der schwedische Modehändler H&M verdrängte Zalando vom zweiten auf den dritten Platz. Es scheint, als würden Billiganbieter wie Temu, aber auch die Filialisten wie Primark für ordentlich Wettbewerb sorgen. Der Reiz des Online-Einkaufs hat gelitten. Auch in anderen Bereichen ist das anfängliche Interesse dem Alltag gewichen – bei Schmuck, Design und Kunsthandwerk ist beispielsweise Etsy allein in 2024 um 34,6 Prozent im Wert an der Börse eingebrochen.

Mit 23 Euro je Aktie nach Börsendebüt gestartet, ist About You schnell eingebrochen

About You war im Juni 2021 mit einem Ausgabepreis von 23 Euro je Aktie an die Börse gegangen. Seither entwickelte sich die Aktie aber alles andere als erfolgreich: In den vergangenen drei Jahren büßte sie rund 83 Prozent an Wert ein. Auch die Zalando-Aktie musste seither Federn lassen - verglichen mit dem Stand von vor drei Jahren ergibt sich ein Verlust von knapp 54 Prozent.

Der europäische Modemarkt insgesamt generierte im Jahr 2019 etwa 400 Milliarden Euro Umsatz. Der Onlineanteil betrug vor der Pandemie lediglich 19 Prozent. Während der Pandemie ist der Anteil der Onlinekäufe auf gut ein Drittel angestiegen. Alles sah nach rosigen Aussichten aus, weshalb die Gründer von About You auch große Hoffnungen auf ihren Börsengang setzten.

About You war im Juni 2021 mit einem Ausgabepreis von 23 Euro je Aktie an die Börse gegangen. Seither entwickelte sich die Aktie aber alles andere als erfolgreich: In den vergangenen drei Jahren büßte das Papier rund 83 Prozent an Wert ein. Auch die Zalando-Aktie musste seither Federn lassen – verglichen mit dem Stand von vor drei Jahren ergibt sich ein Verlust von knapp 54 Prozent.

Die Zeiten, als im Otto-Konzern alles zu Gold wurde, sind mittlerweile passé

Vor dem Börsengang hielten die Familienunternehmer Michael und Benjamin Otto zusammen 52,4 Prozent – nach der Platzierung 43,5 Prozent. Mitgründer Hannes Wiese, Tarek Müller und Sebastian Betz hielten zuvor 10,7 Prozent am Unternehmen. Die Hoffnungen, dass About You zum jungen Ableger und der neuen Erfolgsgeschichte des einstigen Versandhandels-Riesen Otto wird, haben sich einigermaßen in Luft aufgelöst. Ob die Zalando-Geschichte neuen Schwung durch die Übernahme erfährt, wird sich zeigen.

Auch Alibaba in China ist in der Gunst der Aktionäre gefallen. Nur Amazon verzeichnet weiterhin Zuwächse an der Börse und eilt der Konkurrent in Asien und Europa davon.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Gold als globale Reservewährung auf dem Vormarsch

Strategische Relevanz nimmt zu und Zentralbanken priorisieren Gold. Der Goldpreis hat in den vergangenen Monaten neue Höchststände...

Jede Anlage am Kapitalmarkt ist mit Chancen und Risiken behaftet. Der Wert der genannten Aktien, ETFs oder Investmentfonds unterliegt auf dem Markt Schwankungen. Der Kurs der Anlagen kann steigen oder fallen. Im äußersten Fall kann es zu einem vollständigen Verlust des angelegten Betrages kommen. Mehr Informationen finden Sie in den jeweiligen Unterlagen und insbesondere in den Prospekten der Kapitalverwaltungsgesellschaften.

 

X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Politik
Politik Nato-Gipfel 2025 in Den Haag: Moskau offiziell Hauptbedrohung - Europa zahlt, Trump entscheidet
25.06.2025

Donald Trump in Den Haag: Europa muss zahlen, wenn es die USA im Bündnis halten will. Während Nato-Staaten um Ausnahmen betteln, droht...

DWN
Politik
Politik Hasspostings: Bundesweite Polizeiaktion wegen rechtsradikaler Hetze im Internet
25.06.2025

Unter Federführung des Bundeskriminalamts geht die Polizei bundesweit gegen mutmaßliche Verfasser von Hass und Hetze im Internet vor. In...

DWN
Politik
Politik Nach Luftschlägen: Iran kündigt Neustart seines Atomprogramms an
25.06.2025

Die Waffen ruhen – doch im Hintergrund laufen die Zentrifugen. Trotz US- und israelischer Angriffe auf seine Atomanlagen kündigt der...

DWN
Finanzen
Finanzen Vermögensmigration: Millionäre und ihr Kapital verlassen Europa
25.06.2025

Ein Report prognostiziert europäischen Ländern eine Abwanderung von Millionären – besonders betroffen ist Großbritannien, aber auch...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Milliarden winken: Revolut-Chef erhält „Elon-Musk“-Deal
25.06.2025

Ein Geheimvertrag mit gewaltigen Summen: Revolut-Chef Nikolaj Storonskij winken über 9 Milliarden Euro, wenn er den Börsenwert in...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Iran-Investments: Risiko, Isolation – und gewaltige Renditen?
25.06.2025

Öl, Gas, Pistazien – doch der Iran hat weit mehr zu bieten. Trotz Isolation, Sanktionen und politischer Unsicherheit entwickelt sich...

DWN
Technologie
Technologie Tesla übergibt erste Robotaxis in den Einsatz
24.06.2025

Elon Musk schickt die ersten selbstfahrenden Robotaxis auf die Straße – ohne Fahrer, aber mit vielen Fragezeichen. Warum das Experiment...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Lieferkettengesetz: EU-Staaten streben deutliche Abschwächung an
24.06.2025

Die EU-Staaten streben eine erhebliche Abschwächung der geplanten europäischen Lieferkettenrichtlinie an. Unternehmen sollen künftig nur...