Politik

Aserbaidschan-Affäre: Ex-Abgeordnete müssen ab Januar vor Gericht

Entscheidungen in einem Gremium des Europarats beeinflussen: Dazu soll Aserbaidschans Regierung auf Bestechung von Parlamentariern gesetzt haben. Nun müssen zwei Ex-Abgeordnete der Union vor Gericht. Von Vorwürfen und Vermutungen!
16.12.2024 08:02
Lesezeit: 2 min
Aserbaidschan-Affäre: Ex-Abgeordnete müssen ab Januar vor Gericht
In München vor Gericht: Der Fall gibt zu denken, die Erinnerungslücken auch. Aserbaidschan - was oder wo soll das sein? (Foto. dpa) Foto: Matthias Balk

Wegen Bestechungsvorwürfen im Zuge der sogenannten Aserbaidschan-Affäre müssen sich zwei ehemalige Bundestagsabgeordnete der Union vor dem Oberlandesgericht München (OLG) verantworten. Das Gericht hat die Anklage der Generalstaatsanwaltschaft München nach Angaben eines Sprechers unverändert zugelassen, das Verfahren soll am 16. Januar beginnen. Die Beschuldigten bestreiten die Vorwürfe.

Der Ex-CDU-Parlamentarier Axel Fischer aus dem Wahlkreis Karlsruhe-Land wird der Bestechlichkeit verdächtigt, der ehemalige CSU-Abgeordnete Eduard Lintner aus Unterfranken der Bestechung von Mandatsträgern, wie die Generalstaatsanwaltschaft bei der Anklageerhebung mitgeteilt hatte. Ziel der Zahlungen sei die Beeinflussung von Entscheidungen im Sinne Aserbaidschans in der Parlamentarischen Versammlung des Europarats (PACE) gewesen. Beide haben die Vorwürfe stets bestritten. Für sie gilt bis zu einem Urteil die Unschuldsvermutung.

Lintner, der 33 Jahre lang im Bundestag und bis 2010 in der PACE saß, soll nach Angaben der Ermittler über zwei Gesellschaften bis 2016 "einen mehrfachen Millionenbetrag über 19 ausländische Briefkastenfirmen" erhalten haben. Diese soll er teils an andere Abgeordnete weitergeleitet haben, die Entscheidungen im Sinne Aserbaidschans beeinflussen sollten. Fischer, von 2010 bis 2018 als EVP-Fraktionschef in der PACE aktiv, soll im Interesse Aserbaidschans positive Reden gehalten und vertrauliche Dokumente frühzeitig weitergeleitet haben. Dafür soll er 2016 Bestechungsgeld in Höhe von 21 800 Euro erhalten haben.

Beeinflussung erst seit 2014 strafbar

Nach Angaben der Staatsanwaltschaft geht es in der Anklage um Zahlungen seit September 2014. Seitdem ist die Beeinflussung der Tätigkeit von Mitgliedern der parlamentarischen Versammlungen internationaler Organisationen wie der PACE in Deutschland strafbar.

Lintner nennt Vorwürfe "großen Unsinn"

Lintner hatte den Verdacht der Bestechung bei der Anklageerhebung gegenüber der Deutschen Presse-Agentur in München als "großen Unsinn" zurückgewiesen. Nach Ende seiner Zeit als Abgeordneter habe er sich als Lobbyist dafür eingesetzt, dass die Konfliktregion Berg-Karabach Aserbaidschan zugerechnet werde - ein aus seiner Sicht "völkerrechtlich korrekter Zustand". Dafür habe die Regierung dort auch Geld an seine Gesellschaften gezahlt. Andere Abgeordnete damit bestochen habe er aber nicht, erklärte Lintner.

Fischer: "Vorwürfe treffen nicht zu"

Fischer sagte der dpa bei der Anklageerhebung, die Vorwürfe gegen ihn "treffen nicht zu, sie dienen einzig der Vorverurteilung". Er sei "so froh, dass nach drei Jahren die Staatsanwaltschaft endlich ihre Papiere bei Gericht vorlegt und vorbringt, was ich getan haben soll". Das Verfahren sei "nicht nur für meine Familie und besonders für meine Kinder belastend und gefährlich, sondern es zerstört auch mein berufliches und soziales Leben", erklärte Fischer damals.

Ermittlungen dauerten mehrere Jahre

Auch die Anklage gegen zwei weitere Beschuldigte hat das OLG zugelassen. Die Generalstaatsanwaltschaft wirft diesen vor allem Beihilfe vor, etwa durch Kontaktaufnahme oder Abwicklung von Zahlungen. Eine weitere ehemalige Abgeordnete, gegen die zwischenzeitlich auch ermittelt wurde, ist gestorben.

Die Ermittlungen hatten sich über Jahre hingezogen. Schon 2020 hatte es bei Lintner Durchsuchungen gegeben, im Jahr darauf hatte das Bundeskriminalamt Fischers Abgeordnetenbüro im Bundestag durchsucht.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Experten-Webinar: Ist Bitcoin das neue Gold? – Chancen, Risiken und Perspektiven

Inflation, Staatsverschuldung, geopolitische Unsicherheiten: Viele Anleger fragen sich, wie sie ihr Vermögen in Zeiten wachsender...

DWN
Technologie
Technologie Fahrerlose Taxis in Hessen: Chinesische Technik, deutscher Pilotbetrieb
01.06.2025

In Deutschland startet das erste Pilotprojekt für autonome Taxis: Ohne Fahrer, aber mit Überwachung aus der Ferne. Ein Modell mit...

DWN
Technologie
Technologie Goldrausch 2.0: Wie Google KI neu definiert – und Europa zuschaut
01.06.2025

Google I/O 2025 bietet einen tiefen Einblick in die nächste Ära der Künstlichen Intelligenz – von echten 3D-Videocalls bis hin zu...

DWN
Panorama
Panorama Nur noch fünf Minuten: Schlummertaste in Deutschland beliebt
01.06.2025

Mit der Schlummertaste kann man das Aufstehen verzögern. Ärzte raten davon ab, aber die Praxis ist gerade in Deutschland gängig....

DWN
Unternehmen
Unternehmen Gesundheitscheck vor der Einstellung: Rechte und Grenzen für Bewerber
01.06.2025

Ein Vorstellungsgespräch ist erfolgreich verlaufen, doch bevor der Arbeitsvertrag unterschrieben wird, fordert der potenzielle Arbeitgeber...

DWN
Technologie
Technologie SaaS ist tot – die Zukunft gehört der KI, nicht Ihrer Plattform
01.06.2025

Niemand will die Nutzung Ihrer Plattform lernen – Unternehmen wollen Ergebnisse. Künstliche Intelligenz ersetzt Tools durch fertige...

DWN
Panorama
Panorama EU-Reform könnte Fluggastrechte deutlich schwächen
01.06.2025

Von Verspätungen betroffene Fluggäste haben in Zukunft möglicherweise deutlich seltener Anspruch auf Entschädigung. Die EU-Staaten...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Wettlauf um die Zukunft: Wie die USA ihre technologische Überlegenheit retten wollen
01.06.2025

China wächst schneller, kopiert besser und produziert billiger. Die USA versuchen, ihre Führungsrolle durch Exportverbote und...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Freelancer: Unverzichtbare Stütze in flexiblen Arbeitswelten
01.06.2025

Trotz Homeoffice-Boom bleibt die Nachfrage nach Freelancern hoch. Warum Unternehmen auf Projektarbeiter setzen, wo die Vorteile liegen –...