Immobilien

Zweitwohnung in Paris oder Berlin: Wie die Gentrifizierung Europas die Mieter verdrängt

Die deutschen Großstädte leiden unter einer sich verschärfenden Wohnraum-Misere. Immer mehr Menschen finden keine Bleibe, der Neubau stagniert, weil Mieten und Baukosten davon galoppieren. Doch es ist mitnichten ein rein deutsches Problem. Auch in anderen Großstädten Europas kämpfen die Bürger mit der Gentrifizierung. Nicht an allem ist AirBnB Schuld.
06.01.2025 15:58
Lesezeit: 9 min
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Zweitwohnung in Paris oder Berlin: Wie die Gentrifizierung Europas die Mieter verdrängt
Fassadenschriftzug in Berlin: Auf der Brandmauer eines Wohnhauses ist der Schriftzug "Zwangsräumungen verhindern" zu sehen. Die Sorge vor Gentrifizierung der innerstädtischen Wohnquartiere wird zum Problem - dir Politik agiert hilflos! (Foto: dpa) Foto: Sven Hoppe

Seitdem die deutsche Hauptstadt von CDU und SPD in großer Koalition regiert wird, hat man nur noch wenig von der Initiative "Deutsche Wohnen enteignen!" gehört. Nicht, dass die Wohnungs-Misere in Berlin gelöst wäre. Im Gegenteil: Sie verschärft sich immer mehr. Bausenator Christian Gaebler von der SPD ist geradezu hilflos - nicht nur überfordert. Die Neubauzahlen sind weiter rückläufig, während die Mietforderungen von Vermietern immer höher geschraubt werden. Die herkömmlichen Instrumente wie das Verbot von Ferienwohnungen, Zweckentfremdungs-Verordnung oder die sogenannte Mietpreisbremse funktionieren längst nicht mehr. Die Bezirksämter haben hissen die weiße Flagge und kapitulieren. Eine Wohnung zu finden, ist entweder Glückssache oder erfordert eine dicke Marie.

Wer eine Wohnung hat, zieht nicht aus - egal, wie die Platzverhältnisse sind oder, ob ein Zimmer für den kommenden Nachwuchs fehlt. Zustände, die an die Gründerzeit Berlins erinnern: viel zu viele Menschen leben wieder auf engstem Raum. Doch wer glaubt, dass alles sei ein spezielles Problem deutscher Großstädte, sieht sich getäuscht. Auch in Städten wie Lissabon, Paris, Athen oder Madrid schaukeln sich die Probleme allmählich hoch und führen zu Spannungen. In Rom etwa hat 2025 wie alle 25 Jahre das traditionelle "Heilige Jahr" begonnen, die Stadt wurde aufgehübscht und herausgeputzt. Auch die Hauseigentümer haben ihrerseits in die Sanierung des Bestands investiert. Nun erwarten sie dafür Rendite. Wer kann, vermietet neu oder zumindest vorübergehend sein Apartment zum Mehrwert als Ferienwohnung.

Flächen optimierte Studios für zahlungskräftiges, internationales Klientel

Wenn die Behörden sich querstellen, wie in Paris, wählen die Entwickler von Neubauten häufig eine andere Vermarktungsstrategie. Sie preisen die optimal geschnittenen Apartments dem zahlungskräftigen internationalen Klientel als Zweitwohnsitz in der Ewigen Stadt an. Rom reiht sich damit in die Reihe der Trophy-Cities ein - New York, Los Angeles, Paris und Tel Aviv kennen das schon lange. Längst sind auch Berlin, Madrid und eben Rom auf die Liste der Must Haves gerutscht.

Was steckt dahinter? Experten sehen einen Trend, dass kapitalkräftige Anleger, sich Wohnungen kaufen und diese nicht einmal vermieten, sondern auf Halde legen und leer stehen lassen. Sie argumentieren, dass sie nur mit Weitblick am Markt agieren - wie Profi-Anleger es an der Börse mit Blue Chips auch tun. Für die Kinder, die in ein paar Jahren studieren. Als Zweitwohnsitz für exklusive kulinarische oder kulturelle Wochenendtrips - die persönliche Rendite quasi. Oder immer öfter auch in Hoffnung auf Wertsteigerungen entlang der Zeitachse. Wie am Kapitalmarkt lässt man die Wohnung teurer und wertvoller werden, verzichtet lieber auf die Miete (sprich: Dividende) und stellt sicher, dass das Apartment als Asset jederzeit handelbar und verkäuflich bleibt. So bleiben in vielen Apartmenthäusern (gerade in Spitzenlagen) nachts die Lampen aus, weil dort längst keiner mehr regelmäßig wohnt - sondern bestenfalls mal an Reise-Wochenenden. Es ist, wie Kritiker zurecht mahnen, eine "Perversion des Wohnungsmarktes". Die Frage ist nur, wann und wo die Politik endlich reagiert und regulierend eingreift.

Von der "Perversion des Wohnungsmarktes" und fehlgeleiteten Ankäufen von Wohnhäusern

Die Diskussion sind längst entbrannt. Noch hält die bürgerliche Mitte, die jegliche Eingriffe ins Eigentum ablehnt, mit Mehrheitsentscheiden in den Kommunal- und Landesparlamenten dagegen. Doch der Druck steigt: Unter Rot-Rot-Grün in Berlin schien es bereits so weit, dass Enteignungsinitiativen Oberwasser hatten und die Stadt mitunter sogar gezwungen haben, zum Verkauf stehende Mietskasernen aufzukaufen und in Landesbesitz zu überführen. Der von den Grünen und der Linkspartei dominierte Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg stand bis zu den letzten Abgeordnetenhaus-Wahlen - pars pro toto - für diesen Trend. Im Ergebnis wirkte es freilich kontraproduktiv. Kaum jemand mochte noch neu bauen - oder war noch zum Verkauf am Immobilienmarkt zu bewegen. Die Folge: Niemand zog mehr aus oder um, während Neubürger und Zuziehende außen vor stehen und immer tiefer in die Tasche greifen müssen, um überhaupt am Wohnungsmarkt eine Chance auf ein neues Daheim zu haben. Ein Drittel des Haushaltseinkommens für Miete - wo reicht das noch bei Neuverträgen?

Die Diskussionen sind indessen aber teilweise in die falsche Richtung abgebogen - die Marktlage schlicht fehlinterpretiert worden. Das lässt sich am Beispiel der Ferienwohnungen gut belegen. Der Verdacht lag nahe, dass insbesondere professionelles und gewerbliche Ferienwohnungs-Vermieter wie AirBnB Schuld an der Wohnraum-Misere sind. Dann merkten die von den Bezirksämtern zur Kontrolle in die Spur gesetzten "Zweckentfremdungs-Spione" schnell, dass sich vor allem unbescholtene Mieter (per unzulässiger Untervermietung) mit Schwarzgeschäfte fürs eigene Portemonnaie und zum Nachteil der Eigentümer schadlos hielten. Sie mussten nur darauf achten, unter dem Radar der Ordnungsämter zu fliegen, zum Beispiel über Ebay anmieten, statt über unter Generalverdacht stehende Portale wie AirBnB anbieten. Dann könnte man relativ gelassen operieren und lief nicht Gefahr, je von den drakonischen Bußgeldern getroffen zu werden. Gefahr lauert bestenfalls, wenn das Finanzamt Wind davon bekommt und die gelegentliche Untervermietung in Wahrheit zum lukrativen gewerblichen Geschäft geworden ist. Die tatsächlich registrierten Fallzahlen in Berlin sind zu vernachlässigen in der Debatte.

Das Apartment als Wertanlage: Kultur-Rendite - und Wertzuwachs auch ohne Vermietung

Mittlerweile gerät vielmehr der Faktor der Internationalisierung des Wohnrums in der Berliner Innenstadt in den Fokus. Und dieser Trend lässt sich weltweit diagnostizieren und nachvollziehen. Wohlgemerkt: An Orten und in Städten, in denen Zweitwohnungen zum Nimbus einer weltgewandten und vermögenden Kaste zählen. Früher ging es zumeist um Ferienwohnungen auf Sylt, an der Ostsee oder in den Bergen. Dann kam in den 1980er-Jahren das Chateau in Frankreich auf dem Lande und die Finca auf Mallorca auf die Wunschliste.

Inzwischen gehört das Getaway-Apartment in den Großstädten dazu - den europäischen Hauptstädten mit ihrem reizvollem Kultur- und Restaurant-Angebot. Sammlerstücke, die im Bekannten- und Verwandtenkreis gehörig Eindruck hinterlassen. Allerdings zum Preis sozialer Spannungen, die nun auch die deutschen Großstädte in ihrer Struktur erschüttern und den gesellschaftlichen Zusammenhalt nachhaltig zu beschädigen drohen

Denn: Es scheint inzwischen ein messbares, ganz grundsätzliches Missverhältnis zwischen Angebot und Nachfrage für Wohnraum in Europa zu geben. Während sich immer mehr Menschen in einer offenen Welt bewegen und sich Zweit- oder sogar schon Drittwohnsitze zulegen, ist das Heer der Angestellten in diesen Städten häufig genug gezwungen, in den anonymen Vororten ihrer Wohnorte zu leben und als willige Dienstkräfte und Service-Personal in die Innenstädte zu pendeln. Ein Problem, dass nicht allein US-Großstädte wie Los Angeles prägt, wo die Pendler morgens wie die Flut in die teuren dem Meer zugewandten Wohnquartiere wie Santa Monica, Bel Air und Beverly Hills gespült werden und nach Feierabend in langen Staus wieder in die Wüste zurückkehren.

Mehr Leerstand als Ferienwohnungen: Zahlen aus Südeuropa erschüttern

Wie die Lage in anderen Metropolen ausschaut, hat jetzt Luís Filipe Gonçalves Mendes vom Institut für Geografie und Raumplanung der Universität Lissabon genauer analysiert und in die Diskussion eingebracht: „Leerstehende Wohnungen sind ein genauso großes Problem wie Ferienvermietungen“, sagt der Wissenschaftler und wundert sich selbst, wie sein Hauptaugenmerk vom typischen Leerstand in den ländlichen Regionen Südeuropas hin zu den Großstädten verschoben hat. Vor allem in Paris, Lissabon oder Athen sei ein hoher Prozentsatz der Innenstadtwohnungen unbewohnt – in Paris sind es in den besten Arrondissements mehr als 30 Prozent.

Die Politik gehe bereits mit zahlreichen Mitteln dagegen vor, die bis zur Enteignung reichen. Geändert habe es nicht sehr viel Die bislang erzielten Erfolge seien bescheiden, was Zahlen belegen. So liegen die Leerstände in Südeuropa landesweit zwischen acht und 14 Prozent aller Wohnungen. Im Vergleich dazu beziffert sich die Leerstands-Quote in Deutschlands auf 4,3 Prozent.

Die exorbitanten Leerstands-Quoten erstaunen, da in den südlich gelegenen Urlaubsregionen die Nachfrage nach Wohnraum nicht nur von Einheimischen, sondern auch von den Tourismusunternehmen angeheizt wird. Ferienvermieter AirBnB kritisierte daher jüngst unter Berufung auf die aktuellen Zahlen des Nationalen Statistikinstituts INE: „Die Zahl der leerstehenden Wohnungen in Barcelona ist fast achtmal so hoch wie die der Lizenzen für Ferienwohnungen.“ Zwar konzentriert sich das Gros der Leerstände immer noch auf ländliche Gebiete in der Provinz. Doch auch in Großstädten wie Paris, Lissabon oder Athen ist ein hoher Prozentsatz der Innenstadtwohnungen unbewohnt – in Paris sind es zum Teil mehr als 30 Prozent. Was im Stadtbild gar nicht ohne weiteres zu erkennen ist - hinter den typischen Mauern und Einfriedungen südeuropäischer Städte.

In konkreten Zahlen zusammengefasst, haben die Untersuchungen ergeben, dass etwa in Lissabon 48.000 leere Wohnungen den 20.000 Ferienwohnungen gegenüber stehen. In Paris sorgen die 90.000 Kurzzeitvermietungen für Ärger, während aber gut 145.000 Leerstände kaum der Rede wert sind in Frankreich. Auch in Athen gibt es 150.000 leerstehende Wohnungen im Vergleich zu sehr präzise registrierten 22.432 Objekten, die von Urlauber angemietet werden können. Luís Filipe Gonçalves Mendes vom Institut für Geografie und Raumplanung der Universität Lissabon findet deshalb: „Leerstehende Wohnungen sind ein genauso großes Problem wie Ferienvermietungen.“

Die Politik geht mit zahlreichen Mitteln dagegen vor, die bis zur Drohung der Enteignung reichen. Doch die bislang erzielten Erfolge sind bescheiden, was ernüchternde Zahlen belegen. So liegen die Leerstände in Südeuropa landesweit zwischen acht und 14 Prozent aller Wohnungen. Im Vergleich dazu beziffert sich die deutsche Leerstands-Quote auf 4,3 Prozent.

20.000 Ferienwohnungen in Lissabon, angeblich 48.000 stehen leer

Erstaunlich sind die Nachrichten aus dem Süden vor allem, wenn man bedenkt, dass der dortige Immobilienmarkt ja in der Vergangenheit weit mehr vom Tourismus aufgeheizt war als in unseren Breiten - und die Leerstands-Quote deshalb gar nicht für große Aufmerksamkeit sorgte. Bis jetzt das Vermietungs-Portal AirBnB beispielsweise in Spanien mit aktuellen Zahlen des Nationalen Statistikinstituts INE in die Diskussion eingegriffen hat: „Die Zahl der leerstehenden Wohnungen in Barcelona ist fast achtmal so hoch wie die der Lizenzen für Ferienwohnungen“, verbreitet AirBnB unbequeme Wahrheiten und hat verschiedene Gründe dafür benannt. Beispielsweise die Tatsache, dass Familien in Südeuropa klassisch mehrere Häuser oder Apartments von Eltern und Großeltern vererbt bekommen. Der Grund liegt auf der Hand: Wohneigentum hat einen ganz anderen Wert und gilt selbst im nicht sanierten Zustand als Haben-Position in der Bilanz und bei der Alterssicherung.

Was in Südeuropa als Strafen und Anreizen wirken, um Eigentümer für Vermietung zu zwingen

Was gilt als Leerstand? Was hingegen entspricht den andersartigen und kulturell spezifischen Lebensentwürfen? Diese Frage entzweit Hausbesitzer und Aktivisten, die einen Missbrauch der Städte anprangern. Während das Statistikamt INE seine Leerstandszahlen auf Basis des Strom- und Gasverbrauchs kontrolliert und dann extrapoliert, halten Immobilien-Experten die Eigenarten des spanischen Marktes hoch. „Gerade in Barcelona sind viele Leute nicht das ganze Jahr über in der Stadt – ihre Wohnungen zählen dann als Leerstände“, sagt Gonzalo Bernardos, Ökonom von der Universität Barcelona, und kritisiert die Debatte als schief und in die Irre führend.

Doch: Die Regierungen in den Urlaubsregionen stehen massiv unter Druck und haben diverse Programme aufgelegt, mit denen der grassierende Leerstand bekämpft werden soll. Sie reichen von Finanzhilfen für die Renovierung, über Steuervorteile für Vermieter, bis hin zu Strafen und Bußgeldern. In Griechenland etwa sind mit 90 Prozent die meisten leerstehenden Wohnungen älter als 25 Jahre und oft arg sanierungsbedürftig. Der Staat fördert deshalb Renovierungen und Instandsetzung mit Zuschüssen von bis zu 13.330 Euro. Auch in Griechenland geht es zugleich darum, ältere Wohnungen energetisch fit zu machen. Größte Hürde sind auch hier (durch Erbfolgeregelung bedingten) traditionell komplexe Eigentumsverhältnisse. Nach Angaben der Statistikbehörde Elstat haben Zweidrittel der leerstehenden Wohnungen nämlich zwei oder mehr Besitzer. Das erschwert Investitionen in die Sanierung und somit die rasche Weitervermietung. Der griechische Finanzminister Kostis Hatzidakis plant deshalb künftig, Mieteinnahmen für bislang unbewohnte Immobilien drei Jahre lang von der Einkommensteuer zu befreien.

Griechenland und Spanien verzichten, Miet-Erlöse zu besteuern, wenn Eigentümer sanieren und vermieten

In Spanien wiederum können private Vermieter seit 2023 die Hälfte ihrer Mieteinnahmen von der Einkommensteuer befreien, wenn Wohnungen in einem von der Verwaltung festgesetzten Gebiet mit angespanntem Wohnungsmarkt liegt. Um gezielt Studenten und junge Haushalte zu unterstützen, können Eigentümer bis zu 90 Prozent der Einnahmen von der Steuer absetzen, wenn Wohnungen gezielt jungen Leuten zur Verfügung gestellt werden. Immobilienunternehmen mit einem Bestand von über 1500 Quadratmetern sind selbstverständlich davon ausgenommen.

Steuern wirken in Spanien aber auch in die umgekehrte Richtung: Indem, vor allem Fonds und Banken mit (um 50 bis 150 Prozent höheren) Grundsteuern belastet werden - bei verstärktem Leerstand. Experten berichten davon, dass die Behörden damit der Spekulation mit leerstehenden Wohnraum Einhalt zu gebieten versuchen. Auch Frankreich hat die Steuern für leerstehende Wohnungen hoch geschraubt. Das ist grundsätzlich nun jederzeit in Städten mit großer Nachfrage an Mietwohnungen möglich. Dadurch kommt es vor, dass die Steuer oft doppelt so hoch wirkt wie die übliche Wohnsteuer für vermietete Wohnungen.

Was freilich zu dem Phänomen geführt hat, dass die Interims-Vermietungen und möblierten Apartments wie eine Seuche bei den zur Verfügung stehenden Apartments zugenommen haben und in beliebten Städten wie Nizza oder Cannes den Wohnungsmarkt bereits zerrüttet haben. So stieg die Zahl leerstehender Wohnungen nach Angaben des Statistikinstituts Insee seit 1990 um 1,2 Millionen auf aktuell 3,1 Millionen Wohnungen an.

"In Marseille stehen rund 38.400 Wohnungen leer – eine Verdopplung des Leerstands in nur zwei Jahren", liest man in Berichten über die Mittelmeer-Metropole. Die Verzweiflung ist teilweise schon so verbreitet, dass französische Kommunen seit 2020 mittlerweile direkt an die Eigentümer leerstehender Wohnungen heran treten und um Abhilfe bitten. Von gut 100.000 Besitzern, die seither so angesprochen worden sind, waren indes nur 2400 bereit, ihre Wohnungen tatsächlich zu vermieten und an den Markt zurückzuführen. Während die Zahl von Ferienwohnungen zu regulieren, in der Praxis funktioniert und auch Wirkung zeigt, ist das Heben ungenutzten Privateigentums rechtlich bislang unmöglich und wohl auch auf lange Sicht nicht durchzusetzen. So fordern auch linke Kreise in Paris (wie die Anhänger der sozialistischen Bürgermeisterin Anne Hidalgo), leerstehende Wohnungen zu beschlagnahmen. Was jedoch - wie in Berlin - mit der Rechtswirklichkeit kollidiert.

Einen anderen Weg hat deshalb 2023 Portugal eingeschlagen: Die veränderte Rechtslage billigt der Verwaltung das Recht ein, als Sachwalter in den Markt einzugreifen und Wohnungen, die seit Jahren leer stehen, administrativ zu übernehmen „Die Idee war, dass die öffentliche Hand sie renoviert, als Sozialwohnungen vermietet und den Eigentümern einen Teil der Miete zukommen lässt“, berichtet Forscher Luís Filipe Gonçalves Mendes. Bei der letzten Parlamentswahl seien die Maßnahmen freilich sogleich wieder kassiert worden. „Die neue Regierung steht auf dem Standpunkt, dass der Staat die Finger von privatem Eigentum lassen soll.“

Die Lage in Spanien ist seither so uneinheitlich wie bei uns. Während die Regionalregierung in Katalonien immer noch proklamiert, leerstehende Wohnungen konfiszieren zu wollen und den Eigentümern nur die Hälfte des Marktpreises zu erstatten, verweisen Immobilien-Experten auf die Realität. Demnach wirkt die Drohung nur als Papiertiger, der auch in Barcelona noch nie praktisch angewendet worden sei. Die Gentrifizierung in Barcelona geht unvermindert weiter - ganz so wie bei uns in Berlin.

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Peter Schubert

Peter Schubert ist stellv. Chefredakteur und schreibt seit November 2023 bei den DWN über Politik, Wirtschaft und Immobilienthemen. Er hat in Berlin Publizistik, Amerikanistik und Rechtswissenschaften an der Freien Universität studiert, war lange Jahre im Axel-Springer-Verlag bei „Berliner Morgenpost“, „Die Welt“, „Welt am Sonntag“ sowie „Welt Kompakt“ tätig. 

Als Autor mit dem Konrad-Adenauer-Journalistenpreis ausgezeichnet und von der Bundes-Architektenkammer für seine Berichterstattung über den Hauptstadtbau prämiert, ist er als Mitbegründer des Netzwerks Recherche und der Gesellschaft Hackesche Höfe (und Herausgeber von Architekturbüchern) hervorgetreten. In den zurückliegenden Jahren berichtete er als USA-Korrespondent aus Los Angeles in Kalifornien und war in der Schweiz als Projektentwickler tätig.

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