Zur Abwehr erheblicher Gefahren soll die Bundeswehr verdächtige Drohnen künftig auch abschießen dürfen. Das sieht ein Entwurf für eine Änderung des Luftsicherheitsgesetzes vor, der den Streitkräften auch "Waffengewalt gegen unbemannte Luftfahrzeuge" ermöglicht, um einen besonders schweren Unglücksfall zu verhindern. Der Entwurf lag der Deutschen Presse-Agentur in Berlin vor und sollte in der kommenden Woche im Bundeskabinett behandelt werden.
Als Begründung heißt es, in Deutschland komme es regelmäßig zu illegalen Flügen unbemannter Drohnen über Einrichtungen der kritischen Infrastruktur. Dazu zählen Anlagen aus Energieversorgung, Telekommunikation, Verkehr und Industrie. Mutmaßlich würden diese Flüge "von einem staatlichen Akteur zu Sabotagezwecken und möglicherweise terroristischen Zielen" durchgeführt.
Zunahme illegaler Drohnenflüge
In jüngster Zeit haben solche Überflüge deutlich zugenommen. Berichte liegen vor von Ausbildungsstätten für ukrainische Soldaten, dem US-Militärflugplatz Ramstein und sicherheitsrelevanten Unternehmen. Die Zugriffsmöglichkeiten von Polizei und Militär bleiben jedoch gering. Nur selten werden die Verursacher gefasst.
Faeser und Pistorius: Maßnahmen gegen Drohnengefahr
Im November umflog eine verdächtige Drohne in Hamburg den britischen Flugzeugträger "Queen Elizabeth", der dort vor Anker lag. Die Bundeswehr bestätigte den Vorfall und entsandte einen Drohnenabwehrtrupp mit dem Störsender "Effektor" HP-47, der jedoch wirkungslos blieb.
Nach Informationen der dpa diskutierten Innenministerin Nancy Faeser und Verteidigungsminister Boris Pistorius (beide SPD) am 16. Dezember über ein härteres Vorgehen gegen Drohnen. Formal geht es um die Unterstützung der Polizeibehörden bei der Gefahrenabwehr im Luftraum.
Das aktuelle Luftsicherheitsgesetz erlaubt der Bundeswehr bisher nur, milde Maßnahmen zu ergreifen: etwa Fluggeräte abdrängen, zur Landung zwingen oder Warnschüsse abgeben. Der Einsatz von Waffengewalt ist bislang verboten, soll aber künftig gegen unbemannte Flugkörper erlaubt werden.
Hohe Hürden für den Waffeneinsatz
Die Hürden für einen solchen Einsatz sollen hoch bleiben. Die Bundeswehr kann die Polizei vor allem unterstützen, wenn katastrophale Schäden oder Gefahren für Leib und Leben drohen. Beispiele sind Flugzeug- oder Eisenbahnunglücke, der Ausfall des Stromnetzes oder Terroranschläge.
Vergangene Entscheidungen des Verfassungsgerichts
2006 stoppte das Bundesverfassungsgericht eine Änderung des Luftsicherheitsgesetzes, die den Abschuss gekaperter Passagierflugzeuge erlauben sollte. Die Richter argumentierten, dies sei mit dem Grundrecht auf Leben und der Menschenwürde nicht vereinbar.
Bei unbemannten Flugkörpern stellt sich die Lage jedoch anders dar. Laut einem Arbeitspapier sei die Anpassung an aktuelle Gefahren im Luftraum gerechtfertigt.
Offene Fragen zur Verantwortlichkeit
Noch bestehen Unklarheiten. Wenn die Bundeswehr die Polizei unterstützt, bleibt die Entscheidungshoheit über Einsätze bei der Polizei. Die genauen Verfahren für eine Zustimmung müssen noch festgelegt werden.
Ein Sprecher des Bundesinnenministeriums wollte das Vorhaben am Freitag "weder bestätigen noch dementieren", da es keinen Kabinettsbeschluss gibt und Abstimmungen noch laufen. "Seit Beginn des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine sehen wir eine deutliche Zunahme an Drohnenvorfällen", sagte er. Drohnen würden zunehmend so gebaut, dass sie "weniger anfällig für technische Störungen" seien.