Technologie

Shein und Temu im Visier der EU-Kommission

Die EU-Kommission will gegen den massenhaften Import billiger Produkte von Plattformen wie Shein und Temu vorgehen. Im Fokus stehen Bedenken zum Verbraucherschutz und Sicherheitsstandards. Doch die Billigportale erfreuen sich weiterhin großer Beliebtheit – trotz wachsender Bedenken hinsichtlich der Produktqualität und der Rechte der Verbraucher.
05.02.2025 13:35
Aktualisiert: 05.02.2025 13:35
Lesezeit: 3 min

EU-Kommission nimmt Billigportale ins Visier

Ein Klick, ein Schnäppchen – das könnte sich bald ändern. Brüssel möchte Verbraucher besser schützen. Das Online-Shopping bei Portalen wie Shein oder Temu könnte dadurch teurer werden.

Die EU-Kommission will entschieden gegen den massenhaften Import von Billigprodukten vorgehen. Nach Auffassung der Brüsseler Behörde bringen besonders die Shoppingportale Shein und Temu große Mengen günstiger Waren in die EU, wobei Bedenken hinsichtlich des Verbraucherschutzes und der Sicherheitsstandards bestehen.

Die Kommission hat deshalb eine Untersuchung gegen Shein eingeleitet, um mögliche Verstöße gegen den europäischen Verbraucherschutz zu prüfen. Dabei geht es unter anderem um mutmaßlich missbräuchliche Vertragsbedingungen und unlautere Geschäftspraktiken.

Shein gilt als eines der größten Modeunternehmen der Welt

Eine Sprecherin von Shein betonte, dass der Konzern in regulatorischen Fragen eng mit den Partnern auf EU- und nationaler Regierungsebene zusammenarbeiten wolle. „Wir begrüßen alle Bemühungen, die das Vertrauen und die Sicherheit europäischer Verbraucher im Online-Einkauf stärken.“

Shein ist ein Händler für Mode und Sportartikel, der in China gegründet wurde und seinen Sitz heute in Singapur hat. Er gilt als eines der größten Modeunternehmen der Welt.

Bereits im Juni 2024 hatte die Behörde detaillierte Informationen von Shein verlangt, etwa zur Rückverfolgbarkeit von Händlern und zum Umgang mit illegalen Produkten. Auch gegen Temu wurde schon eine ähnliche Untersuchung geführt. Damals wurden problematische Praktiken wie falsche Rabattaktionen, gefälschte Bewertungen sowie fehlende und irreführende Informationen zu den Rechtsansprüchen der Verbraucher festgestellt.

Neue Zollmaßnahmen geplant

Parallel dazu plant die EU-Kommission Reformen im Zollrecht, um die rasant steigende Zahl an Kleinsendungen besser kontrollieren zu können. Laut der Brüsseler Behörde wurden im vergangenen Jahr 4,6 Milliarden Päckchen mit einem Wert unter 150 Euro in die EU importiert, davon stammten 91 Prozent aus China. Das ist dreimal mehr als 2022 und entspricht mehr als 12 Millionen Paketen pro Tag in der EU. Die Kommission schlägt daher eine Bearbeitungsgebühr für direkt an Verbraucher gelieferte E-Commerce-Waren vor, um die steigenden Kosten für Zoll- und Marktüberwachung auszugleichen.

Zudem soll die bisherige Zollbefreiung für Sendungen unter 150 Euro abgeschafft werden. Diese Freigrenze möchte die Kommission schon lange aufheben. Dies könnte auch für Onlinemarktplätze wie Amazon oder Etsy gelten. Damit soll sichergestellt werden, dass alle Händler – unabhängig von ihrem Standort – die gleichen Wettbewerbsbedingungen haben.

Der Handelsverband Deutschland (HDE) begrüßt die Pläne der EU und sieht darin einen wichtigen Schritt hin zu faireren Wettbewerbsbedingungen. „Anbieter wie Temu und Shein dürfen nicht länger ungeschoren mit Regelbrüchen davonkommen“, sagte der stellvertretende HDE-Hauptgeschäftsführer Stephan Tromp. Gleichzeitig warnte der Verband vor zusätzlicher Bürokratie für europäische Händler.

Aus Sicht des Verbraucherzentrale Bundesverbandes reichen die Maßnahmen nicht aus

„Bisher werden Anbieter nicht daran gehindert, unsichere Produkte über Online-Marktplätze zu verkaufen“, sagt Referentin Stefanie Grunert. Die Verbraucherschützer fordern: Betreiber von Online-Marktplätzen müssen haften, wenn Angebote auf ihren Plattformen nicht den EU-Anforderungen entsprechen.

Der E-Commerce-Verband Bevh sieht in den EU-Plänen zwar gute Ideen, warnt jedoch davor, dass der Onlinehandel durch zusätzliche Regeln und Gebühren benachteiligt werden könnte. „Mögliche Strafgebühren gegen einzelne Geschäftsmodelle würden auch redliche Händler treffen“, sagte die Leiterin für Europapolitik, Alien Mulyk.

Deutsche Regierung plant schärfere Kontrollen

Nicht nur die EU, sondern auch die Bundesregierung will ihre Maßnahmen verschärfen. Ein angekündigter Aktionsplan sieht etwa eine engere Zusammenarbeit und mehr Befugnisse der nationalen und europäischen Marktüberwachungsbehörden sowie des Zolls vor. Außerdem unterstütze man die Aufhebung der 150-Euro-Zollfreigrenze, hieß es.

Die US-Post hatte mitten im neuen Handelskonflikt zwischen Washington und Peking sogar angekündigt, vorerst keine Pakete aus China und Hongkong mehr ins Land zu lassen. Der Stopp gelte bis auf Weiteres, teilte die Postbehörde USPS mit. Briefsendungen seien nicht betroffen. Die Post machte auf Nachfrage zunächst keine Angaben zu den Gründen für die Aussetzung. Eine wahrscheinliche Ursache könnte sein, dass US-Präsident Donald Trump bei der Verhängung zusätzlicher Zölle von zehn Prozent für Waren aus China auch die generelle Ausnahme für Pakete mit einem Warenwert unter 800 Dollar aufhob.

Kunden schätzen niedrige Preise, haben aber Bedenken

Trotz aller Kritik erfreuen sich die asiatischen Plattformen großer Beliebtheit. Besonders Temu konnte in Deutschland stark wachsen. Laut YouGov-Daten landete die Plattform im ersten Halbjahr 2024 gemessen an der Zahl der Bestellungen auf Platz sechs der meistgenutzten Onlinehändler. Rund 1,3 Millionen Menschen kauften in diesem Zeitraum bei Temu ein. Entscheidend für den Erfolg sind die extrem niedrigen Preise und das breite Sortiment. „Die Qualität muss nicht immer schlecht sein, viele Kunden machen gute Erfahrungen“, sagt Marktforscher Christian Koch.

Laut einer repräsentativen Bitkom-Umfrage unter Käufern von Temu und Shein geben 92 Prozent an, dort bestellt zu haben, weil die Produkte günstiger waren als in anderen Online-Shops. Dennoch gibt es bei den Kunden offensichtlich auch Bedenken. Fast jeder Zweite macht sich nach eigenen Angaben Sorgen, dass in den Produkten gesundheitsschädliche Materialien enthalten sind.

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