Wirtschaft

Insolvenzexperten warnen: Firmenpleiten nähern sich Finanzkrisen-Niveau

2024 wurden insgesamt rund 121.300 Insolvenzverfahren registriert – ein Anstieg von 10,6 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Experten sehen die Zahl der Firmenpleiten in Deutschland nahe an den Höchstwerten der Jahre 2009 und 2010. Auch die neuesten Insolvenzzahlen bewegen sich auf einem deutlich erhöhten Niveau.
07.02.2025 06:03
Lesezeit: 2 min
Insolvenzexperten warnen: Firmenpleiten nähern sich Finanzkrisen-Niveau
Auf der Baustelle des Elbtower herrscht nach der Signa-Pleite Stillstand. (Foto: dpa) Foto: Ulrich Perrey

Die Zahl der Unternehmensinsolvenzen in Deutschland entspricht nach Einschätzung des Insolvenzforschers Steffen Müller mittlerweile ungefähr dem Niveau der Finanzkrise von 2009. "Wir sind in der Größenordnung, wo einzelne Monate durchaus 20-Jahres-Hochs abgeben", erklärt der Leiter der Insolvenzforschung am Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung Halle (IWH).

"Wir hatten zu Zeiten der Finanzkrise 2009 um die 1400 insolvente Personen- und Kapitalgesellschaften pro Monat. Jetzt haben wir das Niveau wieder erreicht", so Müller. Damals sei die Zahl der insolventen Kleinstunternehmen jedoch deutlich höher gewesen. Heute seien es nur noch etwa 500, wodurch vermehrt größere Unternehmen betroffen seien und somit mehr wirtschaftliche Substanz verloren gehe.

Insolvenzen in Deutschland: Niveau der Finanzkrise in Reichweite

Ein Bericht der Wirtschaftsauskunftei Creditreform aus dem Dezember zeigt, dass die Zahl der Unternehmensinsolvenzen in Deutschland 2024 den höchsten Stand seit 2015 erreicht hat. Insgesamt wurden rund 121.300 Insolvenzverfahren registriert, einschließlich Verbraucher- und sonstiger Insolvenzen – ein Anstieg von 10,6 Prozent gegenüber dem Vorjahr.

Betrachtet man die Jahreswerte, sieht Patrik-Ludwig Hantzsch, Leiter der Creditreform-Wirtschaftsforschung, das Niveau der Finanzkrise zwar noch nicht erreicht, aber in Reichweite. "Damit könnten bald wieder Insolvenzzahlen nahe an den Höchstwerten der Jahre 2009 und 2010 in Sichtweite kommen, als über 32.000 Unternehmen in die Insolvenz gingen", erklärte er bei der Veröffentlichung im Dezember.

Insolvenzexperte: Immer mehr Unternehmen geraten durch steigende Zinsen unter Druck

Ein Teil der Insolvenzen sei auf Nachholeffekte zurückzuführen, erläutert Müller vom IWH. Dazu zählen sowohl die Auswirkungen der Corona-Pandemie als auch die lange Phase niedriger Zinsen durch die Europäische Zentralbank (EZB). "Unternehmen, die sich früher für wenig Geld finanzieren konnten, kommen jetzt durch steigende Zinsen unter Druck." Trotz der Härte für Betroffene bedeuten Insolvenzen aus gesamtwirtschaftlicher Sicht eine Marktbereinigung.

Langfristige Prognosen bleiben jedoch schwierig, betont Müller. "Selbst bei einer wirtschaftlichen Erholung könnten steigende Insolvenzzahlen auftreten, wenn der Rückstau noch nicht abgearbeitet ist.

Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung Halle (IWH): Insolvenzzahlen auch Anfang 2025 auf hohem Niveau

Die Zahl der Insolvenzen von Personen- und Kapitalgesellschaften in Deutschland liegt laut dem aktuellen IWH-Insolvenztrend im Januar 2025 bei 1342. Ein Wert, der auf dem Niveau von November und Dezember 2024 liegt, jedoch 24 Prozent über dem Wert von Januar 2024.

Der aktuelle Wert liegt laut IWH-Daten 49 Prozent über dem durchschnittlichen Januarwert der Jahre 2016 bis 2019, also vor der Corona-Pandemie. Für die Monate Februar und März prognostiziert das in Halle ansässige Wirtschaftsinstitut eine stagnierende Zahl an Firmenpleiten auf konstant hohem Niveau.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt

 

DWN
Politik
Politik Rutte warnt in Berlin: Russland sieht Europa als nächstes Ziel
11.12.2025

Bundeskanzler Merz und Nato-Generalsekretär Rutte haben in Berlin Alarm geschlagen. Russland ziele nicht nur auf die Ukraine, sondern...

DWN
Finanzen
Finanzen Münchener Rück-Aktie: Neue Strategie setzt deutliche Gewinneffekte frei
11.12.2025

Die Münchener Rück-Aktie gewinnt an Tempo – und das aus gutem Grund. Die neue Strategie Ambition 2030 verspricht höhere Gewinne,...

DWN
Politik
Politik Analyse: Putin und Trump spielen im selben Team gegen Europa
11.12.2025

Putin und Trump sprechen plötzlich dieselbe Sprache. Europas Zukunft steht auf dem Spiel, während Washington und Moskau ein gemeinsames...

DWN
Technologie
Technologie Halbleiter-Förderung: Dresden und Erfurt erhalten grünes Licht
11.12.2025

Europa hängt bei Chips weiter an Asien – nun greift die EU zu einem Milliardenhebel. Deutschland darf zwei neue Werke in Dresden und...

DWN
Finanzen
Finanzen EZB erhöht Druck: Vereinfachte Regeln für Europas Banken
11.12.2025

Die EZB drängt auf einfachere EU-Bankenvorschriften und will kleinere Institute entlasten. Doch wie weit darf eine Reform gehen, ohne...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Ifo-Institut korrigiert Wirtschaftsprognose: Deutschlands Aufschwung bleibt schwach
11.12.2025

Die neue Wirtschaftsprognose des Ifo-Instituts dämpft Hoffnungen auf einen kräftigen Aufschwung. Trotz Milliardeninvestitionen und...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Klimarisiken: Unternehmen gefährden ihre Umsätze durch schwaches Risikomanagement
11.12.2025

Unternehmen geraten weltweit unter Druck, ihre Klimarisiken präziser zu bewerten und belastbare Strategien für den Übergang in eine...

DWN
Politik
Politik Trump warnt die Ukraine und verspottet Europa. „Am Ende gewinnt der Stärkere“
11.12.2025

US-Präsident Donald Trump erhöht den Druck auf die Ukraine und attackiert gleichzeitig europäische Staatschefs. Seine Aussagen im...