Falke: Socken mit langer Tradition
In großen, schwarzen Buchstaben prangt der Name des Firmengründers hoch über dem Eingang des weiß gestrichenen Gebäudes: Franz Falke-Rohen. Einst hatte der gelernte Dachdecker in den kalten Wintermonaten als Saisonstricker gearbeitet und schließlich eine eigene Strickerei gegründet. Damit legte er den Grundstein für das Unternehmen, das heute rund 3000 Mitarbeiter beschäftigt, einen Umsatz von 271 Millionen Euro erwirtschaftet und seit 130 Jahren seinen Namen trägt: Falke.
Weltweit ist Falke für seine hochwertigen Strümpfe bekannt, für Bekleidung im Alltag und Sport sowie Unterwäsche. Produziert wird an sieben Standorten in Europa und Südafrika, ein hoher Anteil davon in Deutschland.
Hauptsitz des Unternehmens ist seit 1895 Schmallenberg im Sauerland. 24.000 Einwohner leben in dem Ort, dessen Bild Fachwerkhäuser und Schieferdächer prägen. Auch „Strumpfstadt“ genannt, bildete Schmallenberg bis in die 1970er Jahre mit der Produktion von Strümpfen das Herz der Sauerländer Textilindustrie.
Die Textilindustrie ist seitdem größtenteils nach Fernost abgewandert. Von ehemals 130 Strumpfbetrieben in Deutschland sind keine zwei Dutzend übrig geblieben. Falke ist einer davon. „Wir sind damals nicht mit der großen Karawane um die Welt gezogen“, sagt Franz-Peter Falke. Er bestimmt die Geschicke des Unternehmens seit 35 Jahren gemeinsam mit seinem Cousin Paul in vierter Generation. „Eine Produktion fernab unseres Hauptabsatzmarktes konnten wir mit unserem Anspruch an Qualität und Lieferzuverlässigkeit nicht vereinbaren. Qualität und Know-How stehen für uns immer an erster Stelle. Wir müssen das Fachwissen in unserer Nähe behalten. Nur so können wir es auch weiter entwickeln.“
„Das höchste Gut, dem wir uns verschrieben haben“
Es fällt kaum ein Satz, in dem Franz-Peter Falke die Bedeutung von Qualität nicht betont: „Es ist das höchste Gut, dem wir uns verschrieben haben. Nicht nur Qualität zu leisten, sondern auch sicherzustellen. Das beginnt bereits bei der Entwicklung des Garns und der Herstellung der Maschinen. Top-Qualität in allen Bereichen zu erreichen ist Arbeit im Detail.“
Neben Qualität sind es Innovation und Ästhetik, die Franz-Peter Falke als Fixpunkte in einer sich immer schneller verändernden Welt sieht. „Fundamentale, ethische Werte geben Orientierung und Vertrauen. Nur wenn man seinen Werten treu bleibt, gewinnt man das Vertrauen der Kunden“, sagt Franz-Peter Falke. „Und nur so wird man über Jahrzehnte, in unserem Fall sogar über ein Jahrhundert, zur Marke.“
Das Unternehmen definiert den Konsumenten, aber der Konsument macht die Marke: „Er gibt uns einen Stempel. Wie sagt man: ,Du bist mir eine Marke.’ Das bedeutet: Du bist jemand mit Ecken und Kanten.“ Als große Stärke jedes Markenunternehmens sieht Falke die Vorstellung davon, was die eigene Marke ist: „Marke ist nicht gleich Label. Marke ist das Gegenteil von Beliebigkeit. Wenn man beliebig wird, wird man austauschbar und steht unter Preisdruck. Das ist der Anfang vom Ende.“
Mit der Übernahme des Unternehmens stellten Franz-Peter Falke und sein Cousin Paul die Marke internationaler auf. Es gibt 102 Falke-Stores weltweit und 300 Shops-in-Shops. Jedes Jahr bringt das Unternehmen Strümpfe in zweistelliger Millionenhöhe auf den Markt. Falke versteht sich nicht nur als Strumpfstrickerei, sondern als Teil der Modewelt. So erwarben die Cousins 2008 die Markenrechte am Konkurrenten Burlington sowie Lizenzrechte für Armani, Dior und Joop. Für Innovationen und die stete Weiterentwicklung ihrer Produkte hat Falke zahlreiche Preise für Design und Umweltschutz gewonnen. Sowohl in der Logistik als auch in der Produktion laufen die Prozesse durch den Einsatz Künstlicher Intelligenz schneller und effizienter.
Seine Aufgabe als Familienunternehmer sieht Franz-Peter Falke mit Demut und Respekt vor der Leistung seiner Vorväter. „Ich bin nur Statthalter im Zuge der Generationen“, erklärt er. „Generationen vor uns mussten durch viel härtere Zeiten gehen. Uns alle eint die Bestrebung, die Zukunft des Unternehmens im Rahmen unserer DNA zu sichern.“ Der Spirit einer Familie, dass ihre DNA nicht nur auf dem Papier steht, sondern auch gelebt wird, sei entscheidend für den Erfolg eines familiengeführten Unternehmens. „Moderne Kleidung für moderne Menschen – das ist unsere Mission.“ Nicht modisch sein, nicht jedem Trend hinterherlaufen. „Es ist eine tägliche Herausforderung, den Markt der Zukunft zu antizipieren und durch Innovationen eine neue Wertschätzung für die Konsumenten zu erreichen. Das führt zur notwendigen Wertschöpfung. Das ist unsere Interpretation von Modernität.“
Für eine differenzierte Einwanderungspolitik mit klaren Kriterien
Auch wenn Franz-Peter Falke sich seiner Heimat Schmallenberg verbunden fühlt, sieht er die Nachteile des Standortes für Arbeitssuchende: „Nicht alle finden das Sauerland attraktiv“, sagt er. „Wir haben Probleme, junge Leute aufs Land zu locken.“ Als Folge dessen hat das Unternehmen den Marketingbereich nach Düsseldorf verlagert. Nicht die Quantität an Bewerbern sei entscheidend, sondern – typisch Falke – die Qualität: „Es ist weniger das Fachwissen als der Wille, sich in eine Firmenkultur zu integrieren.“ Ein Bewerber mit der Frage nach Work-Life-Balance, ist er bei Franz-Peter Falke an der falschen Adresse: „Wir leben in einer Wettbewerbsgesellschaft. Unseren Wohlstand erreichen wir nur durch Kreativität, Austausch von Leistung und Informationen weltweit, durch Offenheit im Denken und Handeln.“
Als das Unternehmen in den 60er Jahren Fachkräfte benötigte, heuerte es Gastarbeiter aus Italien an. Franz-Peter Falke plädiert für eine differenzierte Einwanderungspolitik mit klaren Kriterien. „Menschen sind Menschen. Es kommt nicht auf die Hautfarbe an“, sagt der Unternehmer. Auch hier sei Qualität entscheidend. „Wir bei Falke heißen jeden willkommen, der einen Beitrag zur Unternehmensperformance leisten kann.“
Oft scheitere die Integration jedoch bereits an der Bürokratie. Franz-Peter Falke nennt ein Beispiel: „Wir hatten ein erfolgreiches Partner-Unternehmen in Damaskus. Als der Bürgerkrieg in Syrien ausbrach, musste der Betrieb schließen. Die exzellent ausgebildeten Mitarbeiter haben dann Arbeit bei uns in Deutschland gesucht. Vergeblich. Weil sie keine Zeugnisse vorlegen konnten, bekamen sie keine Aufenthalts- und Arbeitsgenehmigung.“ Deutschland gingen so wertvolle Beiträge zum Arbeitsmarkt und den Sozialsystemen verloren.
Weniger Bürokratie und mehr unternehmerische Freiheit wünscht sich Franz-Peter Falke von der Bundesregierung: „Wir müssen wieder Unternehmer sein können. Der Staat muss einen legalen Rahmen setzen, innerhalb dessen wir aktiv sein können – anstatt uns umgekehrt zu diktieren, was wir zu tun haben.“ Infolgedessen leidet die Wettbewerbsfähigkeit im Vergleich zu den USA und Asien. Hinzu kommen steuerliche Belastungen für Unternehmen, die Investitionen unmöglich machen und bürokratische Anforderungen, die Gründer abschrecken. Falkes Fazit: „Wir neutralisieren, blockieren uns selbst. Wenn wir ein Unternehmen wie die heutige Bundesregierung führen würden, wären wir schnell pleite.“
„Was hierzulande passiert, ist mehr als beschämend“
Innerhalb des Unternehmens regt Franz-Peter regelmäßig einen Diskurs an, zum Beispiel indem er im Intranet des Unternehmens Artikel teilt: „Wir haben als Bürger, gerade jetzt zu den Wahlen, nicht nur Rechte, sondern auch Pflichten. Dazu zählt, sich eine Meinung zu bilden und dafür auch einzustehen“, sagt Franz-Peter Falke. Er benennt die Gefahren, die durch das Fehlen eines gesellschaftlichen Diskurses entstehen: „Die über Jahrhunderte erkämpfte individuelle Freiheit und alles, was davon abhängt, geben wir sukzessive auf. Und wenn man sich anschaut, wie schlecht es unfreien Menschen in anderen Ländern geht – was hierzulande passiert, ist mehr als beschämend!“
Einmal im Monat reist Franz-Peter Falke nach Südafrika. Das Unternehmen betreibt dort seit 1974 einen Produktionsstandort. Nach dem Ende der Apartheid erwarb Franz-Peter Falke 1995 in Stellenbosch ein Weingut. Ob er nun Wein oder Strümpfe produziert, das Ziel bleibt für Franz-Peter Falke immer dasselbe: „Den Kunden etwas anzubieten, was sich von anderen unterscheidet.“
Im heimischen Schmallenberg ist der Zusammenhalt innerhalb des Unternehmens stark ausgeprägt. Eine Kultur, die in Südafrika so nicht gelebt wird: „Als Familienunternehmen sind wir integraler Bestandteil der Gesellschaft und kennen die Sorgen und Nöte unserer Mitarbeiter in Schmallenberg“, erklärt Franz-Peter Falke. „Dieses Zugehörigkeitsgefühl in Südafrika zu entwickeln ist herausfordernd, öffnet aber auch den Kopf für neue Ideen.“
Falkes Frau Danièle, früher als Designerin bei Falke tätig, kümmert sich um das 25 ha große Weingut. Nachdem ihre Tochter zuvor einige Jahre bei Louis Vuitton tätig gewesen ist, verantwortet sie die Markenpolitik im Hause Falke: „Es war leicht, sie davon zu überzeugen, aufs Land zu kommen und die Herausforderung und Verantwortung für ein Familienunternehmen zu übernehmen“, so Falke. „Die Nachfolge ist nun gesichert.“