Politik

Dritter Jahrestag des Ukraine-Kriegs: EU-Politiker besuchen Kiew - und ringen um die Rolle Europas

Zum dritten Jahrestag der großflächigen Invasion Russlands in die Ukraine werden EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen sowie zahlreiche weitere Spitzenpolitiker in Kiew erwartet.
24.02.2025 08:20
Lesezeit: 3 min

Die Delegation nimmt an einem von Präsident Wolodymyr Selenskyj organisierten Gipfel teil, um ihre Solidarität mit der Ukraine zu bekräftigen. In der Nacht attackierte Russland erneut die Hauptstadt mit Drohnen. Das Treffen in Kiew hat besondere Bedeutung, da US-Präsident Donald Trump klargemacht hat, dass die Ukraine nicht mehr auf umfangreiche Militärhilfen der USA vertrauen kann. Trump verfolgt stattdessen das Ziel, Kiew und Moskau zu Verhandlungen zu zwingen, um den Ukraine-Krieg zu beenden.

Verhandlungen mit Trump: Europa sucht Einfluss

Parallel dazu laufen Bemühungen, Trump von einer weiteren Unterstützung der Ukraine zu überzeugen. Frankreichs Präsident Emmanuel Macron wird in Washington mit Trump zusammentreffen (geplanter Beginn: 18.15 Uhr MEZ mit anschließender Pressekonferenz). Vorher sprach sich Macron mit dem britischen Premierminister Keir Starmer ab, der ebenfalls in die USA reisen wird. Zudem tauschten sich Macron und Trump laut Weißem Haus mit ihren G7-Kollegen vorab aus.

Die Nacht auf Montag begann für große Teile der Ukraine erneut mit Luftalarm, da russische Drohnen geortet wurden. Auch Kiew war betroffen. Laut Tymur Tkatschenko, dem Leiter der Kiewer Militärverwaltung, fielen Trümmer einer abgeschossenen Drohne in einen Stadtbezirk. Bereits in der Nacht auf Sonntag hatte Russland mit über 270 unbemannten Fluggeräten die bislang größte Drohnenattacke des Ukraine-Kriegs durchgeführt.

Drei Jahre Ukraine-Krieg: Eine Lageanalyse

Am 24. Februar 2022 befahl Russlands Präsident Wladimir Putin den Einmarsch in die Ukraine. Doch entgegen vieler Prognosen konnte sich die ukrainische Armee halten. Selenskyj führte den Widerstand an, und die Eroberung Kiews scheiterte.

Seither verteidigt sich die Ukraine mit umfangreicher ausländischer Hilfe. Trotz dieser Unterstützung bleibt die Lage angespannt. Die russischen Streitkräfte rücken im Osten weiter vor und haben dort zahlreiche Orte erobert. Rund 20 Prozent des ukrainischen Staatsgebiets, inklusive der Krim, stehen unter russischer Kontrolle. Viele Städte im Süden und Osten sind schwer zerstört. Millionen Menschen sind ins Ausland oder innerhalb des Landes geflüchtet.

Russland beharrt auf Maximalforderungen, die auf eine Teilung und politische Kontrolle der Ukraine hinauslaufen. Kiew befürchtet, dass eine Annäherung zwischen den USA und Russland unter Trump zu Ungunsten der Ukraine verlaufen könnte.

Kiew fordert für die Zeit nach dem Krieg Sicherheitsgarantien von den USA und Europa, insbesondere da eine Nato-Mitgliedschaft derzeit unrealistisch erscheint. Eine Aufnahme in die Nato wäre die beste Lösung, schrieb Selenskyj auf X. Falls dies nicht möglich sei, müsse die "Nato in der Ukraine" geschaffen werden, also mit einer starken Armee im Land.

EU-Politiker bekennen sich zur Ukraine

Kurz vor dem Treffen mit Selenskyj rief von der Leyen zu weiterer Unterstützung auf. "Eine freie und souveräne Ukraine liegt im Interesse der ganzen Welt", erklärte die deutsche Spitzenpolitikerin. Nachdem die Haushaltslücke der Ukraine für 2025 geschlossen wurde, müsse nun die sofortige Lieferung von Waffen und Munition beschleunigt werden. Sie kündigte zudem einen Plan an, um die Rüstungsproduktion und Verteidigungsfähigkeit der EU auszubauen, wovon auch die Ukraine profitieren werde.

EU-Ratspräsident António Costa bekräftigte unterdessen die Perspektive einer EU-Mitgliedschaft für das kriegsgeplagte Land. "Die Zukunft der Ukraine liegt in der Europäischen Union. Und ihre Sicherheit ist auch unsere Sicherheit", sagte er in einer Videobotschaft auf X. Er betonte, dass man sich für einen gerechten und dauerhaften Frieden einsetze und die Ukraine weiterhin unterstützen werde. "Heute sind wir alle Ukrainer", erklärte Costa.

Europäische Geschlossenheit für die Ukraine

Von der Leyen, die in den letzten drei Jahren oft in Kiew war, bringt dieses Mal zahlreiche EU-Kommissare zu Beratungen mit der ukrainischen Regierung mit. Zudem erwartet Selenskyj Vertreter von 13 weiteren Staaten in Kiew, darunter Spaniens Premier Pedro Sánchez. 24 weitere Länder werden per Video zugeschaltet.

Gleichzeitig tagen die EU-Außenminister in Brüssel, um ein neues Sanktionspaket gegen Russland zu beschließen. Vorgesehen sind neue Handelsrestriktionen sowie Maßnahmen gegen russische Medien und die sogenannte Schattenflotte. Diese umfasst Tanker und Frachtschiffe mit undurchsichtigen Eigentümern, die Moskau nutzt, um Sanktionen beim Ölexport zu umgehen.

Macron bringt Europas Botschaft nach Washington

Vergangene Woche beriet sich Macron mit europäischen Staats- und Regierungschefs über den Ukraine-Krieg. Beim Treffen mit Trump will er betonen, dass auch Frankreich das Ende des russischen Angriffskriegs unterstützt. Laut Élysée-Palast wird Macron zudem konkrete Vorschläge präsentieren. Einzelheiten dazu wurden nicht genannt.

Frankreichs Verteidigungsminister Sébastien Lecornu sagte der Zeitung "Le Parisien", dass Macron zwei zentrale Ziele verfolge: "Die Gespräche zwischen den USA und Russland auf die Sicherheitsinteressen der Ukraine und Europas lenken (...) und klären, wie europäische Länder der Ukraine helfen können, falls die Waffen schweigen." Diskutiert wird auch, ob europäische Soldaten in die Ukraine entsandt werden könnten, um dort den Frieden zu sichern.

Macron und Starmer stimmten in einem Telefonat überein, dass die Ukraine im Zentrum aller Verhandlungen stehen müsse. Die europäischen Staaten und Großbritannien seien gefordert, ihre eigene Sicherheit zu stärken und die Ukraine weiterhin gegen Russlands Aggression zu unterstützen.

USA streben UN-Resolution ohne Russland-Verurteilung an

Auch in New York wird heute über den Ukraine-Krieg verhandelt. Die USA versuchen in den Vereinten Nationen, ihre Linie einer Annäherung an Russland durchzusetzen. In einem neutral formulierten Resolutionsentwurf wird Moskau nicht als Aggressor benannt.

Neben dem ukrainischen Entwurf soll der US-Vorschlag in der UN-Vollversammlung (16.00 MEZ) mit 193 Mitgliedsstaaten abgestimmt werden, bevor er dem UN-Sicherheitsrat vorgelegt wird (21.00 Uhr). Ob eine Mehrheit zustande kommt, blieb zunächst unklar.

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