Wirtschaft

IW-Studie: Fachkräftemangel in Energiewende-Berufen spitzt sich zu

Die Lücke an qualifiziertem Fachpersonal in Deutschland hat sich im vergangenen Jahr zwar verringert, doch gerade in Energiewende-Berufen fehlt es zunehmend an Fachkräften. Dies belegt eine aktuelle Untersuchung des Kompetenzzentrums Fachkräftesicherung (Kofa) des arbeitgebernahen Instituts der deutschen Wirtschaft (IW).
24.02.2025 08:28
Aktualisiert: 24.02.2025 08:28
Lesezeit: 2 min
IW-Studie: Fachkräftemangel in Energiewende-Berufen spitzt sich zu
Die Rotoren von Windkraftanlagen drehen sich und sind durch Bodennebel kaum zu sehen - scheitert die Energiewende am Fachpersonal? (Foto: dpa) Foto: Jens Büttner

Bauelektrik als Engpass in der Energiewende

"Der Mangel an qualifizierten Fachkräften stellt eine Herausforderung für die Energiewende in Deutschland dar", sagt Studienautor Jurek Tiedemann. Die Fachkräftelücke beschreibt dabei die Zahl der offenen Stellen, für die es rechnerisch keine passend qualifizierten Arbeitslosen gibt.

Besonders in der Bauelektrik besteht ein erheblicher Bedarf: Im Jahr 2024 blieben mehr als 18.300 Stellen unbesetzt, ein Anstieg um 2,9 Prozent gegenüber 2023. Bauelektriker spielen eine zentrale Rolle, wenn es um die Installation von Solaranlagen und Windkraftwerken geht. "Sie sind ein entscheidender Faktor für den Erfolg der Energiewende", erklärt Tiedemann.

Elektro-Betriebstechnik: Hoher Bedarf an Fachpersonal

Auch in der Elektro-Betriebstechnik konnten zahlreiche Stellen nicht besetzt werden. Durchschnittlich fehlten hier 14.200 Fachkräfte, ein Anstieg um zehn Prozent im Vergleich zum Vorjahr. In diesem Bereich werden beispielsweise Ladeinfrastrukturen für Elektrofahrzeuge errichtet und gewartet.

Ebenso konnten mehr als 8.500 offene Stellen für Elektrotechnik-Ingenieure nicht besetzt werden. Diese Experten sind unter anderem für die Integration erneuerbarer Energiequellen ins Stromnetz zuständig. Bei Fachkräften in der Schweiß- und Verbindungstechnik blieb eine Lücke von 4.370 Stellen bestehen, was einer Zunahme von 20 Prozent entspricht. Besonders beim Ausbau von Windkraftanlagen sind diese Fachkräfte unerlässlich.

Eon investiert in Fachkräfte für Energiewende-Berufe

Der Energiekonzern Eon setzt verstärkt auf die Gewinnung von Fachkräften, insbesondere im Netzgeschäft. Das Unternehmen versorgt rund zwölf Millionen Stromkunden in Deutschland und verwaltet etwa ein Drittel des Stromverteilnetzes, das Windparks, Photovoltaikanlagen, Ladesäulen und Wärmepumpen verbindet.

"Im vergangenen Jahr haben wir rund 4.000 neue Mitarbeitende eingestellt, davon mehr als die Hälfte in Deutschland", so eine Unternehmenssprecherin. Der Fokus lag dabei auf dem Netzbereich. Zum Jahresende 2024 beschäftigte Eon weltweit etwa 77.000 Personen, davon rund 41.000 in Deutschland.

Der technologische Wandel erfordere Fachwissen in Netzausbau, Energiespeicherung und Energieeffizienz, betont die Sprecherin. "Dieses Know-how ist am Arbeitsmarkt nicht immer ausreichend verfügbar." Daher setze das Unternehmen verstärkt auf die Ausbildung und Qualifizierung neuer Fachkräfte. Gesucht werde insbesondere Fachpersonal in den Bereichen IT, Energietechnik und Infrastruktur.

Um attraktiv zu bleiben, bietet Eon neben flexiblen Arbeitszeitmodellen auch eine betriebliche Altersvorsorge, zahlreiche Zusatzleistungen sowie gezielte Weiterbildung und Entwicklungsmöglichkeiten.

RWE: Fachkräftemangel weniger spürbar

Auch der Energiekonzern RWE gehört zu den zentralen Akteuren der Energiewende. Das Unternehmen fokussiert sich auf erneuerbare Energien, Energiehandel und Energiespeicherung. Zum Thema Fachkräftemangel äußert sich RWE zurückhaltend: Man sei ein attraktiver Arbeitgeber mit vielfältigen Karrierechancen. "Daher spüren wir den Fachkräftemangel nicht so stark wie andere Unternehmen", erklärt ein Sprecher auf dpa-Anfrage. Im Zuge des internationalen Wachstums habe RWE 2024 mehr als 2.000 neue Mitarbeitende eingestellt. "Auch für 2025 planen wir zahlreiche Neueinstellungen."

Fachkräfte-Engpässe auch in anderen Branchen

Nicht nur Energiewende-Berufe sind betroffen: Deutschlandweit gibt es in zahlreichen Branchen Engpässe beim Fachpersonal. Besonders stark betroffen sind weiterhin Gesundheits-, Kranken- und Altenpflege sowie Kinderbetreuung und -erziehung. Im Jahr 2024 blieben durchschnittlich 487.029 Stellen unbesetzt, was einem Rückgang um 14,6 Prozent gegenüber dem Vorjahr entspricht.

Experte Tiedemann betont, dass zur Bekämpfung des Fachkräftemangels eine verstärkte Anwerbung internationaler Fachkräfte sowie die Qualifizierung von an- und ungelernten Arbeitskräften erforderlich sei.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Drittes Jahr in Folge kein Wachstum – Habeck senkt Prognose
24.04.2025

Ein drittes Jahr ohne Wachstum, eine düstere Prognose und ein scheidender Minister, der den Stillstand verwaltet: Robert Habeck...

DWN
Politik
Politik Europa sitzt auf russischem Milliardenvermögen – doch es gibt ein Problem
24.04.2025

Europa sitzt auf eingefrorenem russischen Vermögen im Wert von 260 Milliarden Euro – ein gewaltiger Betrag, der den Wiederaufbau der...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Ifo-Geschäftsklima: Deutsche Unternehmen trotzen globalen Risiken
24.04.2025

Während weltweit wirtschaftliche Sorgen zunehmen, überrascht der Ifo-Index mit einem leichten Plus. Doch der Aufschwung ist fragil: Zwar...

DWN
Finanzen
Finanzen Aktive ETFs: Wie US-Finanzriesen Europa erobern und was das für Anleger heißt
24.04.2025

Amerikanische Vermögensverwalter drängen verstärkt auf den europäischen Markt für aktiv gemanagte ETFs, da hier im Vergleich zu den...

DWN
Politik
Politik Meloni wird Trumps Brücke nach Europa
24.04.2025

Giorgia Meloni etabliert sich als bevorzugte Gesprächspartnerin Donald Trumps – und verschiebt das diplomatische Gleichgewicht in Europa.

DWN
Politik
Politik Rot-Grüner Koalitionsvertrag für Hamburg steht
24.04.2025

SPD und Grüne wollen in Hamburg weiter gemeinsam regieren – trotz veränderter Mehrheitsverhältnisse. Der neue Koalitionsvertrag steht,...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Warum irische Firmen im deutschen Green-Tech-Boom Milliardenwachstum anstreben
24.04.2025

Irlands Green-Tech-Firmen erobern den deutschen Markt – mit strategischem Fokus auf Energie, Infrastruktur und Digitalisierung.

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Der Goldpreis fällt – Ist der Gipfel bereits überschritten?
24.04.2025

Nach einem historischen Rekordhoch hat der Goldpreis nun zum zweiten Mal in Folge deutlich nachgegeben – ein möglicher Wendepunkt am...