Wirtschaft

Folgen der Zinspolitik: Bundesbank-Verlust auf Rekordniveau - was das für Sparer heißt

Erstmals seit 1979 verbucht die Deutsche Bundesbank einen Verlust. Und dieser fällt so hoch aus wie nie zuvor: Rund 19,2 Milliarden Euro beträgt das Minus in der aktuellen Bilanz. Damit bleibt der Bundeshaushalt erneut ohne Ausschüttung – zum fünften Mal in Folge.
25.02.2025 12:44
Aktualisiert: 25.02.2025 12:44
Lesezeit: 3 min
Folgen der Zinspolitik: Bundesbank-Verlust auf Rekordniveau - was das für Sparer heißt
Joachim Nagel, Präsident der Deutschen Bundesbank, muss den ersten Bundesbank-Verlust seit 1979 vermelden (Foto: dpa). Foto: Marcus Brandt

Bundesbank-Verlust: Zinswende zehrt Reserven auf

Auch in den kommenden Jahren rechnet die Bundesbank mit weiteren Verlusten, wenn auch in verringertem Umfang. "Die größten Belastungen dürften nun hinter uns liegen", erklärte Bundesbank-Präsident Joachim Nagel bei der Vorstellung der Jahresbilanz in Frankfurt. Bereits im Vorjahr hatte Nagel auf eine lange Durststrecke hingewiesen: "Wir gehen davon aus, längere Zeit keine Gewinne ausschütten zu können." Die Bank plant, künftige Gewinne zu nutzen, um die derzeitigen Verluste auszugleichen.

Im Jahr 2023 konnte die Deutsche Bundesbank einen Verlust nur durch den Einsatz milliardenschwerer Rückstellungen vermeiden. Die rapide gestiegenen Zinsen haben die finanziellen Polster nahezu aufgebraucht. Für das Jahr 2024 verbleiben lediglich 0,7 Milliarden Euro an Rücklagen zur Verlustabdeckung. Das Zinsergebnis verbesserte sich leicht, blieb aber mit rund 13,1 (Vorjahr: 13,9) Milliarden Euro weiter tief im negativen Bereich.

Seit Sommer 2022 hatte die Europäische Zentralbank (EZB) die Leitzinsen im Euroraum massiv angehoben, um der hohen Inflation entgegenzuwirken. Inzwischen ist die Inflationsrate deutlich gesunken, was die EZB dazu veranlasste, die Zinsen wieder zu reduzieren. Die höheren Marktzinsen führten jedoch zu steigenden Zinsausgaben der Notenbanken, während die Einnahmen nicht entsprechend stiegen. Gleichzeitig werfen viele langlaufende Wertpapiere, insbesondere Staats- und Unternehmensanleihen, die die Euro-Notenbanken zur geldpolitischen Steuerung erworben hatten, weiterhin nur geringe Erträge ab.

Auch EZB verzeichnet höchsten Verlust der Geschichte

Auch die EZB meldete 2024 das zweite Verlustjahr in Folge – mit einem Negativergebnis von 7,9 Milliarden Euro, dem bislang größten in ihrer über 25-jährigen Geschichte. Dadurch fiel die gewohnte Ausschüttung an die nationalen Notenbanken, darunter die Deutsche Bundesbank, erneut aus.

Trotz der angespannten Lage betonte Bundesbank-Vizepräsidentin Sabine Mauderer die Stabilität der Bilanz: "Die Bundesbank ist finanziell solide aufgestellt und kann die gegenwärtigen sowie künftigen Belastungen bewältigen."

Zudem haben sich die Goldreserven der Bundesbank aufgrund der gestiegenen Goldpreise erheblich im Wert erhöht. Zum Jahresende 2023 beliefen sich die gesamten Gold- und Fremdwährungsreserven auf rund 267 Milliarden Euro – ein deutlicher Anstieg im Vergleich zu den 197 Milliarden Euro im Vorjahr. Hauptaufgabe der Notenbanken ist jedoch nicht das Erzielen von Gewinnen. Die EZB und die nationalen Zentralbanken des Eurosystems sind vorrangig für Preisstabilität und eine verlässliche Währung in den 20 Mitgliedstaaten verantwortlich.

Dieses Ziel sehen die Währungshüter als erreicht an, wenn die Inflation im Euroraum mittelfristig bei 2,0 Prozent liegt. EZB-Präsidentin Christine Lagarde zeigte sich optimistisch, dass diese Marke im laufenden Jahr erreicht werde. Eine zu hohe Inflation schmälert die Kaufkraft der Verbraucher, da sie sich mit einem Euro weniger leisten können. Auch Bundesbank-Präsident Nagel äußerte sich zuversichtlich zur künftigen Inflationsentwicklung: "Wir erwarten eine nachhaltige Rückkehr zur Zwei-Prozent-Marke in Deutschland bis 2026."

Keine Zahlung aus Frankfurt an den Bundeshaushalt

Traditionell kalkulierte das Bundesfinanzministerium in der Haushaltsplanung mit einem Bundesbank-Gewinn von 2,5 Milliarden Euro. Noch 2019 freute sich der damalige Finanzminister Olaf Scholz (SPD) über einen Rekordgewinn der Bundesbank seit der Finanzkrise: 5,85 Milliarden Euro. Der letzte Bundesbank-Verlust wurde vor 45 Jahren verzeichnet: 1979 belief sich das Minus auf umgerechnet rund 2,9 Milliarden Euro.

Was bedeutet der EZB- und Bundesbank-Verlust für Sparer?

Zunächst einmal hat der Bundesbank-Verlust keine direkten Konsequenzen für Sparer. Weder Bankguthaben noch die Bargeldversorgung sind gefährdet, da die Bundesbank und die EZB nicht insolvent gehen können. "Notenbanken können nicht zahlungsunfähig werden, weil sie das gesetzliche Zahlungsmittel selbst in Umlauf bringen", erklärt der Ökonom Volker Wieland. Für Sparer ist jedoch die Glaubwürdigkeit der Zentralbanken von entscheidender Bedeutung. Der Vertrauensverlust in die Stabilität des Finanzsystems könnte sich langfristig negativ auswirken. Genau aus diesem Grund existieren Sicherungsmechanismen wie die gesetzliche Einlagensicherung bei Banken, um Panikreaktionen zu verhindern.

Ein weiteres indirektes Risiko liegt in der möglichen Einflussnahme auf die Geldpolitik. Obwohl Bundesbankpräsident Joachim Nagel betont, dass Preisstabilität Vorrang vor Gewinnen hat, könnten künftige Maßnahmen der EZB – wie Zinssenkungen – durch die finanziellen Engpässe der Notenbanken beeinflusst werden. Sollte die EZB beispielsweise zu früh oder zu stark die Zinsen senken, um weitere Verluste zu vermeiden, könnte dies langfristig negative Folgen für die Inflationsbekämpfung und damit für die Kaufkraft der Bürger haben.

Bundesbank-Verlust: Keine unmittelbare Gefahr, aber langfristige Herausforderungen

Weder der Bundesbank-Verlust noch das Defizit der EZB bedeuten, dass Sparer mit direkten Einbußen rechnen müssen. Die Notenbanken bleiben trotz hoher Verluste funktionsfähig und werden weiterhin ihre Aufgaben zur Sicherstellung der Geldwertstabilität erfüllen. Allerdings könnte die längerfristige Entwicklung der Geldpolitik beeinflusst werden. Sparer sollten daher die künftige Zinspolitik der EZB im Blick behalten, denn sie bestimmt maßgeblich, wie attraktiv klassische Sparanlagen bleiben.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Technologie
Technologie Der gläserne Bürger wird Realität: Was die kommende EUID-App alles überwachen soll
20.07.2025

Bis 2030 soll jeder Bürger in der EU eine EUID-App als sogenannte digitale Brieftasche auf seinem Smartphone haben. Damit sollen die...

DWN
Panorama
Panorama Große Schere zwischen Arm und Reich belastet auch psychisch
20.07.2025

Superreiche werden immer reicher, während Millionen Menschen hungern – das belastet nicht nur finanziell. Eine neue Studie zeigt, wie...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Personalbindung neu gedacht: Warum Freiwilligkeit stärker wirkt als Loyalität
20.07.2025

Kluge Personalbindung funktioniert nur ohne Zwang: Wer Mitarbeitende an sich ketten will, verliert die Besten – echte Loyalität gibt es...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Jobshadowing: Einblicke und neue Perspektiven schaffen
20.07.2025

Im Rahmen von Job Shadowing können Interessierte von erfahrenen Mitarbeitern lernen und Einblicke in die Arbeitsabläufe innerhalb des...

DWN
Technologie
Technologie Drohnen: Warum Europa beim Luftraum ein Problem hat
20.07.2025

Spionagedrohnen überfliegen ungehindert Militärstützpunkte, kooperative Kampfdrohnen fehlen – und beim Einsatz ziviler Drohnen...

DWN
Technologie
Technologie Huawei schlägt zurück: Chinas Tech-Gigant lässt Apple & Co. alt aussehen
20.07.2025

Totgesagt und sanktioniert – doch jetzt ist Huawei zurück an der Spitze. Mit eigener Chiptechnologie und ohne Android zeigt Chinas...

DWN
Immobilien
Immobilien Mängel beim Immobilienkauf: So setzen Käufer ihre Rechte durch
20.07.2025

Wasser im Keller, Schimmel hinter der Tapete – und im Vertrag steht „gekauft wie gesehen“. Doch wer Mängel verheimlicht, verliert...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft China frisst Tesla: Wie Elon Musk seine eigene Konkurrenz großzog
19.07.2025

Elon Musk wurde in China gefeiert, hofiert und mit Privilegien überschüttet – doch während Tesla half, Chinas E-Auto-Industrie...